Bundesparteitag: >>Die AfD wird sich immer treuer<< //
Es sollte ein Parteitag des Aufbruchs und der Einigkeit werden – eigentlich. Die AfD hat am Wochenende im sachsischen Riesa einen neuen Bundesvorstand gewahlt. Ehemaliger und neuer Parteichef ist Tino Chrupalla. Neu an seiner Seite: Alice Weidel. Ein deutlicher Schritt weg vom fruheren Parteichef Jorg Meuthen, der die AfD im Januar verlassen hatte.
Alice Weidel, AfD-Bundesvorsitzende
>>Der letzte Bundesvorstand ist mit Abstand der unerfahrenste gewesen, der unpolitischste. Und schlechter konnte man das alles gar nicht mehr machen.<<
Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender
>>Heute beginnt der Aufbruch. Ich schaue nicht mehr zuruck, was gewesen ist, was war. Die Ara Meuthen ist mit dem heutigen Tag auch beendet.<<
Tino Chrupalla hatte im Vorfeld eine Liste vorgestellt mit Wunschkandidatinnen und -kandidaten fur den Bundesvorstand.
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL
>>Die hat er dann auch zu grossen Teilen durchbekommen. Also neun von 14 Posten sind von dieser Liste besetzt, mit ihm selbst. Und dann wurden aber tatsachlich noch Leute aufgestellt, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hatte. Und dabei eben auch zwei explizite Hocke-Leute. Und es waren auf Chrupallas Liste schon Hocke-Leute. Das heisst, es sind jetzt sehr viele Hocke-Leute in diesen Vorstand. Die Stimmung Samstagabend war trotzdem sehr gut, weil man das Gefuhl hatte, da ist jetzt ein Vorstand, der gut zusammenarbeiten kann, weil man eben ideologisch sehr nah beieinander ist und da eben keine Leute sind aus dem alten Meuthen-Lager, die da immer fur Arger gesorgt haben, weil sie eben gegen die anderen opponiert haben.<<
Die demonstrative Einigkeit der ersten beiden Tage hatte nicht lange Bestand.
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL
>>Am dritten Tag ging es das erste Mal eigentlich so richtig um Inhalte, und schon bei der ersten Resolution war dann totales Chaos. Also es gab wirklich inhaltliche Kampfe rund um eine Resolution zum Thema Europa, die massgeblich Bjorn Hocke mitgeschrieben hat.<<
>>Also in der Resolution ging es darum, dass man die Europaische Union, einfach komplett auflosen will und nur in sehr wenigen Punkten zusammenarbeiten will, namlich ein paar der Staaten sozusagen bei wirtschaftlichen Dingen, ansonsten aber eigentlich nur in einem Bereich. Und da muss man nicht lange raten, was das bei der AfD sein konnte: Sie wollen eine neue Festung Europa und eben physische Barrieren, also Mauern, Zaune oder ahnliches bauen. Und diese Resolution war durchsetzt mit typischer Hocke-Sprache, rassistischen Anleihen, sogar antisemitische Codes waren dabei.<<
Bjorn Hocke, AfD-Landesvorsitzender Thuringen
>>Gender Mainstreaming, Multikulturalisierung, Posthumanismus, das sind Ansatze der Dekadenz, ich muss es so deutlich ausdrucken, die wir ablehnen.<<
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL
>>Das erste, was an dieser Resolution kritisiert wurde, war die Sprache, die vielen nicht gefiel oder zu sehr Worter hatte, die eben aus einer Hocke-Ecke kommen.<<
O-Tone Redner
>>Schon der erste Absatz zeigt, dass dieser Antrag im Duktus vollig inakzeptabel ist. Die vorletzte Forderung ist ein Ausgleich mit Russland. Und in diesem ganzen Antrag auf mehreren Seiten fallt nicht einmal die Vokabel >Krieg<.<<
>>Der Gegensatz zwischen Globalisten und Nationalstaaten, das ist der Weltkampf, in dem wir stehen. Und das wird hier klar und deutlich benannt. Klarer geht es nicht mehr.<<
