Bundeskanzler Olaf Scholz plant noch vor dem G7-Gipfel Ende Juni eine Reise nach Kiew. In ukrainischen Regierungskreisen wurde am Samstagabend bestätigt, dass es Planungen für eine Reise des Kanzlers mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi gebe. Zuerst hatte die »Bild am Sonntag« über den geplanten Dreier-Trip in die ukrainische Hauptstadt berichtet, der noch im Juni stattfinden soll. Demnach sollen Paris und Berlin schon länger über eine gemeinsame Kiew-Reise von Scholz und Macron gesprochen haben. Nach Informationen der Zeitung wollte Macron aber erst nach den französischen Parlamentswahlen fahren. Als Dritten im Bunde den italienischen Regierungschef mitzunehmen, soll eine Idee aus Frankreich gewesen sein.
Scholz, Macron und Draghi wollten mit ihrer Reise ein Zeichen der europäischen Einigkeit setzen. Ein Sprecher der Bundesregierung wollte die Reisepläne weder bestätigen noch dementieren. Es gebe in der Frage keinen neuen Stand, hieß es lediglich. Auch der Elysée-Palast lehnte eine Bestätigung explizit ab.
Die Ukraine hofft darauf, dass die EU sie bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni – unmittelbar vor dem G7-Gipfel vom 26. bis 28. Juni – zum EU-Beitrittskandidaten erklärt. Die EU-Kommission will dazu in der kommenden Woche ihre Empfehlung abgeben. Deswegen reiste auch Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) am Wochenende bereits zum zweiten Mal seit Kriegsbeginn nach Kiew. Sie traf dort den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Macron wolle der Ukraine eine europäische Perspektive eröffnen
Aus dem Élyséepalast hieß es bereits am Freitag, Macron stehe für einen Besuch in der Ukraine zwar zur Verfügung, konkrete Reisepläne und Daten gebe es aber noch nicht. Eine solche Reise könne vor, aber auch nach dem EU-Gipfel stattfinden. Von einem gemeinsamen Besuch mit Scholz oder Draghi war nicht die Rede. Der Zweck einer Reise von Macron werde darin bestehen, der Ukraine eine europäische Perspektive zu eröffnen oder diese in Gang zu setzen, hieß es.
Selenskyj hat Scholz bereits vor Wochen nach Kiew eingeladen. Zuerst standen aber Verstimmungen wegen der kurzfristigen Absage einer Reise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von ukrainischer Seite im Weg. Nachdem die Irritationen ausgeräumt waren, verwies Scholz darauf, dass es ihm bei einer solchen Reise nicht um Symbole, sondern um Inhalte geht: »Ich werde nicht mich einreihen in eine Gruppe von Leuten, die für ein kurzes Rein und Raus mit einem Fototermin was machen. Sondern wenn, dann geht es immer um ganz konkrete Dinge.«
Inzwischen waren eine Reihe seiner Minister in der Ukraine: Annalena Baerbock, Svenja Schulze und zuletzt Karl Lauterbach sowie Cem Özdemir. Auch Parlamentspräsidentin Bärbel Bas und Oppositionsführer Friedrich Merz besuchten Kiew.
Reisen von Spitzenpolitikern in Konflikt- oder sogar Kriegsgebiete werden in der Regel aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt. Es gibt aber auch Ausnahmen: So gab Scholz die Baerbock-Reise vorab bekannt, ohne ein genaues Datum zu nennen. Auch von der Leyen kündigte ihre erste Kiew-Reise an, ohne Details zu nennen.