Sie glaube nicht an die Bibel, verkündete die Sängerin Dorota Rabczewska alias Doda 2009 in einem TV-Interview in Polen. Wissenschaftliche Entdeckungen überzeugten sie mehr als »unglaubliche biblische Geschichten«, deren Verfasser unter Alkohol- und Drogeneinfluss gestanden hätten. Zwei Privatpersonen fühlten sich in ihren religiösen Gefühlen verletzt und verklagten die heute 38-jährige Frau. Polnische Gerichte gaben der Klage recht und verurteilten die Sängerin wegen Blasphemie zu einer Geldstrafe.
Ein Jahrzehnt später hat sich nun der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit dem Fall befasst. Das Urteil verletze das Recht auf freie Meinungsäußerung, urteilten die Richter am Donnerstag in Straßburg. Dodas Äußerungen seien zwar drastisch gewesen, hätten aber nicht zu Hass oder Gewalt aufgerufen. Die Sängerin habe lediglich auf frivole Art Fragen zu ihrem Leben beantwortet. Das Land Polen muss der Frau nun 10.000 Euro Entschädigung zahlen.
Ähnliche Gesetze auch in anderen europäischen Ländern
Das Blasphemie-Gesetz, wie der Artikel 196 des polnischen Gesetzbuches auch genannt wird, verbietet den »Angriff religiöser Gefühle durch öffentliche Schändung«, Verurteilte können mit einer Geldstrafe oder zwei Jahren Gefängnis rechnen. Auch wenn das wie ein Widerspruch mit dem europäischen Grundrecht auf freien Meinungsäußerung wirkt: Ähnliche Gesetze gibt es auch in anderen europäischen Ländern.
In Deutschland etwa gibt es den Paragraf 166, ein Überbleibsel früherer Gotteslästerungsgesetze. Er soll »den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses« vor Beschimpfungen schützen – damit gilt Gotteslästerung auch hierzulande als Straftat, vorausgesetzt, sie stört den öffentlichen Frieden.