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News: Olaf Scholz, Urlaub, Corona-Pandemie, Kanzleramt

Ein Kanzler auf Wanderschaft

Haben Sie sich in den vergangenen Tagen mal gefragt, was eigentlich der Kanzler gerade so macht? Er macht Urlaub. Im Allgäu. Das Allgäu muss sehr schön sein, meine Nachbarn sind auch gerade dort, weshalb ich täglich ihre Blumen gießen muss und mich frage, wie viele Blumen ein einzelnes Paar eigentlich besitzen kann. Aber darum geht es hier ja nicht. Sondern um Olaf Scholz und seinen Urlaub.

Was macht Scholz im Allgäu? Er wandert, unter anderem. Das weiß ich, weil ich gestern oder vorgestern ein Video dazu gesehen habe, ein Kamerateam hatte ihn abgefangen, ein Reporter stellte ihm Fragen von der Art, wie denn der Urlaub sei. Scholz wahrte zwar die Fassung und grüßte sogar höflich, teilte dann aber recht schnell mit, dass er jetzt gern allein weiterwandern würde. Ich finde, er hat dazu jedes Recht.

Idylle ohne Kanzler: So schön ist es im Allgäu

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Foto: Karl-Josef Hildenbrand/ dpa

Natürlich kann man argumentieren, dass ein Bundeskanzler irgendwie immer im Dienst ist, zumal wenn in Europa Krieg herrscht, dem Land das Gas und vielen Menschen das Geld auszugehen droht. Aber auch ein Bundeskanzler hat das Recht, dass ihm mal ein paar Tage lang kein Mikrofon vors Gesicht gehalten wird, vor allem nicht leicht angeschwitzt und in der Montur vom letzten »Globetrotter«-Einkauf. Ein Kanzler mag nie so ganz privat sein, trotzdem hat er das Recht auf etwas Privatsphäre.

Zumal man sich bei Scholz darauf verlassen kann, dass er die Dienstgeschäfte sowieso mit in den Urlaub nimmt. Es gibt und gab Politiker, bei denen man sich da nicht ganz so sicher sein konnte. Hannelore Kraft etwa, die damalige nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin, spannte vor Jahren auf einem Hausboot in Brandenburg aus, während in ihrem Bundesland, in Münster, ein schweres Unwetter tobte, bei dem zwei Menschen starben. Doch die Sozialdemokratin blieb, wo sie war, was sie hinterher damit erklärte, dass sie auf dem Hausboot eine Woche ohne Handyempfang gewesen sei. Ihr Nachfolger Armin Laschet von der CDU war Jahre zuvor übrigens mal im Urlaub telefonierend in den Pool gefallen. Er hatte dann auch erst mal keinen Empfang mehr.

Solche Sachen sind von Scholz eher nicht zu erwarten, ihm wäre eher zuzutrauen, dass er neben Müsliriegel und Wasserflasche auch noch ein, zwei Akten in seinem Wanderrucksack herumträgt. In diesem Sinn: Schönen Urlaub!

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

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Die sehr persönliche Inzidenz

Eine ganze Zeit lang war das Erste, was ich morgens gelesen habe, der Überblick über die neuesten Coronazahlen: Inzidenz, R-Wert, Neuinfektionen und eben leider auch Tote, das tägliche Datenpaket zur Pandemie, so kompakt und handlich, dass die Schicksale dahinter unkenntlich waren. Bei der Lektüre stellte sich entweder ein Gefühl von Bedrohung oder von Erleichterung ein, je nachdem, an welchem Punkt der jeweiligen Welle wir uns befanden, ob die Kurven gerade sanken oder mal wieder stiegen. Gestern Morgen habe ich festgestellt: Ich mache das nicht mehr, seit einiger Zeit schon nicht.

Das liegt zum einen daran, dass ich einfach müde bin, weil diese Pandemie nicht endet, weil es einfach immer weitergeht. Ich hatte beim Sport mal einen Trainer, der immer dann, wenn man so viele Liegestützen gemacht oder Runden gelaufen war, wie er angesetzt hatte, noch mal zehn Liegestützen oder eine Runde draufpackte. Irgendwann hatten die ersten keine Lust mehr und sind gegangen. So fühlt sich das jetzt auch an, nur dass man so eine Pandemie nicht einfach stehenlassen und weggehen kann. Aber Zahlen ignorieren, das kann man. Tut ganz gut, zumindest frühmorgens (auch wenn es, das ist mir klar, ungefähr so reif ist wie ein Kind, das sich die Augen zuhält und glaubt, dann würde es niemand mehr sehen).


