Trotz massiver Warnungen reist Bundeskanzler Olaf Scholz zum Ende der Woche zu einer Visite nach China, von der er sich offenbar nicht abbringen lassen möchte. Jetzt fordert der Weltkongress der Uiguren Scholz auf, die Reise abzusagen.
Ungeachtet der scharfen Kritik des Uno-Menschenrechtsbüros am Vorgehen der chinesischen Führung gegen die ethnische Minderheit habe Scholz beschlossen, dem Präsidenten Xi Jinping »zu huldigen, und dabei das Leid von Millionen von Menschen völlig außer Acht zu lassen«, kritisierte der Präsident des Weltkongresses, Dolkun Isa, auf einer Pressekonferenz in Berlin. Der Besuch zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation zeige, »dass für Deutschland der Profit weiterhin über den Menschenrechten steht«.
Scholz bricht am Donnerstag zusammen mit einer Gruppe von Topmanagern zu seinem Antrittsbesuch nach China auf. Er wird sich wegen der scharfen Coronabestimmungen nur einen Tag in der Hauptstadt Peking aufhalten. Er ist der erste westliche Regierungschef, der Xi seit dessen Wiederwahl als Vorsitzender der Kommunistischen Partei besucht.
In Xinjiang gibt es seit langem Spannungen zwischen den herrschenden Han-Chinesen und ethnischen Minderheiten. Die fast ausschließlich muslimischen Uiguren beklagen kulturelle und religiöse Unterdrückung. Die Führung in Peking wirft ihnen Separatismus und Terrorismus vor. Nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen sind Hunderttausende Uiguren und andere Angehörige von Minderheiten in den vergangenen Jahren in Xinjiang in Umerziehungslager gesteckt worden. Es gibt Vorwürfe der Folter, Misshandlung und Indoktrinierung.
Chinesische Staatszeitung formuliert Erwartungen an Scholz
Vor dem Besuch von Scholz in Peking hat die staatliche chinesische Presse ihrerseits Erwartungen an den deutschen Regierungschef formuliert. »Um die Reise zu einem Erfolg zu machen, muss er sich auf pragmatische Kooperation konzentrieren und nicht auf Geopolitik – ungeachtet des Drucks radikaler westlicher Politiker und Medien«, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Kommentar der nationalistisch ausgerichteten staatlichen Zeitung »Global Times«.
Als Beispiele für »Geopolitik« nennt das Pekinger Blatt in dem Artikel die westliche Forderung nach einer Öffnung des chinesischen Markts, nach Sanktionen gegen Russland oder Kritik an Menschenrechten. Die Staatszeitung warnte ausdrücklich vor offener Kritik der Deutschen an den chinesischen Gastgebern.
»Das Gastgeberland vor einem Besuch mit unfundierten Forderungen unter Druck zu setzen, ist in vielerlei Hinsicht falsch«, schreibt die »Global Times«. »Es ist rüde, anmaßend und völlig inakzeptabel. Deutschland hat – so wie jedes andere Land auch – nicht das Recht und auch nicht die Eignung, mit dem Finger auf die inneren Angelegenheiten anderer Länder zu zeigen.«
Die chinesische Staatszeitung weist darauf hin, dass es in Deutschland und den Partnerländern scharfe Kritik an der Reise des Kanzlers gebe – und fügt hinzu: »Kanzler Scholz will ganz offenkundig konkrete Ergebnisse bei der Reise erzielen – andernfalls würde er all das nicht über sich ergehen lassen.«