Nach fast acht Amtsjahren als ukrainischer Botschafter wird Andrij Melnyk Deutschland am 14. Oktober Deutschland verlassen. »Am 15. Oktober muss ich bereits in Kyjiw (Kiew) sein, um – wie es aussieht – einen neuen Posten im Außenministerium einzunehmen«, sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur.
Außenministers Dmytro Kuleba habe bereits vorgeschlagen, dass Melnyk einer von mehreren Vizeaußenministern wird. Darüber müsse die Regierung aber noch entscheiden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Melnyk Mitte Juli von seinem Posten abberufen. Kurz zuvor hatte der Diplomat mit Äußerungen zum umstrittenen ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera, dem Historiker Kollaboration mit den Nazis und eine Mitverantwortung für die Ermordung von Polen und Juden im Zweiten Weltkrieg vorwerfen, für Kritik gesorgt – nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auch in Polen.
Melnyk führt die Amtsgeschäfte derzeit aber noch weiter. Dass er als nächstes Vizeaußenminister werden soll, ist seit Längerem im Gespräch. Sein Nachfolger in Berlin soll Olexij Makejew werden, der viele Jahre politischer Direktor im Außenministerium in Kiew war. Aber auch dafür gibt es noch keine offizielle Bestätigung. Es wird erwartet, dass Makejew in Berlin eintreffen wird, kurz nachdem Melnyk die Hauptstadt verlassen hat.
Melnyk ist auch wegen seiner harten Kritik an der Ukraine-Politik der Bundesregierung umstritten. Er hält seine oft undiplomatische Amtsführung aber auch im Rückblick für richtig. »Wenn ich die letzten sehr dramatischen Monate leise und höflich in Berlin geblieben wäre, hätte es diese gewaltige Diskussion über – erst fehlende, dann unzureichende – deutsche Waffenlieferungen für die Ukraine vielleicht gar nicht so gegeben, wie das in den ersten Monaten nach Kriegsbeginn der Fall war«, sagte er der dpa.
Seinem Nachfolger empfiehlt er eine Doppelstrategie. »Er müsste schnellstmöglich als Diplomat akzeptiert werden, also nett und freundlich sein, um neue Sympathien für die Ukraine zu gewinnen, gerade angesichts der Kriegsmüdigkeit und dieser überzogenen Debatte über einen kalten Winter«, sagte Melnyk. »Auf der anderen Seite glaube ich, dass er nicht umhin kann, auch unbequem und kantig zu sein und die träge deutsche Politelite immer wieder herauszufordern.« Es werde »eine Herkulesaufgabe für ihn sein, ohne jegliche Schonfrist seinen Pfad durch den Berliner Polit-Dschungel zu finden«.