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News des Tages: AKW Saporischschja, Tankrabatt, Energiesparregeln

1. Wie ist die Lage in Europas größtem AKW?

Er kenne die Gefahren, die Mission sei aber zu wichtig, um sie noch abzublasen. Mit solchen Sätzen zitieren die Nachrichtenagenturen heute den Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA): Rafael Grossi ist am frühen Nachmittag mit 13 Inspektoren im AKW Saporischschja angekommen, das von russischen Truppen besetzt wurde. Beschuss und Gefechte, für die sich Russland und die Ukraine gegenseitig die Schuld zuweisen, haben die IAEA-Experten nicht abgehalten. Sie wollen sich vor Ort ein Bild von der Lage machen, mit der größtenteils ukrainischen Belegschaft sprechen und das Gelände sowie die Anlagen in Augenschein nehmen. Grossi kündigte an, dass einige seiner Leute für eine längere Zeit in Saporischschja stationiert bleiben sollen.

Bei dem Karrierediplomaten finden Eloquenz und die Bereitschaft zum Wagnis zueinander: »Grossi hat gezeigt, dass er aktive Diplomatie als Teil seines Jobs sieht und dabei weder politische noch persönliche Risiken scheut«, schrieb die »Süddeutsche« einmal. Mein Kollege Bernhard Pötter hat ihn im Frühjahr interviewt (zu finden hier ). Er beschreibt Grossi als einen smarten, redegewandten, freundlichen Mann, der sicher im Stoff ist: »Er scheint Dossiers wirklich durchzuarbeiten – oder wird sehr gut gebrieft, was beides nicht immer selbstverständlich ist für Chefs großer internationaler Organisationen.« Der Argentinier Grossi leitet die IAEA mit ihren etwa 2500 Mitarbeitern seit 2019, die Behörde ist zur Neutralität verpflichtet.

Die Delegation der IAEA hatte auf dem Weg zum AKW Saporischschja eine Pause einlegen müssen: Wegen der neuen Kampfhandlungen war sie von ukrainischer Seite drei Stunden festgehalten worden. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, Grossi selbst habe zuvor persönlich mit dem ukrainischen Militär verhandelt, damit die Inspektion trotz des Beschusses nahe dem Kraftwerk stattfinden kann.

Am Vorabend berichtete Grossi laut der russischen Agentur Interfax: »Wir haben uns heute eine ganze Menge angesehen und mit der ersten Bewertung begonnen.« Für ihn beginne die Arbeit jetzt.

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Und hier weitere Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine:

2. Wer hat wirklich vom Tankrabatt profitiert?

Spritparade, Tanke für nix, Zapfkeule: Über den Tankrabatt sind alle Wortspiele gemacht, auch fast von jedem, von unserem Newsletter hier bis zur Wochenshow  (sollte Ihnen noch eins einfallen: gerne eine Mail an lageamabend@spiegel.de  schreiben). Jetzt ist die Maßnahme ausgelaufen – und auf den Preistafeln der Tankstellen hat sich die Zwei wieder vors Komma gedrängelt.

Gewirkt hat der Tankrabatt, das lässt sich nicht bestreiten. Nur gab es eben ungewollte Spritnahmeeffekte. Alle Steuerzahler haben einen Sommer lang nicht nur die Autofahrer subventioniert, sondern auch den Mineralölkonzernen enorme Profite beschert, wie die Analyse meiner Kollegen Michael Brächer, Claus Hecking und Patrick Stotz zeigt . »Die Mineralölwirtschaft hat ihre Gewinnspannen noch einmal deutlich ausgeweitet«, sagt Claus. »Das deutet klar darauf hin, dass sie die Steuerermäßigung nicht voll an die Kundschaft weitergegeben hat, sondern ein Teil davon in die eigenen Kassen geflossen ist.« Die Pächter der Tankstellen verdienten dabei kaum mit.

Einer Umfrage des ADAC zufolge hat der Tankrabatt auch dazu geführt, dass die Leute wieder mehr Auto fahren – in einer Zeit, in der das Gegenteil wichtig und richtig wäre. Und demnächst könnte es denselben Effekt beim Erdgas geben, fürchtet Claus: »Bei der Mehrwertsteuersenkung auf Erdgas könnten die Versorger sich einen Teil der Subvention abzwacken.« Zwar hat Olaf Scholz gemahnt, das dürfe nicht passieren. Doch rechtliche Handhabe hat der Staat keine. Ist das Gas halb voll oder halb leer? Ach! Auch das Wortspiel ist nicht neu.

