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News: Olaf Scholz, Russland, Ukraine, Waffenlieferungen, AfD

Ein Minister in Kiew, ein Kanzler in Pristina

Heute wird wieder ein deutsches Regierungsmitglied in die Ukraine reisen, allerdings abermals nicht der Bundeskanzler, sondern Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Der Sozialdemokrat, ein studierter Arzt, trifft seinen ukrainischen Amtskollegen. Er will sich ein Bild machen, wie den im Krieg verletzten Menschen besser geholfen werden könnte, insbesondere Leuten, die Beine oder Arme verloren haben und Prothesen brauchen.

Olaf Scholz


Foto: Michael Kappeler / dpa

Über die Reisepläne von Olaf Scholz hingegen gibt es immer wieder Gerüchte. So soll er über eine gemeinsame Tour mit seinem französischen Kollegen Emmanuel Macron nachdenken. Doch nichts Genaues weiß man nicht.

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Der Bundeskanzler verreist trotzdem heute, auf eine zweitägige Tour mit fünf Stationen, und die Autorin dieser Zeilen ist für Sie, liebe Leserin, lieber Leser, heute sehr gerne um 4.30 Uhr aufgestanden, um Scholz zu begleiten. Kosovo, Serbien und Griechenland stehen auf dem Programm, am Samstag folgen Nordmazedonien und Bulgarien. Erst vor wenigen Tagen hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht eine sehr ähnliche Reiseroute, einige Wochen zuvor hatte Außenministerin Annalena Baerbock in Bosnien vorbeigeschaut – offensichtlich ist die Bundesregierung in Sorge um die politische Stabilität des Balkans. Vor allem mit Serbiens Präsident Aleksandar Vučić ist der Austausch schwierig; der Regierungschef fährt zweigleisig zwischen dem Bemühen um einen EU-Beitritt und einem Kuschelkurs mit Russland.

Scholz kennt Vučić, hatte ihn sogar kurz selbst zu Gast, als er ein Krisentreffen zu dritt mit dem kosovarischen Präsidenten im Kanzleramt einberufen hatte. Serbien hat die Souveränität des Kosovo nicht anerkannt, seit das Land sich 2008 für unabhängig erklärt hat, und erhebt weiter Anspruch auf dessen Staatsgebiet. In Berlin regiert die Sorge, der Konflikt könnte jederzeit eskalieren – mit tatkräftiger Hilfe Moskaus.

Dann könnte es auch unangenehm werden für die Soldatinnen und Soldaten des deutschen Einsatzkontingents im Kosovo, die im Rahmen der KFOR-Mission die Lage stabilisieren sollen. Auch sie will Scholz heute besuchen.

Mehr Nachrichten und Hintergründe zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • Das geschah in der Nacht: Das Verteidigungsministerium in Kiew spricht von bis zu 100 toten und 500 verwundeten Soldaten täglich. Der ukrainische Botschafter kritisiert Deutschland. Und: Zwei Bundesminister in der Ukraine. Der Überblick.

  • Warum den Russen der postsowjetische Raum entgleitet: Wladimir Putin will das russische Reich wiederauferstehen lassen, auch deshalb führt er Krieg in der Ukraine. Doch er hat viele Staaten gegen sich aufgebracht, die früher zu Moskaus Einflusszone gehörten. 

  • Bundeswehr-General sieht konkrete militärische Bedrohung für Deutschland: Der Kreml schürt immer wieder Angst vor einem Atomkrieg. Auch Bundeswehr-General Martin Schelleis nimmt seit dem Überfall auf die Ukraine eine konkrete Gefahrenlage wahr – allerdings anderer Art.

  • Russlands Hardliner stellen Litauens Unabhängigkeit infrage: Der bekannte russische Nationalist Jewgeni Fjodorow hält die Abspaltung Litauens von der Sowjetunion 1990 für illegal. Nun, 32 Jahre später, will er den Ausschluss des Landes aus der Nato erreichen – per Gesetz. 

