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News des Tages: Nato, G7-Gipfel in Elmau, Russland, Top Gun

1. Cruise & Missiles

Die Achtziger sind wieder da, modisch schon längst, aber auch im Kino: Die »Top Gun«-Fortsetzung von und mit Tom Cruise hat mehr als eine Milliarde Dollar eingespielt. Die Fortsetzung des Achtzigerjahre-Klassikers ist erst der zweite Film, dem das seit Beginn der Pandemie gelingt (der andere ist »Spider-Man: No Way Home« mit 1,9 Milliarden Dollar). Und das, obwohl »Top Gun: Maverick« in China und Russland nicht läuft, zwei wichtigen Filmmärkten.

Beim Blick in die Schlagzeilen erhärtet sich der Eindruck, dass das Eighties-Comeback auch fürs Militärische gilt: Die Nato will ihre sogenannten schnellen Eingreifkräfte drastisch aufstocken. Die »Nato Response Force« soll von rund 40.000 Soldatinnen und Soldaten auf 300.000 wachsen. Das werde »die größte Generalüberholung seit dem Ende des Kalten Krieges«, wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg heute sagte. Diese Woche treffen sich Vertreter und Vertreterinnen der 30 Nato-Staaten in Madrid.

Der geplante Umbau ist Teil eines neuen Streitkräfte-Modells für das gesamte Bündnisgebiet. Dieses sieht mehr Kräfte in hoher Bereitschaft vor. Zudem sollen Kräfte auch bestimmten Gebieten zugeordnet werden. Damit könnten deutsche Soldaten etwa fest dafür eingeplant werden, litauische Truppen im Fall eines russischen Angriffs zu unterstützen. (Mehr zu den größten Problemen der Nato lesen Sie hier. )

Bei der Rekrutierung könnten mittelbar Filme wie »Top Gun« helfen. Als das Original von 1986 Tom Cruise zum Superstar machte, bekamen die US-Streitkräfte nach eigenen Angaben fünfmal mehr Bewerbungen für die Ausbildung zum Jetpiloten. Jetzt schaltet das Militär offenbar Kinowerbung, die vor dem Film läuft.

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Aber wie hat Cruise selbst in einem Interview von 1990 gesagt: »Ich möchte, dass die Kids wissen, dass echter Krieg nicht so aussieht wie in diesem Film. Der ist eine Achterbahnfahrt, nicht die Darstellung von Realität.«

2. Die Welt zu Gast in Elmau

Die schönste Titelseite zum G7-Treffen in Elmau kommt heute, wie so oft, von den Kolleginnen und Kollegen der »taz«: Ein Foto zeigt Joe Biden auf dem Münchner Flughafen Franz Josef Strauß, wie er neben Markus Söder steht und die Männer und Frauen vom Empfangskomitee bestaunt – sie tragen bayerische Tracht, weiße Federn in den Hüten. Dazu die Schlagzeile »Endlich indigene Völker beim G7-Gipfel«.

Während Biden die Begrüßung mit staatsmännischem Gleichmut hinnahm, bemühte sich der heute angereiste Premierminister Indiens, Narendra Damodardas Modi, mitzuklatschen, als die Kapelle spielte. (Hier mehr zum Gaudi-7.)

Modi ist der »Mann des Tages«, berichtet mein Kollege Jan Friedmann. »In den Minuten vor und nach dem Fototermin im Innenhof von Schloss Elmau kann sich Narendra Modi vor Zuneigung kaum retten«, schreibt Jan. »Vom Kanadier Justin Trudeau bekommt er High Five, Joe Biden schüttelt ihm ausführlich die Hand. Auf dem Weg zum Mittagessen legt ihm Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Arm auf den Rücken, vertieft ins Zwiegespräch.«

Die Botschaft an die Welt am zweiten Tag des Gipfels: Die G7 schotten sich nicht ab, sie suchen nach Verbündeten im Rest der Welt. Fünf Gastländer und deren Regierungschefs sind eingeladen, mit den sieben führenden Wirtschaftsmächten zu tagen: Neben Indien sind dies Indonesien, Südafrika, Senegal und Argentinien. Das Besondere an diesem »Outreach«, wie der Programmpunkt im Gipfel-Jargon heißt: Drei der fünf Gastländer mochten sich im März nicht dazu durchringen, in der Uno-Vollversammlung Russlands Angriffskrieg zu verurteilen, unter anderem das mächtige Indien enthielt sich.

