Diskriminierung ist in Deutschland ein weit verbreitetes Problem. Wie aus dem Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für das vergangene Jahr hervorgeht, wurden der Stelle insgesamt 5617 Fälle gemeldet, die mit einem im Antidiskriminierungsgesetz genannten Diskriminierungsgrund zusammenhingen. Die meisten davon – 37 Prozent – gingen auf rassistische Diskriminierung zurück.
Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman verwies bei der Vorstellung des Berichts auf repräsentative Erhebungen, wonach 16 Prozent der Befragten in den vergangenen fünf Jahren Diskriminierung erlebt hätten. Ataman sprach von hochgerechnet 13 Millionen betroffenen Menschen.
Im Vergleich zum Vorjahr, als die Antidiskriminierungsstelle noch 6383 Fälle erfasste, gingen die Meldungen zwar um gut zwölf Prozent zurück. Dieser Rückgang sei aber »auf weniger Anfragen im Zusammenhang mit der Coronapandemie, insbesondere zur Maskenpflicht, zurückzuführen«, hieß es. 2020 habe es hier vor allem noch Anfragen zum Mund-Nasen-Schutz gegeben, die »aufgrund ihres Bezugs zum Merkmal Behinderung« als Fälle unter dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu zählen waren. Die Anzahl der Beratungsanfragen zu allen anderen Diskriminierungen blieb den Angaben zufolge unverändert hoch.
Ataman sprach von einer »alarmierenden« Zahl und betonte, dass das Grundgesetz in Artikel 3 Diskriminierung verbiete. Sie betonte, Diskriminierung betreffe nicht nur Minderheiten. Es sei auch kein Thema, das mit Identität zusammenhänge. »Diskriminierung spaltet die Gesellschaft. Nicht die, die sie ansprechen«, sagte die seit Juli im Amt befindliche Ataman.
Atamans Ernennung von Kontroverse begleitet
Ihrer Ernennung für den Posten war eine Kontroverse vorangegangen. Ataman, die aus Stuttgart kommt, war aus dem konservativen Lager vorgeworfen worden, in der Vergangenheit selbst Deutsche diskriminiert zu haben. So hatte Ataman als Kolumnistin für den SPIEGEL einmal darüber geschrieben, ob man Deutsche als »Spargelfresser« bezeichnen kann und erklärt, warum das Wort »Kartoffel« für Deutsche keine Beleidigung sei.
Neben rassistischen Fällen hatte es die Anlaufstelle, die an das Bundesfamilienministerium angegliedert ist, im vergangenen Jahr vor allem mit Diskriminierung aufgrund von Behinderung und chronischen Krankheiten zu tun (32 Prozent). Diskriminierung aufgrund des Geschlechts lag demnach 20 Prozent der Anfragen zugrunde. Über die meisten Diskriminierungserfahrungen klagten die Betroffenen beim Zugang zu privaten Dienstleistungen (33 Prozent) und im Arbeitsleben (28 Prozent), hieß es weiter.
Ataman berichtete beispielhaft von mehreren Fällen, in denen sich Menschen bei der Beratungsstelle gemeldet hätten. Darunter sei etwa ein Rollstuhlfahrer gewesen, der von einem Busfahrer nicht in den Bus gelassen worden sei, obwohl genug Platz und auch die technischen Voraussetzungen gegeben gewesen seien.
Umfragen verdeutlichen Diskriminierungsproblem in verschiedenen Bereichen
Ataman präsentierte zudem Ergebnisse verschiedener Umfragen zu Diskriminierung in unterschiedlichen Bereichen. So hätten etwa in einer Erhebung 13 Prozent der befragten Frauen berichtet, am Arbeitsplatz schon einmal belästigt worden zu sein. Es handele sich um Millionen betroffene Frauen, sagte Ataman. Sie verwies zudem auf den Rassismusmonitor, wonach 22 Prozent der Befragten selbst schon Rassismus erfahren hätten. Und in einer Umfrage unter behinderten Jugendlichen habe jede zweite befragte Person von Diskriminierung berichtet.
Zugleich drängte Ataman auf eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Sie nannte etwa eine Anpassung der Fristen, in denen sich Menschen gegen Diskriminierung wenden können. Diese liege derzeit bei nur acht Wochen, sollte nach Ansicht von Experten aber ein Jahr betragen, sagte Ataman. »Das deutsche Antidiskriminierungsrecht ist im internationalen Vergleich sehr schwach aufgestellt. Es legt Betroffenen – man kann es nicht anders sagen – Steine in den Weg, wenn sie ihre Rechte durchsetzen wollen«, beklagte die Antidiskriminierungsbeauftragte.
Kritik von der Union
Die Union äußerte umgehend Kritik an Atamans Vorstellung des Jahresberichts. Der Jahresbericht zeige zwar, dass es bei der Bewältigung ungerechtfertigter Benachteiligungen, etwa aufgrund von Alter, Herkunft, Geschlecht, Behinderung oder sexueller Identität noch große Herausforderungen gebe, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm. Ein Teil des Spektrums von Diskriminierung in Deutschland – »Rassismus unter Migranten« und Antisemitismus als Teil der islamistischen Ideologie – werde von Ataman jedoch ausgeblendet.