Die Linke in Rheinland-Pfalz will einen Genossen wegen sexistischer Beleidigungen aus der Partei werfen. »Nach einem intensiven Austausch hat der Landesvorstand den Vollzug eines Parteiausschlussverfahrens gegen den Kreisvorsitzenden des Rhein-Hunsrück-Kreises bekräftigt und die zukünftige Zusammenarbeit mit ihm aufgekündigt. Diese Beschlüsse ergingen einstimmig«, schrieb die Linke Rheinland-Pfalz auf Facebook. Zuvor hatte bereits der »Südwestrundfunk« darüber berichtet.
»Das wiederholte Verhalten des Funktionsträgers der Partei entspricht nicht dem Selbstverständnis und der Satzung der Partei und widerspricht ebenfalls dem durch den Landesvorstand beschlossenen Kodex«, so die Linke.
Hintergrund ist der Austritt der rheinland-pfälzischen Landesvorsitzenden Melanie Wery-Sims. Sie hatte in einem Facebook-Eintrag auch den Umgang der Partei mit #MeToo-Vorwürfen als Grund für ihre Entscheidung angeführt. »So darf ein spezieller Kreisvorsitzender wohl weiterhin meine Fotos auf Facebook als Wichsvorlagen bezeichnen, einen anderen Genossen als ›behindert‹ betiteln (das Wort überhaupt als Beleidigung zu nutzen, ist schon ein Unding) und Mitarbeiter*innen beleidigen und bedrohen«, schrieb die Ex-Linke. Zudem kritisierte sie Parteichefin Janine Wissler scharf.
Attacken vom Bundestagsabgeordneten Ulrich
Entsprechende Mails belegen, dass sich der Kreisvorsitzende mehrfach respektlos gegenüber der Landesvorsitzenden geäußert hat. (Lesen Sie hier die Hintergründe dazu.)
In den sozialen Netzwerken wird Wery-Sims zum Teil weiter aus ihrer Ex-Partei angegriffen, etwa vom Bundestagsabgeordneten Alexander Ulrich, der die Bundesvorsitzende Janine Wissler verteidigt. »Wery-Sims bleibt in Erinnerung, dass sie unsere Bundesvorsitzende mehrmals angegangen ist und glaubte Bundesschatzmeisterin werden zu wollen. Auch hier empfehle ich dringend das Statement unserer Bundesvorsitzenden zu lesen. Als letzteres nicht funktionierte, ist sie jetzt ausgetreten«, schreibt der rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete. Es gehe um »zum Teil ein böses Nachtreten gegen die Partei«. Dass sich Ulrich vor die Parteivorsitzende stellt, ist erstaunlich. Wie eine SMS belegt, die dem SPIEGEL vorliegt , hatte er nach der Bundestagswahl noch Wisslers Rücktritt gefordert.
Wery-Sims begrüßte den Beschluss des Landesvorstandes: »Ich bin froh darüber, dass nun gehandelt wird und gleichzeitig zutiefst traurig darüber, dass erst so viel geschehen musste.« Ihrer Auffassung nach wurde auf dem vergangenen Parteitag zu wenig getan, um solche Fälle künftig zu verhindern. Es bleibe abzuwarten, »ob das Ausschlussverfahren Erfolg haben wird; denn dadurch, dass die Satzung beim Bundesparteitag in dem Punkt nicht verschärft wurde, hat die Schiedskommission nicht viel Handlungsspielraum«, so Wery-Sims zum SPIEGEL.
Zudem sagt sie, die Partei müsse die #MeToo-Fälle in der Partei endlich ernst nehmen. »Es geht nicht nur um den einen Kreisvorsitzenden und erst recht geht es nicht nur um mich. Es passiert seit Jahren und macht Frauen systematisch kaputt«, sagt Wery-Sims. »Was passiert mit den #linkemetoo-Tätern? Und warum werden die Betroffenen mit den Verfahrenskosten und anderen Nachwirkungen allein gelassen?«
Die Linke befindet sich seit Monaten in harten Auseinandersetzungen zu #MeToo-Vorfällen, die inzwischen in vielen Landesverbänden aufgetaucht sind. Teile der Linken, zu denen auch Wery-Sims gehört, bemängeln, die Partei tue zu wenig, um die Fälle aufzuklären. Wissler steht dabei im Fokus, weil sie selbst in einem Fall verwickelt ist, der noch nicht vollständig aufgeklärt wurde. Der neugewählte Co-Vorsitzende Schirdewan betonte auf dem Parteitag in Erfurt, sich der Vorfälle annehmen zu wollen.