Es ist die Woche der Beratungen. Auf Schloss Meseberg tagt an diesem Dienstag das Bundeskabinett, aber auch die Bundestagsfraktionen der Ampelkoalition kommen diese Woche zu Klausurtagungen zusammen. Die Abgeordneten der FDP treffen sich ab Mittwoch in Bremen.
Ein zentrale Forderung, die von der FDP-Fraktion in der Hansestadt verabschiedet werden soll: Einmalige Krisenhilfen für Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende. Also jene Gruppen, die noch im Frühjahr von der Ampelkoalition in ihrem damaligen zweiten Hilfspaket nicht bedacht wurde.
In dem dreiseitigen Entwurf zu einem Positionspapier, das dem SPIEGEL vorliegt, heißt es dazu wörtlich:
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»Im laufenden Haushaltsjahr sollten etwaige weitere einmalige staatliche Unterstützungen als Krisenmaßnahmen vor dem kommenden Winter (…) auf diejenigen konzentriert werden, die sie besonders benötigen, insbesondere Rentnerinnen und Rentner und Studentinnen und Studenten.«
In dem Papier, das unter Leitung des Fraktionsvizes Christoph Meyer erarbeitet wurde, wird zudem ein weiterer steuerpolitischer Vorschlag eingebracht, der in der jetzigen Lage vor allem für die Verhandlungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften von Bedeutung werden könnte.
»Sollten die Tarifpartner«, so heißt es in dem Entwurf, sich als Reaktion auf »Energiepreise und Inflation auf Einmalzahlungen als Krisenmaßnahmen verständigen«, wäre es »denkbar, diese durch Steuerfreiheit zu unterstützen«.
Das dritte Entlastungspaket, so offenbar der Wunsch der FDP, soll auf keinen Fall ein Sammelsurium sein, sondern sollte aus einem Paket von wenigen, aber gut aufeinander abgestimmten und wirksamen sowie unbürokratischen Maßnahmen bestehen. Gerade in Krisenzeiten brauche man Klarheit und Nachvollziehbarkeit, heißt es in dem Papier.
Daneben wiederholen die Liberalen bekannte Forderungen. So etwa stützt das Papier das jüngst vom Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner vorgestellte »Inflationsausgleichsgesetz« und bezeichnet es als vordringlich. Der Abbau der kalten Progression sei »ein zentrales Element, um die Bürger nachhaltig vor Mehrbelastungen zu schützen«.
Der Begriff kalte Progression bezeichnet den Effekt, dass eine Lohnsteigerung infolge der Steuerprogression im Endeffekt dazu führen kann, dass das reale Nettoeinkommen geringer ausfällt als vorher. Bei Lohnerhöhungen, die nur die Inflation ausgleichen sollen, entfaltet dieser Mechanismus eine besonders starke Wirkung.
Es sei schlichtweg eine Frage der Gerechtigkeit, heißt es im Zusammenhang mit der kalten Progression, dass sich der Staat nicht inflationsbedingt an den Lohnsteigerungen der arbeitenden Mitte bereichern dürfe. »Bauen wir die kalte Progression nicht ab, kommt dies einer Steuererhöhung durch Unterlassung gleich – obwohl Steuern und Abgaben in Deutschland bereits zu den höchsten der Welt gehören«.
Das wäre gerade in der aktuellen Lage »fatal und unfair gegenüber Leistungsträgern unserer Gesellschaft wie Facharbeitern, Ingenieurinnen, Softwareentwicklern oder Krankenpflegerinnen«.
Zudem wird in dem Entwurf die Einhaltung der Schuldenbremse verlangt, sie sei ein Gebot der Verfassung. Die Rückkehr zur Schuldenbremse ist ein Projekt, das Lindner für das kommende Jahr vorgesehen hat – und das in Teilen der Koalition strittig ist.
Zum Wohngeld und dem von der SPD gewünschten neuen Bürgergeld, das Hartz-IV-Hilfen bereits zum 1. Januar ersetzen soll, werden in dem Entwurfspapier lediglich allgemeine Aussagen getroffen.
So heißt es dazu, staatliche Transferzahlungen müssten gezielt die wirklich Bedürftigen unterstützen. »Steigende Energiepreise werden in der Grundsicherung zu Recht komplett übernommen und der Regelsatz automatisch auf Basis der Inflation angepasst, um Haushalte nicht in existenzielle Notlagen zu bringen.« Dies müsse auch für das neue Bürgergeld gelten.
Auch zu der Frage, ob die drei verbleibenden Atomkraftwerke in Deutschland länger am Netz bleiben sollen, gibt es überraschenderweise keine klare Aussage. Damit es nicht zu »Strukturbrüchen durch die Energie- und Gaspreissteigerungen« komme, brauche es neben dem Entlastungspaket auch energiepolitische Maßnahmen, die die Knappheit an den Strom- und Gasmärkten abschwächten, heißt es bislang in dem Papier.
Das letzte Wort ist der Entwurf noch nicht. Je nach Verlauf der Debatte, so hieß es aus der FDP-Bundestagsfraktion gegenüber dem SPIEGEL, könne sich das Papier möglicherweise auch noch einmal verändern.