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News: Olaf Scholz, Kiew, Wladimir Putin, Kevin Spacey

Kiew-Besuch: Die Sehnsucht nach Klarheit reist mit

Lange hat Olaf Scholz gewartet, um nach Kiew zu reisen. Zu einem früheren Zeitpunkt hätte er die Ukraine in einer besseren Verfassung angetroffen, trotz des Krieges. Sie hat sich in den Schlachten wochenlang erstaunlich gut geschlagen.

Mittlerweile aber hat das russische Militär aus den Fehlern des Anfangs gelernt, es wird immer stärker. Den Faktor Zeit nutzt der russische Präsident auch in anderer Hinsicht: Er zermürbt seinen eigentlichen Gegner, den Westen. Wladimir Putins Politik der Nadelstiche wirkt. Mal versetzt er den Westen mit Andeutungen in Panik, er würde auch vor einem Atomschlag nicht zurückschrecken. Mal lässt er mit fadenscheinigen Begründungen Gaslieferungen drosseln wie jetzt gerade.

Er will damit erreichen, dass die politischen Vertreter des Westens ihn und seine Forderungen im Blick behalten und nicht zu sehr den Wünschen der Ukraine nachgeben.

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Scholz und Selenskyj vor Kriegsausbruch im Februar in Kiew


Foto: Kay Nietfeld / dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in Interviews in den vergangenen Tagen klargemacht, dass er nichts davon hielte, wenn Deutschland sich von einer Politik des »Spagats« leiten ließe, sich also einerseits um die Ukraine bemühe, sich aber zugleich darum sorge, dass Putin nicht sein Gesicht verliere.

Der polnische Politologe Piotr Buras schreibt nun in einem Gastbeitrag für den SPIEGEL ebenfalls, Deutschland möge endlich die Vorstellung aufgeben, seine Rolle in Europa sei die eines »ehrlichen Maklers«, der am Verhandlungstisch gegenseitige Interessen zum Ausgleich bringe. Er fordert Deutschland auf, selbst Position zu beziehen.

Es sollte der deutschen Regierung zu denken geben, dass Vertreter aus Osteuropa, die ihr nahestehen, sie so sehen: um Ausgleich bemüht, aber unklar. Natürlich muss sie weiterhin zugleich der Ukraine beistehen und Putin als brandgefährliches Gegenüber genau im Blick behalten. Es ist aber dringend nötig, die eigenen Ziele kenntlicher zu machen. Selenskiyj gegenüber, Putin gegenüber, der Welt gegenüber. Zum Beispiel: Wie will Deutschland der Ukraine den Weg in die EU bahnen?

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • Das geschah in der Nacht: Präsident Selenskyj sieht Fortschritte bei der internationalen Hilfe für sein Land. Russland erhebt Vorwürfe wegen einer gescheiterten Evakuierung. Und: die ukrainische Landwirtschaft leidet. Der Überblick.

  • »Versprechungen helfen nicht auf dem Schlachtfeld«: Am Donnerstag reist Olaf Scholz endlich nach Kiew. Was erwartet die ukrainische Regierung vom Bundeskanzler? Ein Gespräch mit Selenskyj-Berater Mychajlo Podoljak. 

  • Zwei US-Bürger nach freiwilligem Kampfeinsatz offenbar in der Ostukraine verschwunden: Sie kämpften offenbar freiwillig für die Ukraine, jetzt sind zwei US-Amerikaner im Osten des Landes unauffindbar. Sollte Russland sie gefangen halten, könnte das erhebliche diplomatische Konsequenzen haben.

  • Wie sich Europas Spaltung noch verhindern lässt: Je länger Putins Angriff auf die Ukraine andauert, desto deutlicher treten die Risse zwischen West- und Osteuropa hervor. Deutschland und Frankreich müssen sich stärker engagieren, um ihre Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. 

Vorwurf sexueller Übergriffe: Kevin Spacey, Shakespeare und der menschliche Abgrund

Bereits vor fünf Jahren, auf dem Höhepunkt der #MeToo-Debatte, wurde der US-Schauspieler Kevin Spacey mit Vorwürfen sexueller Belästigung konfrontiert. Heute nun soll der Oscar-Preisträger um 10 Uhr vor dem Westminster Magistrates Court, einem Gericht in London, erscheinen. Spacey ist wegen vierfacher sexueller Nötigung von drei Männern angeklagt. Zudem wird ihm vorgeworfen, eine Person ohne Zustimmung zu sexuellen Handlungen verleitet zu haben.

Spacey teilte über seinen Sprecher mit, er sei zuversichtlich, dass das Verfahren seine Unschuld beweisen werde.


