Die Auswirkungen des Ukrainekrieges werden in Deutschland immer deutlicher spürbar. Nach den jüngsten Drosselungen russischer Gaslieferungen können die Gasspeicher in Deutschland nicht in geplantem Maße für den Winter gefüllt werden. Angesichts der Lage hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nun die Durchsetzung von Energie-Sparmaßnahmen mit gesetzlichen Mitteln ins Spiel gebracht.
»Wenn die Speichermengen nicht zunehmen, dann werden wir weitere Maßnahmen zur Einsparung, zur Not auch gesetzlich, vornehmen müssen«, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstagabend in den ARD-»Tagesthemen«. Auf die Frage, ob das auch die Herabsetzung der vorgeschrieben Mindesttemperatur in Wohnungen sein könne, antwortete der Minister, »damit haben wir uns noch nicht intensiv auseinandergesetzt. Wir werden uns alle Gesetze, die dort einen Beitrag leisten, anschauen«.
Derzeit seien die Gasspeicher zu 56 Prozent gefüllt. Das sei überdurchschnittlich gut, reiche aber nicht. »Wir können nicht mit 56 Prozent in den Winter gehen. Da müssen die voll sein. Sonst sind wir wirklich offen«, sagte der Minister. Die Lage sei ernst, die Versorgungssicherheit aktuell aber gewährleistet. Bei einer Gasknappheit im Winter wäre der erste naheliegende Schritt, Heizkraftwerke mit Kohle statt Gas zu befeuern, sagte er. Zugleich appellierte Habeck erneut an Unternehmen und Bürger, Energie und Gas zu sparen.
»Vergleichsweise kleine Opfer«
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund sprach sich für Änderungen von rechtlichen Rahmenbedingungen aus. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg wies in der »Rheinischen Post« darauf hin, dass Vermieter verpflichtet seien, eine Temperatur von 20 bis 24 Grad zu gewährleisten. »Das muss geändert werden. Auch eine Wohnung mit 18 oder 19 Grad kann noch gut bewohnt werden und dieses vergleichsweise kleine Opfer sollten alle mittragen können«, sagte Landsberg.
Der russische Energieriese Gazprom hatte wie angekündigt in der Nacht zum Donnerstag seine Gaslieferungen nach Deutschland durch die Ostseepipeline Nord Stream weiter reduziert – zunächst um 40 Prozent und nun um 60 Prozent. Habeck sprach von einem Muster, das über die vergangenen Wochen erkennbar sei. So agierten Diktatoren und Despoten, sagte der Wirtschaftsminister. Dies sei eine Kraftprobe zwischen westlichen Alliierten und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Vor dem Ukrainekrieg bezog Deutschland rund 55 Prozent seines Gases aus Russland, inzwischen sind es noch etwa 35 Prozent. Der Rest kommt bisher vor allem aus den Niederlanden und Norwegen, in geringerem Maße aus Belgien und anderen Quellen. Etwa fünf Prozent des Bedarfs werden aus einheimischer Förderung gedeckt. Der Verbrauch liegt aktuell unter den Werten des Vorjahres, aber über dem Zehn-Jahres-Mittelwert.