Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht eine Bedrohung der kritischen Infrastruktur, sollte eine Coronawelle im Herbst und Winter nicht bekämpft werden. Bei einer Pressekonferenz appellierte er an die Länder, die Möglichkeiten des neuen Infektionsschutzgesetzes zu nutzen, um die nächste Welle abzuflachen.
Zudem bekräftigte Lauterbach, er werde von der Isolationspflicht nicht abrücken – das hatten einige Länder gefordert. »Ich sehe keinen Sinn darin, dass wir das Infektionsgeschehen jetzt noch befeuern«, sagte der Minister. Am 1. Oktober tritt das neue Infektionsschutzgesetz in Kraft. Es ermöglicht den Ländern, Maskenpflichten in Innenräumen anzuordnen.
»Corona steht im Moment nicht so stark im Vordergrund«, sagte Lauterbach, andere Krisen seien wichtiger. »Ich glaube, dass es an uns ist, dass das auch so bleibt«, fügte er hinzu. »Wir befinden uns ganz klar am Beginn einer Herbst- und Winterwelle.« Die täglichen Fallzahlen könnten zeitnah auch wieder vierstellig werden. Lauterbach erwartet zudem eine Zunahme schwerer Verläufe.
Die Dunkelziffer der Infektionen schätzt Lauterbach auf das Dreifache der offiziellen Fallzahlen. Viele Menschen ließen sich nicht mehr PCR-testen. Gerade Menschen in Pflegeeinrichtungen müssten geschützt werden.
Um der Welle entgegenzuwirken, setzt Lauterbach auf vier Punkte:
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Spätestens in zwei Wochen soll eine neue Impfkampagne starten.
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Die Abgabe des Coronamedikaments Paxlovid, das den schweren Verlauf der Erkrankung mildert, soll intensiviert werden. Sie habe sich in den vergangenen drei Wochen verdreifacht. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz habe das Medikament während seiner Covid-19-Erkrankung eingenommen.
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Zudem sei eine erste Version des Pandemieradars auf der Seite des Robert Koch-Instituts ans Netz gegangen. Die Pandemiedaten sollen somit verbessert werden. Das Abwassermonitoring wird laut Lauterbach weiter vorbereitet.
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Die Anwendung der Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes durch die Länder.
RKI-Chef Lothar Wieler ergänzte bei der Pressekonferenz, Menschen mit Vorerkrankungen bräuchten auch jetzt »unsere Solidarität«. Das RKI empfehle, in Innenräumen weiter Maske zu tragen.
»Auch in der jetzigen Situation sollten wir uns bewusst sein, welches Risiko wir eingehen wollen und welches wir vermeiden können«, sagte Wieler. Eine Boosterimpfung gegen Corona senke das Risiko eines schweren Verlaufs deutlich.