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL
>>Da wurde es auch richtig laut und richtig gemein und es gab hohnisches Gelachter. Und das wurde dann eine Debatte, die wirklich wahnsinnig lang war. 2:20 Stunden, bis man dann entschieden hat, man will es jetzt doch nicht entscheiden am Ende.<<
O-Ton Redner
>>Ich beantrage eine einstundige Pause fur diesen Parteitag. Vielleicht kann dann der eine oder andere Mal an die frische Luft gehen, daruber nachdenken, ob das jetzt sinnvoll ist, hier so weiter zu verfahren.<<
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL
>>Also das Interessante war, dass in der Debatte auch mehrfach gesagt wurde: Wir zerstoren uns hier schon wieder selber, wir schiessen den neuen Vorstand an, die Medienvertreter sind doch noch da, wir konnen uns doch jetzt hier nicht so blamieren. Einer sagte glaube ich so was wie: Wenn die Medien jetzt schon wieder schreiben, dass wir uns streiten, konnen wir uns nicht beschweren. Und am Ende hat eben nur ein von Chrupalla und ich glaube auch Herrn Gauland dafur gesorgt, dass es eben beendet wurde.<<
Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender
>>Und ich mochte keine Resolution hier verabschiedet wissen, die mit 55 % durchgeht.<<
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL
>>Es gab dann auch erst Protest, aber am Ende hat er sich damit durchgesetzt.<<
Tino Chrupalla
>>Dass wir diese Resolution noch mal zuruck in den Bundesvorstand geben.<<
Als Gewinner des Parteitags kann sich trotz aller Querelen der rechtsradikale Thuringer Landeschef Bjorn Hocke sehen.
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL
>>Also mein Eindruck ist, dass Bjorn Hocke vor dem Parteitag nicht ganz zufrieden damit war, dass er nicht ganz so eng eingebunden war in diese Neuaufstellung und dass er deswegen nun zeigen wollte, wie viel Macht inzwischen zwischen der Partei hat. Er hat jetzt die Dinge, die er immer als Grundbedingungen definiert hat, namlich dass es eine Einer-Spitze geben kann, hat er durchgesetzt. Und man hat schon den Eindruck, dass er versucht zu zeigen, dass er der Mann der Basis ist, der wahren AfD sozusagen, und dass er eventuell oder fast schon wahrscheinlich in zwei Jahren kandidieren durfte. Also er hat sich da wirklich inszeniert als derjenige, der die Ur-AfD vertritt. Bjorn Hocke hat auch auf dem Parteitag sehr deutlich gesagt, dass er auf ein Urteil des Verfassungsschutzes nichts mehr gibt.<<
Bjorn Hocke, AfD-Landesvorsitzender Thuringen
>>Deswegen bestimmen wir qua unserer eigenen Kraft, unseres eigenen Selbstbewusstseins, unseres eigenen Willens, wer extremistisch ist und von wem wir uns abgrenzen.<<
Ann-Katrin Muller, DER SPIEGEL
>>Also die AfD wird sich meines Erachtens immer treuer und sie wird jetzt noch mehr versuchen, eben die Partei der Strasse zu sein. Also eine Bewegungspartei, die eben diese ganzen Proteste, sei es fruher gegen Migration, jetzt gegen Corona, eben fur sich vereinnahmt. Aber sie ist vor allen Dingen jetzt einfach die Partei, die den Vorstand hat, der zu ihr passt. Die Partei ist ja schon lange so radikal und nun gibt es eben nicht mehr so einen Professor Jorg Meuthen, der da vorsteht und sagt: Wir sind aber alle noch burgerlich. Also, die werden weiterhin behaupten, dass sie burgerlich sind, aber man nimmt es ihnen immer weniger ab.<<
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