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Hamburg: Behörde geht gegen Protestcamp vor – trotz Versammlungsfreiheit

G20-Protestcamp 2017 im Altonaer Volkspark: »Kommunikative Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit«


Foto: Daniel Bockwoldt/ dpa

Ein breites Bündnis aus linken und klimapolitischen Gruppen will Mitte August ein Protestcamp im Hamburger Stadtpark veranstalten. Mit Übernachtung, Workshops, Essen und Trinken sowie einer Demonstration am 10. August soll das »System Change Camp« ein Zeichen »gegen Erdgas, LNG und eine fossile Infrastruktur, die unsere Zukunft aufs Ziel setzt« setzen. Mit dabei sind rund 30 verschiedene Gruppen, unter anderem Extinction Rebellion und Ende Gelände.

Doch die Versammlungsbehörde hat etwas dagegen. Mit einem Bescheid vom 29. Juli bestätigte sie zwar das Camp, allerdings nur unter Auflagen: So soll das Camp nicht im Stadtpark, sondern im Altonaer Volkspark stattfinden, zudem soll nach Angaben der Veranstalter das Übernachten in Zelten sowie die Versorgung mit Trinkwasser und Essen verboten sein.

»Es ist ein Skandal, wie Hamburg unsere Rechte mit Füßen tritt«, kommentiert Luka Scott, Sprecherin des Organisationsteams. Mehrere tausend Menschen würden erwartet. »Uns die notwendige Infrastruktur mit Schlafzelten, Essensversorgung und sogar das Trinkwasser zu verweigern, ist ein Affront gegen uns und ein Rechtsbruch.« Die Camp-Veranstalter haben Widerspruch erhoben und ein Eilverfahren vor Gericht angestrengt.

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»Protestcamps sind von der Versammlungsfreiheit geschützt«

Die Anwältin Vivian Kube hält den Bescheid der Versammlungsbehörde für nicht haltbar. »Solche Auflagen kommen einem Verbot faktisch sehr nah«, sagt Kube gegenüber dem SPIEGEL. »Das ist, als würde die Polizei bei einer Demonstration Plakate verbieten.« Sie verweist auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Mai dieses Jahres, bei dem es um ein Protestcamp in Garzweiler 2017 ging. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), eine Menschenrechts-NGO, für die Kube als Projektkoordinatorin arbeitet, hatte das Verfahren begleitet. Das Ergebnis war deutlich (siehe Pressemitteilung der GFF ), bestätigt Kube: »Protestcamps sind in Gänze von der Versammlungsfreiheit geschützt.«

Das gelte eindeutig auch für die Infrastruktur, also Schlafzelte, Küchen und Sanitäranlagen. »Das Urteil des Verwaltungsgerichts besagt deutlich, dass es bei dem Zusammensein im Rahmen eines Camps mit Workshops und Diskussionsveranstaltungen um die kommunikative Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit geht.«

Und die sei durch das Grundgesetz geschützt.

Nur scheint das noch nicht bei den Behörden angekommen zu sein.

Auf SPIEGEL-Anfrage erklärt Holger Vehren, Pressesprecher der Hamburger Polizei, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts »nicht vollumfänglich auf den vorliegenden Einzelfall übertragbar« sei, da dort »über einen Einzelfall in Nordrhein-Westfalen entschieden« worden sei.

Erinnerungen an G20

Man könnte noch auf einen anderen »Einzelfall« blicken, der über Hamburg hinaus Schlagzeilen gemacht hat: das Protestcamp zum G-20 Gipfel 2017 in Entenwerder. Auch hier waren kurzfristig Schlaf- und Kochzelte sowie Duschen verboten worden, und die Polizei räumte das Camp unter Einsatz von Tränengas, um das Übernachtungsverbot durchzusetzen. Anfang Mai 2022 entschied das Verwaltungsgericht Hamburg, dass die Untersagung des Camps und das Verbot von Schlafzelten rechtswidrig waren .

Doch auch das hat die Versammlungsbehörde offenbar nicht wahrgenommen.

Am Vormittag des 3. August wollen die Gruppen des »System Change Camps« vor dem Hamburger Rathaus für ihr Recht demonstrieren. Motto: »Das ist alles von der Versammlungsfreiheit gedeckt«.


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