Erst am vergangenen Freitag stellte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft den Fragen der Abgeordneten zu seiner Rolle in der Cum-ex-Affäre um die Hamburger Warburg Bank.
Er beharrte dabei einmal mehr darauf, als Hamburger Bürgermeister keinen Einfluss auf die behördlichen Abläufe genommen zu haben, die die Bank beinahe vor der Rückzahlung von zu Unrecht erstatteter Kapitalertragsteuer in Höhe von 47 Millionen Euro bewahrt hätten.
Der Unionsfraktion im Bundestag reicht das aber offenbar nicht aus. In einem Schreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), das dem SPIEGEL vorliegt, fordern die Abgeordneten von CDU und CSU für den 5. September eine Sondersitzung des Finanzausschusses. Scholz wird darin zur Teilnahme eingeladen. Der Kanzler soll erneut befragt werden. Zuerst hatte t-online über das Schreiben berichtet .
»Es geht um die Anwendung von Bundesrecht und die Frage, warum die Hamburgische Landesregierung unter der Leitung des damaligen Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz als einziges Bundesland die Rückerstattung von Cum-Ex-Geldern verjähren lassen wollte«, begründen der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, und die finanzpolitische Sprecherin, Antje Tillmann, den Schritt.
Nach Ansicht der Unionspolitikerinnen und -politiker gebe es in der Cum-ex-Affäre trotz Scholz’ jüngster Äußerungen »erhebliche Widersprüche und offene Fragen«. Es gehe »um nicht weniger als die Glaubwürdigkeit der Spitze der Bundesregierung.«
Zudem will die Union dem Antrag zufolge die Geheimhaltung eines als Verschlusssache (VS) gekennzeichneten Protokolls einer Sitzung des Finanzausschusses vom 1. Juli 2020 erreichen. Die VS-Einstufung habe die Aufklärungsarbeit des Hamburger Untersuchungsausschusses behindert, heißt es zur Begründung.
Scholz’ Parteikollegin Bas muss Sondersitzung zustimmen
Der Weg über die Bundestagspräsidentin ist der einzige Weg für die Unionsfraktion, Scholz zu einer Sondersitzung in den Ausschuss zu bekommen, weil sie gegen die Ampelmitglieder in dem Gremium nicht die nötige Mehrheit erreichen würde, um den Kanzler so vorzuladen. Offen ist allerdings, ob die Sozialdemokratin Bas dem Wunsch der Union nachkommt. Sollte Bas die Sondersitzung verweigern, fordert die CDU/CSU-Fraktion eine Sitzung zum »nächstmöglichen Termin innerhalb des Zeitplans«.
Trotz Scholz’ wiederholter Beteuerungen, auf die Steuerzahlungen der Warburg Bank keinen Einfluss genommen zu haben, gibt es in dem Fall weiter Ungereimtheiten. Scholz hatte sich beispielsweise zum Zeitpunkt der ersten Steuerrückforderungen im Jahr 2016 zweimal innerhalb kurzer Zeit mit den beiden Warburg-Miteignern Christian Olearius und Max Warburg getroffen, 2017 sprachen die beiden Banker wieder bei Scholz vor.
Scholz räumte die drei Gespräche erst ein, als Journalisten sie ihm 2020 nachgewiesen hatten. Er gibt aber an, sich nicht an den Gesprächsinhalt erinnern zu können. Zuletzt war auch eine Chat-Nachricht der zuständigen Finanzbeamtin aufgetaucht, die mit Blick auf Warburg von einem »teuflischen Plan« sprach. Und die Staatsanwaltschaft hat den Verdacht, dass in der Finanzbehörde E-Mails gelöscht wurden.