»So hängt das Hofieren von Modi untrennbar mit dem Auftritt des anderen externen Stargastes zusammen«, berichtet Jan. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war der Siebener-Runde am Vormittag Runde per Video zugeschaltet.

»Die führenden Wirtschaftsnationen stellen sich auf einen längeren Konflikt mit Russland ein«, sagt Jan. »Dafür suchen sie Alliierte.«

Und hier weitere Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine:

  • In Krementschuk ist eine russische Rakete in ein Einkaufszentrum eingeschlagen, Videos zeigen hohe Stichflammen und dicke Rauchschwaden. Präsident Selenskyj spricht von mehr als tausend Personen, die vor dem Angriff im Gebäude waren.

  • »Ich bin der festen Überzeugung, dass Präsident Putin diesen Krieg schon nicht mehr gewinnen kann«: Laut der EU-Kommissionspräsidentin muss Russland in der Ukraine eine »strategische Niederlage« erleiden. Zudem spricht sich Ursula von der Leyen dafür aus, Wladimir Putin »ins Gesicht zu sagen, was wir von ihm halten«.

  • »Wenn es ukrainische Soldaten wären, hätte ich natürlich einen Kloß im Hals«: Die russische Armee hat hohe Verluste, selbst Monate nach Gefechten werden noch Gefallene gefunden. Was passiert mit ihnen? Unterwegs mit denen, die tote Feinde bergen .

  • Hier finden Sie alle aktuellen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine: Das News-Update

3. Schrödingers Staatsfinanzen, Putins Nutzen

Nachrichtenagenturen wie Bloomberg und Reuters melden: Russland ist zahlungsunfähig, Gläubiger bekommen ihr Geld nicht, unter anderem Investoren aus Taiwan. Der Kreml widerspricht: Russland habe bezahlt – wenn das Geld wegen der Sanktionen nicht ankomme, sei das »nicht unser Problem«. Schwimmt Russland also im Geld und gilt zugleich als pleite? Herrscht Schrödingers Quantenmechanik über Putins Finanzen?

Offenbar ist das tatsächlich Ansichtssache. »Denn ein internationales Insolvenzgericht, das Staaten offiziell für zahlungsunfähig erklärt, gibt es nicht«, erklären meine Kollegen Michael Brächer und Tim Bartz aus unserem Wirtschaftsressort. Putin und seinen Leuten kann die tatsächliche oder behauptete Zahlungsunfähigkeit vorerst wohl eh egal sein. »Angesichts der Reserven und der Einnahmen aus dem Energiegeschäft ist Russland – nach heutigem Stand – kaum auf ausländische Gläubiger angewiesen«, berichten Michael und Tim. »Eines Tages könnte sich die Lage ändern, falls es dem Westen gelingt, sich komplett unabhängig von russischem Gas und Öl zu machen.«

Mir kommt Russlands Argumentation vor wie die eines Gewaltverbrechers, der sich darüber beschwert, dass er mit Handschellen gefesselt sei und deshalb nicht an seine Geldbörse komme.

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Was heute sonst noch wichtig ist

  • Katholische Kirche meldet so viele Austritte wie nie: Die Gläubigen laufen zu Hunderttausenden davon: Die katholische Kirche verzeichnet für das vergangene Jahr knapp 360.000 Austritte. Die Reaktionen? »Zutiefst erschüttert«, »sehr schmerzhaft«, »nicht zu beschönigen«.

  • Oma und Opa bleiben wichtig – trotz Kita-Ausbau: Sie übernehmen die Randzeiten oder springen im Notfall ein: Laut einer Studie wird jedes zweite Kind von Großeltern mitbetreut. Eltern wünschen sich noch mehr Hilfe – für manche Kinder wäre das wohl zu viel.

  • »Medizinische Abfälle in beispiellosem Ausmaß«: 68.500 Tonnen medizinischer Müll innerhalb einiger Wochen allein in Shanghai: In wohl keinem Land der Welt fällt so viel Abfall durch die Coronapandemie an wie in China. Nun warnen Forscher vor den Folgen.