Das Sondervermögen wird besiegelt

Heute hat der Bundesrat ein dickes Programm vor sich, vom Recht auf schnelles Internet über Mindestlohn, Rentenerhöhung und Pflegebonus bis zu weiteren Corona-Steuerhilfen. Der größte Posten dürfte aber die Abstimmung über das milliardenschwere Sondervermögen für die Bundeswehr sein. Von einer Mehrheit ist auszugehen, schließlich hatte schon bei der Bundestagsabstimmung die oppositionelle CDU zugestimmt. Auch die etwa von der katholischen Friedensbewegung Pax Christi und anderen Initiativen angekündigte Demonstration draußen vor der Tür klingt nicht nach dem großen Aufstand. Kein Vergleich zur Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981.


Soldaten stehen vor einem Leopard-2-Panzer der Bundeswehr

Soldaten stehen vor einem Leopard-2-Panzer der Bundeswehr


Foto: Michael Kappeler / dpa

Etwas still geworden ist es auch um das (angebliche? tatsächliche?) Vorhaben der spanischen Regierung, 40 alte Leopard-2-Kampfpanzer aus deutscher Produktion an die Ukraine zu liefern. Diese Meldung einer spanischen Zeitung hatte am Pfingstwochenende für große Aufregung gesorgt, denn für diese Lieferung wäre eine Zustimmung Berlins nötig. Und würde Berlin zusagen, hätte zum ersten Mal ein Nato-Mitglied Kampfpanzer an die Ukraine geliefert.

Doch wie es aus Berliner Regierungskreisen heißt, seien die Spanier seither heftig zurückgerudert: Der Plan sei politisch noch nicht final abgestimmt gewesen, soll Madrid gestanden haben. War es bloß eine Idee von irgendwem unten in der Fachebene? Außerdem hätte die Bundesregierung die Spanier in Telefonaten gewarnt, dass dieser Schritt eine Abkehr von der (wenn auch völlig informellen und inoffiziellen) Beschlusslage sämtlicher westlichen Bündnispartner wäre, Kiew keine Panzer zu liefern. Offensichtlich sei das Vorhaben in Madrid durchgesickert, ehe jemand in der spanischen Regierung damit befasst gewesen sei, der sich mit dem Thema auskenne, heißt es etwas spöttisch aus der Bundesregierung.

Nach Informationen der Kollegen von »Business Insider«  soll sich Madrid sogar in Berlin für die Aufregung entschuldigt haben. Jetzt sei die Rede höchstens noch von zehn Panzern, und auch diese Entscheidung stehe auf der Kippe. Zudem seien die Panzer aus den 90er-Jahren so marode, dass sie erst in vielen Monaten lieferbereit wären.

Falls es der Regierung in Madrid aber doch ernst sein sollte mit dem Panzer-Manöver, sollte sie nicht so schnell aufgeben. Wie schreiben sich die Spanierinnen und Spanier gegenseitig in die Poesiealben: »La mejor forma de predecir el futuro es crearlo.«* Beim Thema Waffenlieferungen gebe es »keine ewigen Prinzipien«, sagte Olaf Scholz nach SPIEGEL-Informationen kürzlich bei einem Auftritt im Verteidigungsausschuss des Bundestages. Man spreche sich regelmäßig mit den Partnern ab, und die Lieferung von Kampfpanzern sei »ausgeschlossen«. Gleichwohl gebe es keinen »absoluten Grundsatz« in diese Richtung, deshalb werde er bei diesem Thema öffentlich vage bleiben.

* Die beste Form, die Zukunft vorauszusagen, ist sie selbst zu schaffen.

Ein Propagandasender kämpft um sein Recht

Diese Gerichtsverhandlung heute könnte spannend werden: Der russische Staatssender RT France kämpft vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen das Sendeverbot, das die EU gegen diese Propagandastation des Kreml verhängt hat. Der Fall beträfe also auch den deutschen Ableger RT DE, der noch nach der Invasion Russlands in der Ukraine in Deutschland per Satellit und im Livestream problemlos zu empfangen war, wie ein SPIEGEL-Team damals recherchierte.


