agsdemos gegen hohe Energiekosten: Wie heiss wird der Herbst? //
5. September: Einen Tag, nachdem sich die Ampelkoalition auf ein drittes milliardenschweres Entlastungspaket geeinigt hat, beginnt die Linkspartei mit ihrem >>Heissen Herbst gegen soziale Kalte<< – so lautet das Motto einer ersten sogenannten Montagsdemonstration, zu der die Partei in Leipzig aufruft: Dem Protest gegen die hohen Lebensmittel – und Energiepreisen haben sich einige Tausend Menschen angeschlossen.
Demoteilnehmer:
>>Wir wollen schon ein Entlastungspaket. Aber es soll ein Entlastungspaket sein fur die Mitte und fur die Burger. Und wer sich mit Politik beschaftigt, das macht auch der normale kleine Burger, der sagt, es gabe schon Entlastung nach unseren Vorstellungen. Die mussten aber anders gestaltet werden in der Politik.<<
Demoteilnehmer:
>>Mein Anliegen ist, dass ich ein Rentner bin, der eine Invalidenrente bezieht, ein Haus besitzt, was schuldenfrei ist, meine Frau vor kurzem gestorben ist. Ich kann die Gas- und Energiepreise nicht mehr bezahlen.<<
Demoteilnehmer:
>>Das Gas von Russland letzten Endes uber Umwege teurer einzukaufen als das Gas direkt mit dem Putin. Also ich bin fur Diplomatie, dass man miteinander redet. Es ist keine Losung mit Waffen und es ist keine Losung mit einer unsinnigen Sanktionspolitik. Das ist fur mich wirtschaftlicher Unsinn und das muss doch jeder Mensch begreifen.<<
Bislang existiert der >>heisse Herbst<< nur in Ankundigungen und Demonstrationsaufrufen – und vermutlich im Wunschdenken so mancher Linkspartei-Mitglieder, die die Proteste als Gelegenheit sehen, verlorene Wahlerinnen und Wahler zuruckzugewinnen.
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL:
>>Also man hat in Leipzig schon gemerkt, dass, wenn die Linke sich eben zusammentut, alle ihre Flugel und Lager, sie es dann schaffen, eine nicht kleine Anzahl von Leuten auf die Strasse zu bringen und auch ein Zeichen zu setzen. Und das ist nach all den Niederlagen und den ganzen Kampfen der letzten Jahre ja zumindest schon mal erstaunlich. Und da bin ich relativ gespannt, ob sie es weiter hinkriegen, sich da einig zu bleiben.<<
Eine Demo an einem Montag in Leipzig – viele Protestbewegungen haben schon versucht, sich die Geschichte der DDR-Burgerrechtsbewegung zunutze zu machen – auch Gruppierungen aus dem rechtsextremen und Querdenker-Spektrum. Und auch am 5. September marschieren nur wenige Hundert Meter von der Linken-Buhne entfernt Anhanger rechter Gruppen auf, etwas von der Kleinstpartei >>Freie Sachsen<<.
Bietet die Linke mit ihrem Protest den Rechten eine Chance, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen? Sollte die Linke wirklich an diesem Tag und Ort zu einer Demo aufrufen? Daran hatte es im Vorfeld Kritik gegeben, auch aus den eigenen Reihen.
Soren Pellmann, Bundestagsabgeordneter / Die Linke:
>>Der Versuch ist ja nicht ganz neu. War auch 2004 spurbar, dass rechte Krafte versucht haben, den legitimen Protest zu infiltrieren? Das versuchen sie jetzt erneut. Sie haben an Deutungshoheit verloren, im Osten auch, aber auch gesamtdeutsch. Und sie versuchen sich jetzt an legitimen Protest anzudocken. Dem widersprechen wir sehr, klar.<<
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL:
>>Also Soren Pellmann, der Linke, der die Veranstaltung organisiert hat, der ja auch fur sehr viel Unmut in der Linken gesorgt hat, der kann sich sehr glucklich schatzen, dass ein anderer Teil der Partei eben gesagt hat, sie gehen jetzt zu der Demo und unterstutzen das. Denn im Endeffekt war es ein Erfolg von denen, dass man sich so hart gegen die Rechtsextremen abgegrenzt hat. Und die Antifa hat tatsachlich fur die Strassenblockade gesorgt, die dann dafur verantwortlich war, dass die Rechtsextremen wieder umgedreht haben und ihre Demo gar nicht vollenden konnten. Also wenn die Linke das sozusagen als Erfolg fur sich nennen will, dann muss sie eben dazu sagen, dass sie das diesen ausserparlamentarischen Gruppen zu verdanken hat, die sich eingesetzt haben und die Rechtsextremen zuruckdrangen konnten.<<
Der Bundestagsabgeordnete will den Montag als linken Protesttag zuruckzuerobern.
Soren Pellmann, Bundestagsabgeordneter / Die Linke:
>>Also wir beziehen uns ja mit dem Aufruf heute auf die Proteste von 2004. Damals ging es gegen die Hartz-IV-Gesetzgebungen und die anderen Hartz-Gesetze. Damals eine rot-grune Bundesregierung. Und es ist vielleicht kein Zufall, dass heute die meiste Kritik von den Grunen kommt. Und das mussen sie einfach aushalten, auch den Montag.<<
Angesichts der steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen, sowie der umstrittenen Gasumlage, werden Rufe zum Protest immer lauter. AfD, Die Linke und rechtsextreme Gruppierungen wie die >>Freie Sachsen<< heizen sie Stimmung an. Wie heiss wird der Herbst also?
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL:
>>Das ist immer so ein bisschen Glaskugel zu sagen, ob jetzt der heisse Herbst kommt. Man kann eben sehen, dass es sehr viele verschiedene Gruppen dafur mobilisieren, wenn die Burgerinnen und Burger das Gefuhl haben, dass die Politikerinnen und Politiker eben sich wirklich Muhe geben, dass die Kosten irgendwie getragen oder geteilt werden, dass man eben wirklich Entlastung schafft.<<
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