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EuGH kippt deutsche Regel zum Familiennachzug und stärkt Rechte minderjähriger Flüchtlinge

Europäischer Gerichtshof in Luxemburg (Symbolbild)


Foto: Arne Immanuel Bänsch / dpa

Deutschland hat mit seinen Regeln zum Nachzug von Familienangehörigen von Flüchtlingen gegen EU-Recht verstoßen. Der Familiennachzug dürfe nicht deshalb verwehrt werden, weil ein minderjähriges Kind während eines laufenden Verfahrens volljährig geworden sei, urteilten  die Richter am Europäischen Gerichtshof.

Hintergrund sind zwei Fälle, in denen deutsche Behörden Syrern die Zusammenführung mit ihren Familien beziehungsweise den Nachzug zu Familienangehörigen verweigert hatten, weil die Betroffenen im Laufe der Verfahren volljährig geworden waren. In einem Verfahren hatten Eltern aus Syrien Visa zur Familienzusammenführung mit ihrem in Deutschland als Flüchtling anerkannten, minderjährigen Sohn beantragt. In einem anderen wollte eine minderjährige Syrerin zu ihrem in Deutschland als Flüchtling anerkannten Vater.

Deutsches Vorgehen laut EuGH nicht mit Grundrechte-Charta vereinbar

Ein Verwaltungsgericht verpflichtete die deutschen Behörden zwar dazu, den Betroffenen Visa zur Familienzusammenführung zu erteilen. Doch die Bundesrepublik legte Revision am Bundesverwaltungsgericht ein, das den EuGH anrief. Der bekräftigte mit dem Urteil vom Montag einen vorherigen Richterspruch des obersten Gerichts der EU.

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Ziel der maßgeblichen EU-Regeln sei, die Familienzusammenführung zu begünstigen und insbesondere Minderjährigen Schutz zu gewähren, hieß es. Das deutsche Vorgehen sei weder mit diesen Zielen noch mit den Anforderungen der Grundrechte-Charta vereinbar (Rechtssachen C-273/20, C-355/20, C-279/20).

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sprach von einer »guten Nachricht für zerrissene Familien«. Dies bedeute für Deutschland eine »180-Grad-Wende«.

EuGH stärkt Rechte minderjähriger Flüchtlinge allgemein

In einem weiteren Urteil  stärkte der Europäische Gerichtshof die Rechte minderjähriger Geflüchteter, die in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz stellen. Demnach darf es bei einem Antrag keine Rolle spielen, ob den Eltern des Minderjährigen zuvor bereits in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz zuerkannt worden ist (Rechtssache C-720/20). Voraussetzung ist allerdings, dass der Minderjährige zuvor nicht schon in einem anderen Land schriftlich um Schutz gebeten hat. Zudem darf kein anderer EU-Staat nach EU-Recht für das Prüfverfahren zuständig sein.

Hintergrund des Richterspruchs ist der Fall einer russischen Minderjährigen, deren Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland abgelehnt wurde, weil ihre Familie bereits in Polen den Schutzstatus bekommen hatte. Nach Ansicht Deutschlands waren die polnischen Behörden für die Prüfung ihres Antrages zuständig. Der Fall wird nun weiter vor dem Verwaltungsgericht Cottbus verhandelt.


fek/dpa

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