Der Flug ohne Corona-Schutzmaske mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Kanada zieht für die Passagiere nach SPIEGEL-Informationen kein Bußgeld nach sich. Das Gesundheitsamt Dahme-Spree hatte in den vergangenen Wochen nach einer detaillierten Eingabe eines Bürgers umfangreich geprüft, ob in dem Airbus 340 der Flugbereitschaft im August gegen die geltenden Regeln des Infektionsschutzgesetzes verstoßen wurde.
In der Eingabe argumentierte der Bürger, dass auf dem Regierungsflug gegen die allgemeinen Vorschriften zum Tragen einer Schutzmaske in Flugzeugen verstoßen worden sei. Als Beleg führte er Pressebilder an, die sowohl den Kanzler, seinen Wirtschaftsminister und die Mitreisenden – Beamte und Journalisten – in der Regierungsmaschine ohne Maske zeigen. Der Flug hatte viel Kritik ausgelöst, da es für die Reise offensichtlich andere Regeln gab als für kommerzielle Flüge, auf denen eine Maskenpflicht galt.
Auch der Bürger zielte in seiner Eingabe an das Gesundheitsamt ausdrücklich auf die Tatsache ab, dass bei dem Regierungsflug keine anderen Regeln gelten könnten als bei zivilen Flügen. »Unter dem Aspekt der Gleichbehandlung« sei es geboten, dass das Ordnungsamt ermittle, da »das Infektionsschutzgesetz keine expliziten Ausnahmen für Flüge mit Regierungsmaschinen vorsieht«. Vielmehr müsse man von Regierungsvertretern beim Einhalten der Coronaregeln eine Vorbildfunktion erwarten.
Nach ausführlicher Prüfung teilte Gesundheitsdezernent Stefan Wichary nun jedoch mit, dass sein Amt »in diesem Fall keine Bußgelder gegen die Reiseteilnehmer wegen Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz verhängen wird, da es sich beim Regierungsflugzeug nicht um ein öffentliches Verkehrsmittel handelt«. Die Gesetzgebung spreche dafür, dass nur Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel zum Tragen der Maske verpflichtet seien. Dies gelte aber nicht für Reisende in Sonderflügen wie in den VIP-Jets der Regierung.
Der Kanzler und der Vizekanzler waren im August zu politischen Gesprächen nach Kanada geflogen. Das Bundeskanzleramt vereinbarte damals mit der Luftwaffe, die die Regierungsjets betreibt, dass die rund 80 Mitreisenden vor Abflug einen frischen negativen PCR-Test vorlegen mussten. Weil durch diese Sicherheitsmaßnahme eine Verbreitung des Virus im Flugzeug sehr unwahrscheinlich sei, wurde die auf Verkehrsfliegern geltende Pflicht zum Tragen einer Schutzmaske aufgehoben. Die Besatzung aber trug trotzdem Maske.
Nach Meinung des Gesundheitsamts waren die Sonderregeln für den Regierungsflug durchaus sinnvoll. Die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln gelte, so Wichary, weil dort »eine Vielzahl von einander unbekannten Personen ohne weitere Beschränkungsmöglichkeit« an Bord seien. In der Regierungsmaschine nach Kanada indes sei die Reisegruppe limitiert und zuvor negativ getestet gewesen. Deswegen sei das Risiko einer unkontrollierbaren Verbreitung des Coronavirus geringer.
Maskenpflicht in Regierungsflugzeugen ist zurück
Nach dem Flug lösten die Bilder in den sozialen Medien massive Kritik aus. Besonders aus der FDP, die die Maskenpflicht in Flugzeugen schon länger ablehnt, kamen Vorwürfe, die Ausnahme für den Regierungsflieger zeugten von einer Doppelmoral, die den Bürgern nicht zu vermitteln sei. Die Diskussion über den Regierungsflug ohne die Maske war am Ende sogar einer der Treiber für die Aufhebung der Maskenpflicht in Verkehrsflugzeugen aus einer Neuauflage des Infektionsschutzgesetzes.
Wie ungelegen der Regierung die Posse um den maskenfreien Regierungsflug kam, zeigte auch die hektische Anpassung des Prozederes für die Reisen des Kanzlers und seiner Minister. So setzte Außenministerin Annalena Beaerbock die Maskenpflicht bei einem Flug nur einige Tage nach der Reise von Scholz wieder ein. Als der Kanzler nun diese Woche mit einer großen Delegation zur Uno-Generalversammlung nach New York reiste , galt im Flieger zumindest die Empfehlung, eine Corona-Schutzmaske zu tragen.