FFP2-Maske am Boden: Es wird wohl noch eine Weile weitergehen

FFP2-Maske am Boden: Es wird wohl noch eine Weile weitergehen


Foto: Armin Weigel / picture alliance/dpa

Zum anderen muss ich bekennen, dass ich den Zahlen auch nicht mehr so richtig traue. Ich weiß schon, es ist schwierig, mit gefühlten Wahrheiten zu argumentieren. Aber ich kenne mittlerweile einfach viele Leute, die nach einem positiven Schnelltest gar keinen PCR-Test mehr gemacht, sondern sich in aller Stille ein paar Tage isoliert haben, bis es vorbei war. Zugleich sind oder waren gerade um mich herum in den vergangenen Tagen und Wochen derart viele Leute krank wie noch nie in den vergangenen zweieinhalb Jahren – während die Inzidenz zwar hoch, aber eben auch nicht rekordverdächtig hoch ist.

Woher ich das weiß? Weil ich eben zum ersten Mal seit längerer Zeit bewusst die Coronazahlen nachgelesen habe. Ich mache das jetzt wieder regelmäßig, versprochen. Hilft ja nichts, das Ganze wird wohl noch eine Weile weitergehen. Gleich heute Morgen fange ich an.

Termin mit einem alten Bekannten

Heute Nachmittag, kurz bevor das Wochenende beginnt, habe ich noch einen Termin im Kanzleramt. Nicht mit dem Kanzler, der ist ja, wie aufmerksame Leserinnen und Leser hoffentlich noch wissen, im Urlaub. Aber der Chef des Kanzleramts ist da und hält die Stellung, Wolfgang Schmidt heißt der Mann. Ich freue mich auf den Termin.

Schmidt kenne ich seit vielen Jahren, er ist ein kluger, meist anregender Gesprächspartner, trotzdem sind Gespräche mit ihm von einem bestimmten Punkt an etwas anstrengend. Schmidt findet nämlich grundsätzlich so ziemlich alles toll, richtig und vorausschauend, was Olaf Scholz sagt und tut (zumindest erweckt er nach außen den Eindruck). Ich sehe das meist etwas anders oder zumindest differenzierter, deshalb kommen wir seit Jahren nicht so richtig auf einen Nenner. Ich erinnere mich noch, wie wir uns am Wahlabend 2017 im Willy-Brandt-Haus begegneten und uns dort eine etwas lautstärkere Diskussion über die Medien, den Wahlkampf und das große Ganze lieferten. Trotzdem reden wir immer noch miteinander und das eigentlich sogar ganz gern.


Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (r.), Kabinettsmitglieder

Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (r.), Kabinettsmitglieder


Foto:

JOERG CARSTENSEN / POOL / EPA


Ich erzähle das, weil ich glaube, dass vielen Menschen nicht so richtig klar ist, wie wir Journalisten hier in Berlin arbeiten, wie wir unsere Informationen gewinnen, uns die Basis schaffen, auf der wir Beiträge verfassen und uns eine Meinung bilden. Wir tun das unter anderem durch Gespräche wie mit Schmidt, man nennt sie Hintergrundgespräche. Aus solchen Gesprächen wird üblicherweise nicht oder nur nach Absprache zitiert, was aber, anders als uns manchmal unterstellt wird, keineswegs bedeutet, dass wir mit Politikerinnen und Politikern kungeln und konspirativ die Köpfe zusammenstecken würden – sondern dass wir uns verschiedene Perspektiven anhören, um dann unsere eigene zu entwickeln.

Ich werde also heute Nachmittag nicht aus dem Kanzleramt marschieren und die Straße des 17. Juni mit Olaf-Scholz-Plakaten vollkleben. Aber vielleicht werde ich ein, zwei Gedanken gehört haben, über die es sich mal nachzudenken lohnt. Oder ich habe etwas erfahren, was ich noch nicht wusste. Dann hätte der Termin sich schon gelohnt.

Kreatives Hungern

Ich mag die Musik von Jack White. Falls der Name Ihnen nichts sagt: Jack White hatte mal eine ziemlich bekannte Band namens »The White Stripes«. Falls Ihnen auch das nichts sagt, würde ich Ihnen umso mehr das Interview ans Herz legen, das mein Kollege Andreas Borcholte mit White geführt hat. Der Mann hat einiges zu sagen.


