Bundeskanzler Olaf Scholz hat auf die Annäherung des Nato-Mitglieds Türkei an die von China und Russland dominierte Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) irritiert reagiert. »Wir glauben, dass das keine Organisation ist, die irgendwie einen ganz wichtigen Beitrag für ein gutes Miteinander in der Welt leistet«, sagte der SPD-Politiker nach einem Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan auf die Frage eines Reporters am Rande der Uno-Generaldebatte in New York. Deshalb sei er »sehr irritiert über die Entwicklung und Diskussionen«.
Der Bundeskanzler betonte mit Blick auf sein Gespräch mit Erdoğan jedoch auch, am Ende sei es wichtig, dass man sich darüber verständige, wie man Russland klarmachen könne, dass der Angriffskrieg gegen die Ukraine keinen Erfolg haben dürfe. Erdoğan und Scholz seien sich in ihrem Gespräch einig gewesen, dass Russland die Kampfhandlungen unverzüglich einstellen und sich vollständig aus der Ukraine zurückziehen müsse, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit im Anschluss mit.
Erdoğan hatte am Samstag nach einem SCO-Gipfeltreffen im usbekischen Samarkand laut der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu erklärt, dass die Türkei der Shanghai-Gruppe beitreten wolle. Sein Land wolle beim Treffen der Gruppe im kommenden Jahr in Indien das Ziel einer Mitgliedschaft erörtern. Im Fall eines Beitritts wäre die Türkei das erste Mitglied der Gruppe, das gleichzeitig auch dem westlichen Verteidigungsbündnis Nato angehört. Die Bundesregierung sagte laut Nachrichtenagentur Reuters auf Anfrage nicht, ob dies mit der Nato-Mitgliedschaft vereinbar wäre.
Kaum Fortschritte beim EU-Beitritt
Der 2001 mit Blick auf den Kampf gegen Terrorismus gegründeten Gruppe gehören China, Russland, Indien, Pakistan, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan an. Bei dem jüngsten Gipfeltreffen wurde auch der Iran aufgenommen, der wie Belarus und die Mongolei bislang Beobachterstatus hatte. Erdoğan wirft der Nato und der EU, wo die Türkei seit 1999 ohne bedeutende Fortschritte Kandidatenstatus hat, mangelnde Unterstützung der Türkei vor. Den Wunsch zum Beitritt zur SCO hatte er damit begründet, dass die Türkei sich auch als asiatisches Land fühle.