Mein Lieblingsinterview heute: All the News…

Es macht keine gute Laune, was der neue »New York Times«-Chefredakteur Joe Kahn meinen Kollegen Roland Nelles und Marc Pitzke im Interview sagt. Unbedingt lesenswert ist es trotzdem. Demnach fürchtet Kahn um die politische Stabilität der USA. »Ich sorge mich ziemlich um unsere Demokratie«, sagt Kahn. Als die größten Gefahren nennt er Ex-Präsident Donald Trump und die Republikaner, die mit Lügen und gezielter Desinformation versuchten, die Integrität künftiger US-Wahlen »zu untergraben«.

Im Gespräch mit Marc und Roland kritisiert Kahn die vermeintlich konservativen Medien Amerikas, allen voran den TV-Kabelsender Fox News. »In den USA hatten wir mal offene und professionelle Medien auf beiden Seiten des politischen Spektrums«, sagte er. »Was wir nun erleben, vor allem auf der rechten Seite, ist ein eher parteipolitischer, propagandistischer Umgang mit Nachrichten.« Das könnte dazu führen, »dass bei der US-Präsidentschaftswahl 2024 ein Kandidat, der nicht rechtmäßig gewählt wurde, trotzdem den Sieg für sich beansprucht«.

Ach doch, eine Sache macht gute Laune in dem Interview, jedenfalls uns Journalistinnen und Journalisten: Es geht um Digitalabos.

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen

  • Der Politrentner, der sein widerspenstiges Land retten soll: »Ich bin nur ein Opa im Dienst der Institutionen«, so beschreibt sich Mario Draghi selbst. In Europa ist er ein Star – doch zu Hause muss er um Reformen kämpfen. Warum tut er sich das an? 

  • Was wir an der Globalisierung vermissen werden: Die Welt wird nicht mehr durch ungezügelte Märkte, sondern durch größenwahnsinnige Potentaten bedroht. Beim G7-Gipfel sollten die Europäer darauf dringen, dass zumindest etwas vom alten Geist zurückkehrt .

  • Die Atomfrage, die sich wirklich stellt: Union und FDP fordern, Kernkraftwerke länger am Netz zu lassen – dabei löst die Technologie weder das akute Gasproblem noch kann sie Deutschland schnell genug emissionsfrei machen. Trotzdem gäbe es eine Idee, die man diskutieren könnte .

  • Die Fynnmanzipation: Das Heimwerker-Xanadu will zeigen, dass es nicht mehr viel mit seinem Gründer zu tun hat. Warum eigentlich? Bei den Fans herrscht jedenfalls eine »Jeder macht doch mal Fehler«-Gleichmütigkeit vor – allerdings nicht bei allen .


Was heute weniger wichtig ist


Foto: Johannes Simon / Getty Images

BarOn Air: Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, 50, steht bei RTL unter Vertrag, hieß es in einer Mitteilung des Privatsenders. Er werde »als Moderator und Interviewer durch zwei 90-minütige Docutainment-Sendungen führen«, die auf dem Streamingdienst RTL+ zu sehen sein werden. Die, gnihi, Titel wurden noch nicht bekannt.

Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: »Doch ist es so verwerflich, wenn sich junge Menschen nach einem Studium erst einmal ausprobieren, um herauszufinden, was ihnen im Beruf wichtig ist und in welchem Arbeitsumfeld sie sich richtig entfallen können?«

Cartoon des Tages: Trostvariationen




llustration: Thomas Plaßmann

Und heute Abend?




Foto:

Paramount Pictures


Könnten Sie einer Empfehlung meines Schwiegervaters folgen und, wenn Sie es nicht eh schon getan haben, die oben erwähnte »Top Gun«-Fortsetzung im Kino angucken – die Story sei ernster, aber besser als die des ersten Teils. Und falls Sie von Corona-Sorgen geplagt werden: Machen Sie es wie mein Schwiegervater und gehen Sie antizyklisch ins Kino – am frühen Nachmittag, wenn andere bei 28 Grad am See liegen. (Eine ausführlichere Rezension finden Sie hier. )

Dabei fällt mir ein, was »Star Trek« und »Top Gun« gemeinsam haben: Es gibt zwei Pilotfilme.

Ihnen einen schönen Abend. Herzlich
Ihr Oliver Trenkamp

Hier können Sie die »Lage am Abend« per Mail bestellen.

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