Die CDU-Spitze um Parteichef Friedrich Merz erhöht mit eigenen Vorschlägen zur Entlastung der Bevölkerung und Unternehmen von den hohen Energiepreisen den Druck auf die Ampel-Regierung. Ein Entwurf für den Energie-Leitantrag zum anstehenden Bundesparteitag, der dem SPIEGEL vorliegt, sieht für private Haushalte einen Preisdeckel für einen Grundbedarf an Strom und Gas vor. Das Treffen der 1001 Delegierten beginnt am Freitag in Hannover.
In dem Entwurf heißt es: »Als Gas-Grundbedarf sollen 75 Prozent des Vorjahresverbrauches gelten und hierfür ein Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde garantiert werden.« Das Papier war am Mittwochabend final abgestimmt und an die Vorstandsmitglieder geschickt worden.
Der Vorstand sollte den Leitantrag an diesem Donnerstagnachmittag bei einer vorbereitenden Sitzung beraten und beschließen. Am Freitag sollen die Delegierten über den Antrag beraten und entscheiden.
»Energie-Bürgergutscheine« für Haushalte, die Energie sparen
Mit einem Preisdeckel würden Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen überproportional entlastet, heißt es in dem zehnseitigen Entwurf. Die von der Bundesregierung beschlossene Energiepauschale in Höhe von 300 Euro sei angesichts der stark steigenden Energiepreise für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen zu niedrig, wird kritisiert. »Daher sollten Haushalte im unteren Einkommensdrittel mit einer 1000-Euro-Energiepauschale unterstützt werden.« Für die nächsten sechs Monate wird außerdem ein Kündigungsmoratorium für alle privaten Strom- und Gaslieferverträge verlangt.
Um das Energiesparen zu fördern, wird zudem die Einführung von »Energie-Bürgergutscheinen« für alle privaten Haushalte gefordert, die Energie sparen. »So könnte beispielsweise jede im Vergleich zu 2021 eingesparte Kilowattstunde Gas belohnt werden«, heißt es in dem Papier. Zudem sollten Bürgerinnen und Bürger einen Handwerkergutschein in Höhe von 100 Euro erhalten, wenn sie ihre Heizungsanlagen noch in diesem Jahr auf Effizienz überprüfen lassen.
Süssmuth plädiert für Zustimmung zur Frauenquote
Ein weiteres Thema, das die CDU-Delegierten in Hannover beschäftigen wird, ist die mögliche Einführung einer Frauenquote in der Partei. Angesichts sich anbahnender Auseinandersetzungen mahnen prominente CDU-Politiker zur Mäßigung.
Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) forderte ihre Partei zur Einführung einer Frauenquote auf. »In dieser schwierigen europäischen und weltpolitischen Situation muss eine breite politische Beteiligung der Frauen sichtbar werden«, sagte die 85-Jährige der Nachrichtenagentur dpa. Frauen würden »dringend gebraucht bei der Suche nach Problemlösungen, konkreten Hilfen und Alternativen zum Krieg«. SPD, Grüne und Linke hätten per Satzungsrecht einen hohen Frauenanteil im Bundestag erreicht. Das sei auch in der CDU notwendig und müsse möglich sein.
Ex-Bundestagspräsidentin Süssmuth
Foto: Bernd von Jutrczenka / dpa
Zugleich warnte Süssmuth ihre Partei vor negativen Auswirkungen des Quotenstreits. »Die nicht endenden Querelen spalten und schwächen uns – jetzt kommt es auf alte und neue Stärken an«, sagte sie und ergänzte: »Dieser Parteitag muss unseren Zusammenhalt stärken und Polarisierung verringern.«
In der CDU-Führung gibt es Sorgen, dass die für Freitagabend geplante Diskussion und Abstimmung über eine Frauenquote die inhaltliche Debatte über die Themen, die die Menschen angesichts der Energiepreise umtreiben, überlagern könnte. Der Wirtschaftsflügel und der Parteinachwuchs von der Jungen Union (JU) lehnen eine Quote ab. Um den Gegnern entgegenzukommen, hat Parteichef Friedrich Merz eine zeitliche Befristung bis Ende 2029 vorgeschlagen.
Knapper Ausgang bei Abstimmung erwartet
In der Partei wird mit einem knappen Ausgang der Abstimmung gerechnet. Würde Merz sich mit seinem Kompromissvorschlag nicht durchsetzen, hätte er die erste Schlappe in seiner seit Ende Januar dauernden Amtszeit erlitten.
Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Chef Hendrik Wüst warb für die Quote. »Das, was wir jetzt machen mit der Quote, in mehreren Schritten, zeitlich befristet – für mich das Maß der Dinge«, sagte er am Mittwoch bei einer Veranstaltung des Nachrichtenportals »The Pioneer« in Düsseldorf. Quotierung sei jedoch nichts, was man per se anstreben solle: »Ich muss allerdings auch sagen: An vielen Stellen kommen wir ohne vielleicht nicht weiter.« Wüst warnte Gegner und Befürworter der Quote zur Mäßigung: »Ich rate dazu, sehr in Ruhe und ordentlich zu diskutieren, zügig zu entscheiden und sich dann den Problemen des Landes zuzuwenden.«