Kevin Spacey mit dem Golden Globe für seine Hauptrolle in der Fernsehserie "House of Cards"

Kevin Spacey mit dem Golden Globe für seine Hauptrolle in der Fernsehserie “House of Cards”


Foto: MIKE BLAKE/ REUTERS

Ich habe Kevin Spacey einmal als Richard III. gesehen. Das ist inzwischen viele Jahre her, die Vorwürfe gegen ihn waren noch nicht erhoben. Er war unglaublich gut. Wer als Schauspieler Shakespeares Königsdramen gewachsen sein will, muss die Verdorbenheit, zu der Menschen fähig sind, kennen. Shakespeares Richard III. ist völlig verdorben.

Sollten die Richter Spacey nun verurteilen – wäre er dann wenigstens als Künstler entlastet? Weil ihn seine Abgründe erst dazu befähigt hätten, ein so grandioser Shakespearedarsteller zu sein?

Natürlich nicht. Ein Schauspieler muss keine Verbrechen begehen, um menschliche Abgründe besonders gut darzustellen. Er braucht ein außergewöhnliches Vorstellungsvermögen, er braucht Talent und exzellente handwerkliche Fähigkeiten.

Entlasten kann Kunst den Menschen, der sie geschaffen hat, nicht.

Verlierer des Tages…




Foto: Oliver Berg/ picture alliance / dpa

… ist der Ausschaltknopf am Fernseher. Wenn ich kurz erläutern darf: Seit einigen Tagen versuche ich, eine gute Staatsbürgerin zu werden und die Energiespartipps, zu denen uns Herr Habeck in einer Werbekampagne ermuntert hat, zu beherzigen. Ein erstes Hochgefühl stellte sich ein, als mir klar wurde, wie viel es tatsächlich bringt, wenn man die Heizung auch nur minimal runterstellt.

Ein anderes, schon lang gehegtes Vorhaben, wollte ich auch sofort umsetzen. Früher, als man noch ein besserer Mensch war, wurde man noch ganz nervös, wenn das rote Stand-by-Lämpchen an einem elektronischen Gerät leuchtete. Irgendwann gewöhnte man sich an das Leuchten, weil es immer schwieriger wurde, Geräte ganz auszuschalten.

Zeit also, sich wieder mit der Kulturtechnik des konsequenten Ausschaltens zu befassen.

Bei meinem neuen Fernseher leuchtet das Stand-by-Lämpchen immer, auch wenn ich zuvor energisch den Ausschaltknopf der Fernbedienung gedrückt habe. Die Suche nach einem echten Ausschaltknopf am Fernseher selbst führte zu der Erkenntnis, dass auch er den Stand-by-Modus nicht zu überwinden weiß. Das Lämpchen leuchtet weiter und weiter. Moderne Knöpfe können offenbar gar nichts mehr.

Was tun?

Nach der »Tagesschau« einfach den Stecker zu ziehen, würde wahrscheinlich das Ehrgefühl meines Fernsehers stören, denn er vermittelt mir deutlich, dass er sich eigentlich als Computer versteht und nicht als schnödes TV-Gerät. Jedes Mal, wenn ich ihn ganz vom Stromnetz nehme und ihn dann wieder einschalte, muss er umständlich und, wie ich meine, nicht ohne Empörung, wieder neu hochfahren. Meine Sorge ist, dass er aus Protest gegen mein von ihm als übergriffig empfundenes Steckerziehen besonders viel Strom beim Hochfahren verbrauchen würde.

Muss also ein alter Fernseher her? Mit einem richtigen Ausschaltknopf, der einem das Gefühl gibt, wieder Herrin im eigenen Haus und nicht von Geräten umgeben zu sein, die machen, was sie selbst für richtig halten? Ich erfuhr, dass der Stromverbrauch bei einem Altgerät, sollte man es aus Versehen im Stand-by-Modus belassen, zu hoch sei. Bei Geräten wiederum, die erst ab 2013 auf den Markt kamen, liegt die Leistungsaufnahme im Stand-by-Modus (Sie merken, ich übe mich in Fachvokabular), laut einer EU-Verordnung lediglich bei maximal 0,5 Watt. Das entspricht auf ein Jahr bezogen nur knapp 4,5 kWh Energieverbrauch pro Gerät.

Viel ausrichten würde also der ersehnte echte Ausschaltknopf im geopolitischen Kampf um Energien nicht. Aber wie gerne hätte ich wieder einen – fürs eigene Selbstbewusstsein.


Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • »Robert Habeck ist der perfekte Erzähler« Ein moderner Politiker braucht eine gute Geschichte, sagt Fritz Breithaupt. Wie Narrative die Welt zum Besseren verändern oder die Menschen manipulieren können .

  • Worum sich Hauseigentümer jetzt kümmern müssen: Wer ein Haus hat, bekommt bald zusätzliche Arbeit: Eine neue Grundsteuerklärung ist fällig, und zwar schon bald. Das sollten Sie darüber wissen. 

  • Der Nachtwächter, den die Geschichte vergaß: Ohne Frank Wills wäre der Watergate-Skandal niemals aufgeflogen. Der afroamerikanische Wachmann bemerkte den Einbruch, mit dem alles begann. Doch seine Rolle wurde lange ignoriert – er starb einsam und in Armut .

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre Susanne Beyer

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