Katrin Göring-Eckardt drängt auf weitere deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. »Es hat vieles zu lange gedauert«, sagte die grüne Bundestagsvizepräsidentin im SPIEGEL-Spitzengespräch mit Moderator Markus Feldenkirchen und dem stellvertretenden Unionsfraktionsfraktionschef Jens Spahn (CDU).
Die Grünen-Politikerin bekräftigte, es sei richtig, dass nun »sehr viel mehr« geliefert werde, weil der russische Angriffskrieg »nicht ganz schnell« vorbei sein werde. Göring-Eckardt stellte sich hinter einen von ihrer Parteikollegin Sara Nanni mitverfassten Gastbeitrag im SPIEGEL, wonach Deutschland die Ukraine langfristig mit Waffensystemen versorgen und dabei temporär auch Einschnitte bei der Bundeswehr in Kauf nehmen müsse.
»Wir sehen, dass die Waffenlieferungen einen Unterschied machen«, sagte Göring-Eckardt. Dies hätten ihr bei einem Besuch in der ukrainischen Hafenstadt Odessa auch die dortigen Militärs bestätigt. Die Ukraine verteidige im Kampf gegen die russische Invasion die westlichen Werte. »Das, was in der Ukraine gerade passiert, ist der Kampf um Demokratie und Freiheit«, sagte Göring-Eckardt. Die Opfer würden auch für die Freiheit in Deutschland erbracht.
Spahn kritisierte die bisher erfolgten Waffenlieferungen als nicht ausreichend und verband dies mit Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Das Problem sitze im Kanzleramt, sagte der frühere Gesundheitsminister.
Göring-Eckardt: keine weiteren Entlastungen »mit der Gießkanne«
In der Gesprächsrunde ging es auch um die im Zuge des Krieges in der Ukraine rasant gestiegenen Energiekosten. Göring-Eckardt pochte darauf, die Bürgerinnen und Bürger künftig mit zielgenaueren Maßnahmen zu entlasten. »Was wir nicht noch mal machen sollten, ist, mit der Gießkanne unterwegs zu sein«, sagte sie mit Blick auf die geplante Senkung der Mehrwertsteuer für alle Gaskunden. »Das ist ein Fehler, das geht für diesen Herbst nicht mehr.«
Göring-Eckardt kritisierte, dass bei den Entlastungen etwa Rentnerinnen und Rentner nicht explizit berücksichtigt worden seien. Besonders Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssten künftig unterstützt werden. Die Grünen-Politikerin rechtfertigte die Gasumlage und die geplante Mehrwertsteuersenkung auf Gas damit, dass der Gaspreis in stärkerem Maße gestiegen sei als andere Energiekosten.
Spahn bemängelte, die Gasumlage habe sich zuletzt zu einer »Chaosumlage« entwickelt. Mit der Maßnahme würden auch Firmen unterstützt, die derzeit massive Gewinne machten . »Mehr Irrsinn in einem Konstrukt geht kaum«, sagte Spahn. Die Regierung müsse Härten abfedern, tue dies derzeit aber nicht. Er halte nichts von Appellen der Regierung, etwa beim Duschen Energie zu sparen . Die höheren Energiepreise setzten bereits einen marktwirtschaftlichen Anreiz.
Zuletzt hatte es auch an der Reihenfolge der Ampel-Entscheidungen zur Energiekrise Kritik gegeben: Erst wurde die Gasumlage für die Versorgerunternehmen beschlossen, dann eine Mehrwertsteuersenkung auf Gas verkündet. Göring-Eckardt sagte, sie hätte sich einen einfacheren Weg gewünscht. Sie verwies jedoch auf Haushaltsverhandlungen innerhalb der Ampelkoalition.