3. Sitzen wir nicht alle im selben Pool?

Der Tankrabatt geht, die Energiesparregeln kommen. Seit heute gilt, was einige Zeitungen mit eher großen Buchstaben als »knallharte Verbote« und »Habecks Energiesparhammer« bezeichneten: Leuchtreklame darf nach 22 Uhr nicht mehr leuchten, Ladentüren dürfen nicht mehr offen stehen, in Amtsstuben und Büros wird es etwas kälter, solche Sachen. Und, ach ja: Wer einen Pool im Garten oder Keller hat, darf ihn nicht mehr mit Strom oder Gas beheizen (auch wenn das kaum jemand kontrollieren kann).

Der Aufregung über die Regeln ist auf dem Weg von der Verkündung bis zur Umsetzung die Puste ausgegangen, so scheint es mir. Ich musste an das legendär-ironische Plakat von Klaus Staeck aus dem Jahr 1972 denken: »Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen.« Es ist oft missverstanden worden. »Arbeiter, die meine Aussage wörtlich nahmen, machten mir bittere Vorhaltungen«, schreibt der Künstler auf seiner Website. »So wären Ludwigshafener Jusos von sozialdemokratischen Arbeitern fast verprügelt worden, als sie mit diesen Plakaten vor den BASF-Toren eine Flugblattaktion starten wollten.«

Aktualisierungsvorschlag: Deutsche Arbeiter! Die Ampel will euch eure Pools kalt machen.

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Podcast Cover


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Was heute sonst noch wichtig ist

  • Für wen sich die neuen Booster-Impfstoffe wirklich lohnen: Die EMA hat grünes Licht für die angepassten Impfstoffe gegeben. Doch während Hersteller die Werbetrommel rühren, sind Fachleute zurückhaltend mit Impfempfehlungen für die breite Masse. Das hat auch mit dem Infektionsschutz zu tun. 

  • Polen beziffert Weltkriegsschäden auf mehr als 1,3 Billionen Euro: Wegen menschlicher und materieller Verluste: Polens Justizminister fordert in einem ausführlichen Bericht Reparationen von Deutschland. Doch die Bundesregierung lehnt jegliche Ansprüche ab.

  • Flutkatastrophe treibt Preise auf Rekordhoch: Die Inflation in Pakistan stieg im August auf 27,3 Prozent. Besonders Obst, Gemüse und Weizen sind deutlich teurer geworden. Doch neben der Flutkatastrophe gibt es noch andere Gründe für die Knappheit.

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

  • Warum fast jeder vierte Tesla von den deutschen Straßen verschwunden ist: Der Staat fördert Elektroautos üppig – und auf fragwürdige Weise: Viele Käufer kassieren die Prämie und stoßen die Wagen mit hohem Gewinn rasch wieder ab, oft ins Ausland. Nun wird das Ausmaß solcher Geschäfte deutlich .

  • An der Spitze planlos: Streicht das FDP-geführte Bildungsministerium gerade die Forschungsförderung zusammen? Ja, sagen Betroffene. Die Opposition klagt, das Haus werde geführt wie ein »kommunales Einwohnermeldeamt.« 

  • Trump liefert seinen Gegnern selbst die besten Argumente: In der Aktenaffäre gerät der frühere US-Präsident immer stärker unter Druck. Zuzuschreiben hat er sich das selbst: Er hat in der Sache alles falsch gemacht – und gefährdet so seine Comebackpläne .


Was heute weniger wichtig ist

  • Liegt zu Füßen: Die kanadische Sängerin Avril Lavigne, 37, hat jetzt ihren eigenen Stern auf dem berühmten »Walk of Fame«. Damit die Fotografen ihre Bilder bekommen, räkelte die Sängerin sich auf der frisch enthüllten Plakette. Und damit Meldungsplätze wie dieser hier befüllt werden können, schlug sie einen Bogen in die Vergangenheit: Sie brachte ein Bild von ihrem ersten Besuch in Los Angeles mit und zog einen Kapuzenpulli über, den sie damals als 16-jährige Schulabbrecherin getragen hatte. Stolz verwies sie auf die Hoodie-Aufschrift: »Skateboarding Is Not At Crime«.

Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: »Maschinen- und Anlagenbauern rechnen mit Produktionsrückgang für 2023«

Cartoon des Tages: Fachkräftemangel: Ungute Aussichten


Illustration: Thomas Plaßmann

Und heute Abend?

… könnten Sie sich die Zeit mit unserem täglichen Quiz vertreiben. Für Leserinnen und Leser unseres Schwester-Newsletters »Die Lage am Morgen« ein alter Hut, aber vielleicht kennen Sie es noch nicht: Jeden Tag gibt es sieben Fragen zu den wichtigsten politisch-gesellschaftlichen Themen. Testen Sie hier Ihr Wissen!


Einen schönen Abend. Herzlich
Ihr Oliver Trenkamp

Hier können Sie die »Lage am Abend« per Mail bestellen.

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