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Olaf Scholz im ZDF-Sommerinterview: »Wir sind in einer Zeit, in der viele sehr aufgeregt sind, und ich zähle nicht zu diesen«

ZDF-Moderator Theo Koll (rechts) im Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Aufzeichnung des Sommerinterviews


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Thomas Kierok / dpa


Ob er zu zögerlich handle? Nein, findet Olaf Scholz. Im Sommerinterview des ZDF hat der Bundeskanzler jede Kritik an seinem Regierungsstil, unter anderem in Bezug auf Deutschlands militärische Unterstützung für die Ukraine, zurückgewiesen.

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»Ich weiß, dass es meine Verantwortung ist, dafür zu sorgen, dass wir entschiedene Handlungen machen und dass wir sehr besonnen handeln«, sagte der Kanzler im Gespräch mit Moderator Theo Koll. »Und ich ertrage, dass das andere skeptisch betrachten. Aber ich habe einen Eid geschworen und für diesen Eid werde ich arbeiten, Tag und Nacht.«

Fehlt es Scholz gelegentlich am richtigen Reflex?

Koll verwies in dem Gespräch auf mehrere »Reaktionen beziehungsweise Nicht-Reaktionen« in Scholz politischer Karriere, für die dieser stark kritisiert worden war.

Der Moderator führte an, der SPD-Politiker sei etwa als Hamburger Bürgermeister trotz eskalierender Krawalle beim G20-Gipfel in der Stadt mit Staatschefs in der Elbphilharmonie geblieben. Auf eine Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Bundestag habe er nicht reagiert und zuletzt eine Holocaust-Äußerung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zunächst unwidersprochen gelassen.

Ob es ihm gelegentlich am richtigen Reflex fehle? »Nein«, antwortete Scholz darauf sehr bestimmt. Ihm sei »sehr wichtig gewesen, sehr schnell die notwendige Aussage zu machen, was die Äußerung von Herrn Abbas« betreffe. Er habe diese »scharf kritisiert«.

Scholz sagte weiter: »Wir sind in einer Zeit, in der viele sehr aufgeregt sind, und ich zähle nicht zu diesen, und will das auch nicht sein.«

Sinkende Umfragewerte? »Die Regierung arbeitet sehr ordentlich zusammen«

Angesprochen auf sinkende Umfragewerte beteuerte der Kanzler, »die Regierung arbeitet sehr ordentlich zusammen, und wir haben das heute wieder bewiesen.« Er könne versichern, so Scholz, »wir werden durch diese ernsten Zeiten durchkommen«, auch deshalb, weil es um Themen gehe, die ihm wichtig seien.

Ihm gehe es darum, dass Menschen, die nicht so viel Geld verdienten und sich jeden Tag anstrengten, zurechtkämen. Auch deshalb habe er sich für die Erhöhung des Mindestlohns eingesetzt, der demnächst gelte.

Am Sonntag hatte die Ampelkoalition im Zuge der Energiekrise und steigender Inflation ein drittes Entlastungspaket vorgestellt, deren Umfang die Regierung auf etwa 65 Milliarden Euro beziffert. So sollen etwa Rentnerinnen und Rentner zum 1. Dezember eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. Für Studierende ist eine Einmalzahlung in Höhe von 200 Euro geplant.

Zu dem Paket gehört auch eine sogenannte Strompreisbremse. Privathaushalte sollen die Strommenge für einen Basisverbrauch zu einem vergünstigten Preis erhalten. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt. Finanziert werden soll die Preisbremse, indem übermäßige Gewinne am Strommarkt abgeschöpft werden sollen.

Strompreisbremse soll so schnell wie möglich kommen


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Die Strompreisbremse soll nach Scholz Willen so schnell wie möglich in Kraft treten. »Wir müssen ganz viele Entscheidungen treffen, viele Regelungen durchsetzen, damit das gelingt. Das Erste ist, dass wir die Zufallsgewinne, die jetzt auf dem Strommarkt erzielt werden, abschöpfen«, sagte Scholz in dem Gespräch.

Der Kanzler erklärte, es gehe um Gewinne, »die nichts mit dem zu tun haben, was man eigentlich wirtschaftlich tut.« Wer seit Jahren erfolgreich Windkraftanlagen, Solaranlagen, Kohle-, Wasser- oder Atomkraftwerke betreibe, produziere zu viel geringeren Kosten als diejenigen, die Strom mit Gas herstellten. »Aber der Preis für Strom wird gegenwärtig nach dem europäischen Marktdesign bestimmt durch diese Gaskraftwerke«, sagte Scholz.

Der SPD-Politiker wollte keine konkreten Angaben dazu machen, mit wie viel Geld durch das Abschöpfen von übermäßigen Gewinnen zu rechnen sei. Das hänge auch von der Entwicklung auf den Strommärkten ab, die man nur begrenzt voraussehen könne. »Wenn dort solche Zufalls-, Übergewinne im großen Maßstab anfallen, haben wir viele, viele Milliarden, um sie an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben.«

Mit jedem neuen Offshore-Windpark sinke die Abhängigkeit von Energieimporten, sagt Scholz. Wenn man klimaneutral sei, werde auch die Produktion billiger, weil Ökostrom billig erzeugt werden könne. Angesichts der weltweiten Nachfrage werde es dagegen sicher nicht billiger werden, fossile Energie zu importieren wie derzeit. »Wir müsse die Zeit durchstehen, das können wir auch, bis es dann immer besser wird.«

»Blackout« bei der Stromversorgung?

Einen Ausfall der Stromversorgung hält Scholz im Winter für unwahrscheinlich. Er sei »sehr sicher, dass uns das erspart bleibt«, sagte er in dem Interview. Die Regierung habe alles dafür, damit es nach »menschlichem Ermessen« nicht zu einem »Blackout« komme. Zuvor hatte CDU-Chef Friedrich Merz vor einem solchen »Blackout« gewarnt, sollte die Ampelkoalition am Ausstieg aus der Atomenergie festhalten.

Scholz äußerte sich nicht zum Weiterbetrieb von Atomkraftwerken. Die Bundesregierung habe trotz der Lieferausfälle bei russischem Gas sehr früh alles getan, »dass uns keine große Gefahr droht«, sagte er im ZDF. Er verwies darauf, dass Kohlekraftwerke reaktiviert worden seien, »damit wir Gas sparen können«. In einigen Monaten sollten zudem die ersten Anlandeterminals für Flüssiggas eröffnet werden. All dies helfe, »dass wir sicher durch diesen Winter kommen können.«


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Gelassen zeigte sich der Kanzler angesichts der Erwartungen einer Protestwelle im Herbst. Er nehme die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst und verstehe auch kritische Frage zur Ukraine- oder Energiepolitik der Regierung, sagt er.

Die Regierung versuche ihre Position zu erklären und Bedingungen zu schaffen, damit niemand übermäßig belastet werde. »Ich bin sicher, dass Deutschland auch als Demokratie durch diese Zeit kommt.« Die Bundesrepublik sei nicht nur wirtschaftlich stark, sondern auch ein Sozialstaat.


fok/AFP/dpa

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