Hungerkünstler: Jack White in Aktion

Hungerkünstler: Jack White in Aktion


Foto: Marta Perez / EPA

White gilt in mancherlei Hinsicht als etwas exzentrisch. Er mag es analog statt digital, hält im Streaming-Zeitalter die gute alte Vinylplatte hoch und hat meinem Kollegen unter anderem erzählt, dass er nach wie vor kein Smartphone besitzt. »Aber es ist ziemlich schwer geworden, ohne auszukommen, besonders auf dieser Tour durch Europa im Moment«, sagt White. »Seit der Pandemie muss man im Restaurant einen QR-Code scannen lassen, ich kann mit meinen Kindern nicht ordentlich kommunizieren. Es ist mir fast unmöglich, so meine Geschäfte zu führen.«

Kann ich mir vorstellen. Was ich mir nicht so gut vorstellen kann: fünf Tage lang zu fasten, wie es White getan hat, bevor er die Songs für sein neues Album »Entering Heaven Alive« schrieb. »Nach drei Tagen Fasten habe ich einen Energieschub bekommen, den ich zum Songschreiben nutzen konnte«, erzählt er. »Es war, als ob da etwas ganz Neues aus mir herauskommt.«

Vielleicht sollte ich das vor der nächsten »Lage« doch mal ausprobieren. Aber die steht schon morgen an.

Hier geht’s zum aktuellen Tagesquiz

Die Startfrage heute: Wie heißt die Begründerin der #MeToo-Bewegung?

Gewinner des Tages…


Pool des sanierten Kanzlerbungalows in Bonn: Beheizt oder nicht beheizt?

Pool des sanierten Kanzlerbungalows in Bonn: Beheizt oder nicht beheizt?


Foto: ROBERTO PFEIL/ AP

sind die Deutschen, die einen eigenen Pool besitzen. Zwar hat Wirtschaftsminister Robert Habeck gerade angekündigt, dass private Pools künftig nicht mehr mit Gas beheizt werden dürfen, weil Gas bekanntermaßen gerade eher knapp ist. Zugleich wiegelte Habeck ab, bevor es zur Revolte wegen sozialer Kälte kommen konnte: Er denke nicht, »dass die Polizei alle Poolbesitzer aufsuchen wird und guckt, ob die Pools warm sind«, sagte er. Kollektives Aufatmen von München-Bogenhausen bis Berlin-Grunewald.

Ganz unabhängig davon finde ich, dass, wer einen Pool sein oder ihr Eigen nennt, sich grundsätzlich zu den Gewinnern zählen darf. Selbst, wenn das Wasser mal kalt bleibt. Eisbaden soll ja gesund sein.


Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • »Er hat gelogen. Er hat schikaniert. Er hat seinen Eid verraten.« Der Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Attacke fordert harte Konsequenzen für Ex-Präsident Donald Trump und dessen Helfer. Außerdem berichtete ein Zeuge über die Todesangst von Mike Pences Sicherheitsleuten.

  • DFB-Team nach Sieg gegen Österreich im Halbfinale: Die deutschen Fußballerinnen stehen im EM-Halbfinale. Lina Magull traf zur Führung, die DFB-Auswahl überstand drei österreichische Alu-Treffer – und nutzte dann einen Torwartfehler.

  • 18 Menschen bei Polizeieinsatz in Rio getötet: Fast 400 Beamte waren in einem Armenviertel der brasilianischen Millionenstadt Rio de Janeiro im Einsatz, um gegen eine kriminelle Diebesbande vorzugehen. Dabei starben mindestens 18 Menschen.

  • Zweiter Ex-Polizist im Fall George Floyd zu Haftstrafe verurteilt: Dass Thomas Lane schuldig ist, stand schon fest. Nun wurde das Strafmaß im zweiten Prozess zum Tod von George Floyd verkündet: Der Ex-Polizist muss ins Gefängnis – aber deutlich kürzer als Kollege Derek Chauvin.

  • Es ist eine historische Wahl für Indien: Erstmals übernimmt mit Droupadi Murmu eine Vertreterin einer indigenen Minderheit die Staatsspitze. Premierminister Modi spricht von einem »Hoffnungsstrahl«.

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • Dieter Wedel ist tot, #MeToo lebt: In dieser Woche sollte die Entscheidung fallen, ob Regisseur Dieter Wedel wegen Vergewaltigung der Prozess gemacht wird. Nach seinem Tod ist das hinfällig. Ist das eine Niederlage für die #MeToo-Bewegung ?

  • Aufwachen mit Layla: Sommer ist die Zeit der Volks- und Schützenfeste. In meinem Heimatdorf wollte ich den Kindern zeigen, wie schön Brauchtum sein kann. Dann kam Layla (und es wurde geiler) .

  • Warum wir eine Erinnerung positiv sehen – oder negativ: In unserem Gedächtnis tummeln sich schlimme Erfahrungen neben schönen. Doch was entscheidet darüber, in welchem Speicher sie landen? Forscher haben nun eine Antwort gefunden. 

  • Tschüss, Uwe: Bodenständig, ehrlich, treu: Uwe Seeler verkörperte all das, was an Werten im Sport gepredigt wird. Einer wie er ist heute im Fußball kaum noch vorstellbar .

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Christoph Hickmann

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