Vom Netz auf die Straße
Das Morning Briefing dieser Woche begann mit einem kleinen Beitrag zur Angst deutscher Politiker vor den Deutschen, der Angst vor einem Aufstand von Menschen in Not, spätestens im Herbst oder Winter, wenn die gestiegenen Preise noch spürbarer werden. Nun gibt es einen passenden Termin dazu: In einigen deutschen Städten werden heute Menschen der Aktion #IchBinArmutsbetroffen demonstrieren, zum Beispiel in Hamburg, München, Berlin.
Foto: IMAGO/Rolf Poss
Bislang spielte sich der Protest unter diesem Hashtag auf Twitter ab. Menschen, die sich ein würdiges Leben nicht mehr leisten können, berichten von ihrer Not. Man spricht schon von einem viralen Aufstand der Armen. Nun ist nicht jeder Protest ein Aufstand, aber ein Stimmungstest ist das heute auf jeden Fall.
Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:
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Angriff auf AKW, Selenskyj spricht von »Terrorakt« – das geschah in der Nacht: Nach dem Angriff auf das Atomkraftwerk Saporischschja fordert Präsident Selenskyj Sanktionen gegen Russlands Nuklearindustrie. Und: Die USA planen offenbar ein weiteres Hilfspaket im Volumen von einer Milliarde Dollar. Der Überblick.
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Darf die Ukraine aus Wohngebieten zurückschießen?: Amnesty International wirft dem ukrainischen Militär vor, ohne Not Zivilisten zu gefährden. Experten kritisieren den Bericht. Tatsächlich steht Kiew täglich vor heiklen Entscheidungen, wie auch SPIEGEL-Recherchen zeigen.
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Was ist im Gefangenenlager in Oleniwka wirklich passiert?: Der Kreml verweigert Zugang zu dem Ort, an dem 50 ukrainische Kriegsgefangene starben – und nährt so den Verdacht auf ein Massaker. Angehörige attackieren auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz. Warum viele Fragen offenbleiben.
Trump spricht
Gespräche über den Zustand der Welt haben derzeit in liberalen Kreisen meist einen ähnlichen Verlauf. Man malt die Realität in dunklen Farben, spricht über den Krieg in der Ukraine, über Corona, über die Klimakatastrophe, neuerdings wird auch noch »Taiwan!« gerufen. Stirne legen sich in Falten, Sorgesfurchen durchziehen die Gesichter.
Aber da ist der Tiefpunkt noch gar nicht erreicht. Der Tiefpunkt beginnt mit »Wenn dann noch …« Und schon wissen alle Bescheid. O Gott, seufzt jemand. »Am ersten Dienstag im November 2024 … Bloß das nicht«, stöhnt ein anderer. »… Donald Trump …«
Von da an ist das Gespräch praktisch zu Ende, alle versinken in stumme Düsternis.
Donald Trump: »Wenn dann noch …«
Foto: JUSTIN LANE / EPA
Er ist das Gespenst der Weltpolitik. Der Mann, mit dem alles noch viel schlimmer werden könnte, als es ohnehin ist, sollte er in gut zwei Jahren erneut zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werden (in manchen nicht-liberalen Kreisen sieht man ihn hingegen als Retter). An diesem Wochenende hält Trump eine Rede auf der Conservative Political Action Converence in Dallas.
Der Masken-Test
Büffeln Sie auch schon für den Herbst? Ist Ihnen klar, wann Sie die Winterreifen montieren sollen und wann die Schneeketten? Die Bundesregierung hielt es für eine gute Idee, die Corona-Phasen der dunklen Jahreszeit mit diesen Namen zu belegen, der Winterreifen-Zeit und der Schneeketten-Zeit. Ist das nicht zu doof, zu kindisch für diese ernste Angelegenheit?
Schneeketten: Ist das nicht zu doof?
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/ dpa
Und können Sie sagen, unter welchen Bedingungen Sie wann und wo eine Maske tragen sollen? Im Restaurant auf dem Weg zum WC, wenn Sie nicht die X. Impfung bekommen haben. Aber mit welchem Impfstoff? Und wann wurde er Ihnen verabreicht? Drei Monate plus ein Tag könnte schon zur Ordnungswidrigkeit führen. Und gilt für den Rückweg vom WC dieselbe Regelung wie für den Hinweg?
Und kann das überhaupt sein? Ein Impfstoff, der nur drei Monate wirkt, wird unter Volk gebracht? Heißt das, ich gehe künftig häufiger zum Impfen als zum Zahnarzt? Und könnte ich vielleicht behördlicherseits die vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt mit meinen jeweiligen Impfterminen koordiniert bekommen, damit ich mir nicht so viele Daten merken muss?
