Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) schließt einen sogenannten Streckbetrieb von Atomkraftwerken in Deutschland über das Jahresende hinaus nicht aus.
Grob vereinfacht bedeutet dies, den Reaktor über das natürliche Zyklusleben der Brennstäbe hinaus am Laufen zu halten. Dabei verliert der Reaktorblock mit jedem Tag einen kleinen Teil seiner Leistung.
Auf die Frage, ob die Grünen einen Streckbetrieb der Meiler zulassen würden, sagte sie am Sonntagabend in der ARD-Sendung »Anne Will«: »Wenn es dazu kommt, dass wir eine wirkliche Notsituation haben, dass Krankenhäuser nicht mehr arbeiten können, wenn eine solche Notsituation eintritt, dann müssen wir darüber reden, was mit den Brennstäben ist.«
Zugleich machte sie klar: »Eine Laufzeitverlängerung wird es nicht geben.« Es gebe aber ein »Sonderproblem« in Bayern. Die Frage sei, wie man damit umgehe. »Dieses Sonderproblem kann heißen, dass diese Brennstäbe nur ausgebrannt werden müssen, damit man in Bayern über die Runden kommt.« Aber »über die Runden kommen« heiße nicht, dass man so weitermachen könne wie in der Vergangenheit, betonte sie.
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In Bayern wird befürchtet, dass dort die Elektrizitätsversorgung bei einer Gasnotlage ohne Atomkraft nicht gesichert sein könnte . Die drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke Neckarwestheim 2, Emsland und Isar 2 müssen nach geltendem Recht spätestens am 31. Dezember abgeschaltet werden.
Ein Streckbetrieb gilt als nicht einfach: Die Bundesministerien für Umwelt und Wirtschaft waren in einer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die drei Meiler mit den vorhandenen Brennstäben nach dem 31. Dezember nur dann weiterlaufen könnten, wenn ihre Stromerzeugung vorher gedrosselt würde.
Göring-Eckardt verwies darauf, dass Deutschland im Moment Strom nach Frankreich exportiere. Dort könnten die Atomkraftwerke nicht mehr arbeiten, weil sie nicht heruntergekühlt werden könnten. »Die Atomkraft, das muss man einfach noch mal klar sagen, ist eine wahnsinnig gefährliche Technologie in unterschiedlicher Weise.«
Brantner: Situation in Frankreich mitbedenken
Auch SPD-Chefin Saskia Esken zeigt sich offen für eine Verzögerung des Ausstiegs aus der Atomenergie. Im ZDF-Morgenmagazin sagt sie zu einer möglichen Verlängerung der AKW-Laufzeiten: »Wir sind an der Stelle nicht ideologisch unterwegs.« Die Bundesregierung prüfe derzeit die Optionen.
Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), sagte am Sonntagabend in der ARD-»Tagesschau«: »Wir werden bei dem jetzt ja stattfindenden Stresstest natürlich auch berücksichtigen, in welcher schwierigen Lage Frankreich gerade ist, weil eben dort sehr, sehr viele Atomkraftwerke nicht laufen. Das werden wir bei uns mit einbeziehen, damit wir im Zweifel auch solidarisch sein können.«
Die drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke haben an der Nettostromerzeugung in Deutschland im laufenden Jahr einen Anteil von rund sechs Prozent. Mit Erdgas wurden bisher etwa zehn Prozent des Stroms erzeugt. Zuletzt wurden deshalb Rufe nach einer längeren Nutzung in Deutschland produzierter Atomenergie für die Stromerzeugung lauter, als Ausgleich für fehlende Gaslieferungen aus Russland.