Ohne Michail Gorbatschow ist die friedliche deutsche Wiedervereinigung kaum vorstellbar – nun hat der Bundestag bei einer Gedenkveranstaltung an den verstorbenen früheren sowjetischen Präsidenten erinnert. Parlamentspräsidentin Bärbel Bas würdigte in einer Ansprache Gorbatschows Lebenswerk. »Er hat die Geschichte unseres Landes und das Leben vieler Millionen Menschen verändert«, sagte sie. »Er war Wegbereiter der Wiedervereinigung.«
Gorbatschow habe möglich gemacht, was über Jahrzehnte undenkbar schien – »den Kalten Krieg friedlich zu beenden und die Teilung unseres Landes und unseres Kontinents zu überwinden«. Die Deutschen hätten Gorbatschow viel zu verdanken. Mit seinem unverhofften Aufbruch in eine neue Politik habe er den Menschen in der DDR Mut gemacht, sich selbst zu ermächtigen. Bas verwies darauf, dass die sowjetischen Soldaten in ihren Kasernen geblieben seien, als 1989 die Menschen in der DDR auf die Straße gegangen seien.
Gorbatschow war am 30. August im Alter von 91 Jahren gestorben. Der frühere sowjetische Präsident trug durch seine Politik maßgeblich dazu bei, dass die deutsche Wiedervereinigung möglich wurde. »Wir werden ihn als großen Freiheitsgeber in Erinnerung behalten«, sagte Bas. »Mit ihm verliert das deutsche Volk einen treuen Freund.«
Bas ging auch auf die aktuelle Situation in Russland ein – und auf den Krieg in der Ukraine. Sie kontrastierte Gorbatschows Politik mit der des aktuellen russischen Präsidenten Wladimir Putin. »Gorbatschow war ein Mann des Friedens«, sagte Bas. Er habe sich für atomare Abrüstung und friedliche Beziehungen der Staaten eingesetzt.
Porträt Gorbatschows im Plenarsaal
Foto: Kay Nietfeld / dpa
»Zwischen Russland und Europa klafft heute ein tiefer Graben«, sagte Bas. Gorbatschow habe sich für neue Sicherheitsstrukturen im gesamteuropäischen Geiste eingesetzt. Heute sei es Russland, das unter Putin mit diesem Geist gebrochen habe. »Das ist ein tragischer Fehler.« Es schmerze zutiefst, dass alles, wofür Gorbatschow gestanden habe, »heute auf so eklatante Weise verletzt und zerstört wird«.
Nach Bas’ Ansprache erhoben sich die Abgeordneten zu einer Schweigeminute. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verfolgte die Veranstaltung auf der Parlamentstribüne. Im Plenarsaal war ein Foto Gorbatschows aufgehängt. In Gedenken an ihn soll das Reichstagsgebäude ganztägig auf halbmast beflaggt werden.