Jetzt mache ich erst mal weiter mit dem Auswendiglernen der Regeln für das Maskentragen.
Der Anfang
SG Eintracht Frankfurt – FC Bayern München 1:6
Bayern-Spieler
Foto: IMAGO/Jürgen Kessler / IMAGO/Kessler-Sportfotografie
Kein Kommentar.
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Die Startfrage heute: Welchen dieser drei Songs hat sich Angela Merkel für den Großen Zapfenstreich zu ihrer Verabschiedung nicht gewünscht?
Gewinner des Tages …
… ist Goethe. Richtig, gestern war er der Verlierer des Tages, weil sein »Faust« bald nicht mehr Pflichtlektüre an bayerischen Gymnasien ist (an denen anderer Bundesländer schon länger nicht). Aber dann bekam ich diese Mail von Alexander Kozel, Bürgermeister der mir bis dahin unbekannten Stadt Knittlingen in Baden-Württemberg:
»Wenn Interesse an Faust besteht. Ein kleines schwäbisches Dorf hört nicht auf, den Mythos Faust am Leben zu lassen. Die Fauststadt Knittlingen hat ein einzigartiges Faustmuseum. Neueste Errungenschaft: Mit VR als Faust die Geschichte erleben.«
Virtuell kann nun jeder Faust sein und einen Pakt mit dem Teufel schließen. Herrlich.
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Hilfe, meine Tochter ist schlauer als ich: Mit zwei Jahren redete Margret Thiems Tochter wie eine Erwachsene, mit neun zitiert sie Goethe. Hier berichtet die Mutter von ihrem Leben mit einem hochbegabten Kind – das bei vielen als seltsam gilt.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
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US-Verschwörungstheoretiker zu weiteren 45,2 Millionen Dollar verurteilt: Ein Geschworenengericht in Texas hat Alex Jones zu umgerechnet 44,3 Millionen Euro sogenanntem Strafschadenersatz verurteilt – wegen falscher Behauptungen über ein Schulmassaker mit 26 Toten.
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Militante Palästinenser feuern mehr als 100 Raketen auf Israel: Israel tötet einen palästinensischen Milizenführer, die Extremisten reagieren mit massivem Raketenbeschuss auf Israel. Verteidigungsminister Gantz hat Tausende Reservisten mobilisiert.
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Rentenbeiträge sollen künftig voll absetzbar sein: Die Bundesregierung eliminiert die Doppelbesteuerung von Renten: Aufwendungen können ab kommendem Jahr voll als Sonderausgabe berücksichtigt werden. Besteuert werden Renten erst bei der Auszahlung.
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Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute
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Wie Putins Krieg mein Moskau verändert hat: Seit 14 Jahren lebt SPIEGEL-Korrespondent Christian Esch in der russischen Hauptstadt. Nun erkennt er selbst Bekannte kaum wieder. Warum unterstützen so viele Menschen den Krieg?
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So viel China steckt in einem deutschen Audi: Deutsche Autokonzerne wollen die wichtigsten Teile der Produktion zurückholen – wegen Corona, Krieg und Klimawende. Aber ist Autarkie überhaupt möglich? Der SPIEGEL hat in einen Audi E-tron mit seinen 6000 Teilen geschaut .
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Ausgetreten aus Ruinen: Janine Wissler schafft es nicht, die Linke zusammenzuhalten. Immer mehr Funktionäre und Mitglieder verlassen die Partei. Nur eine, deren Austritt viele herbeisehnen, lässt sich nicht abschütteln: Sahra Wagenknecht .
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Sollte der Westen mit den Taliban zusammenarbeiten, Herr Karzai? Er darf das Land nicht verlassen, der SPIEGEL traf ihn in seinem Privatbüro in Kabul: der ehemalige Staatschef Hamid Karzai über die Rückkehr des Terrors, das Bildungsverbot für Frauen – und die Angst um seine Kinder .
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»Was ist falsch mit euch?«: An der Universität der Künste kam es zur Gewalt zwischen Sicherheitsleuten und Studierenden. Es ging um den Barbetrieb, das Ende einer Feier – und um Unisex-Toiletten, die wieder nach Männern und Frauen sortiert wurden .
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Warum ich Beyoncé liebe: Ihre Stimme ist wie Katzenschnurren, ihre Doku habe ich am Tiefpunkt meines Lebens so oft gesehen, bis ich wieder aufstehen konnte. Sie hat mich in wichtigen Lebensentscheidungen beeinflusst: Beyoncé ist mein größtes Idol .
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Dirk Kurbjuweit