Logo des russischen Staatssenders RT DE auf einem Mobiltelefon (Symbolbild)

Logo des russischen Staatssenders RT DE auf einem Mobiltelefon (Symbolbild)


Foto: Felix Schlikis / Lobeca / imago images

Die zuständige Landesmedienanstalt ließ den russischen Staatssender zunächst einfach weitermachen, weil man eine juristische Niederlage in einem Eilverfahren fürchtete und erst einmal abwarten wollte. Ein solcher Eilantrag von RT France beim EuGH in Luxemburg war zwar vergeblich gewesen, trotzdem gibt es Juristen, die der Klage des Senders beim EuGH gute Chancen auf einen juristischen Erfolg beimessen. Das EU-weite Sendeverbot sei ein beispielloser, weitreichender Eingriff, der vor Gericht nicht leicht zu rechtfertigen sein könnte.

In AfD-Kreisen gab und gibt es viele Fans des Kreml-Senders, und mit etwas Mühe können sie die Inhalte von RT DE immer noch empfangen, etwa im Stream über Telegram-Accounts oder über VPN-Verbindungen. Allerdings brauchen AfD-Leute den Kreml-Funk nicht, um heute den Auftritt ihres Ex-Parteichefs Jörg Meuthen zu verfolgen. Denn die von der AfD-Anhängerschaft gern als »Mainstream-Medien« geschmähten Sender und Publikationen dürften alle vor Ort sein, wenn Meuthen heute in der Bundespressekonferenz bekannt gibt, welche politischen Pläne er nach seinem Austritt aus der AfD verfolgen wird. Ob er eine neue Partei gründet, wie seine Vorgänger Bernd Lucke und Frauke Petry, oder ob er Mitglied der Zentrumspartei werden könnte, wie vereinzelt berichtet wurde , wollte Meuthen bisher noch nicht offiziell kommentieren. Bislang war keine Neugründung von Ex-AfDlern erfolgreich, also spricht viel dafür, dass der VWL-Professor sich einer schon bestehenden Partei anschließt.

Gewinner des Tages…


Das Großherzogliche Palais in Luxemburg

Das Großherzogliche Palais in Luxemburg


Foto: Ronald Wittek/ picture alliance / dpa

…ist Luxemburg. An anderen Tagen ist das Großherzogtum nur ein steinreiches, aber von der Europäischen Union im Allgemeinen und der deutschen Öffentlichkeit im Besonderen eher vernachlässigtes Fleckchen Erde. Gelegentlich macht der Kleinstaat deshalb hässliche Schlagzeilen, wie jüngst in der F.A.Z. , die von den Auswüchsen des Wohlstands an luxemburgischen Schulen berichtete. Da ging es um teure Winterjacken, die Schüler gerne mal in der Schule »verlieren«, damit die Eltern ihnen neue kaufen. Oder um den Plan eines Elternpaars, seiner Tochter am 18. Geburtstag exakt zu deren Geburtsuhrzeit auf dem Schulhof einen neuen Audi TT zu schenken. Und weil das Mädchen noch keinen Führerschein hatte, sollte der Wagen mit Schmuck gefüllt sein.

Aber heute kann Luxemburg Schauplatz seriöser Politik sein, wenn die EU-Innenministerinnen und Innenminister sich zum Treffen einfinden. Einen guten Beitrag zur Korrektur des Images könnte Luxemburgs Innenministerin Taina Bofferding, 39, leisten, eine junge Sozialistin, die nach eigener Auskunft zur Entspannung gerne deutsche Krimis liest.

Die Runde wird unter anderem über die Verteilung von Geflüchteten in Europa sprechen, vor allem über die Menschen aus der Ukraine. Mehr Streit als dieser Dauerbrenner dürfe aber dieses Jahr das Thema Chatkontrolle auslösen: Die EU-Kommission hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der es Sicherheitsbehörden erlauben würde, im Kampf gegen Kindesmissbrauch Handys und andere Endgeräte auf Darstellungen sexueller Gewalt zu durchsuchen, und die Inhalte mit Datenbanken abzugleichen – ein massiver Eingriff in die Privatsphäre, der nun an der deutschen Ministerin Nancy Faeser scheitern könnte. »Jede private Nachricht anlasslos zu kontrollieren, halte ich nicht für vereinbar mit unseren Freiheitsrechten«, hatte Faeser kürzlich in der »Bild am Sonntag« erklärt. Noch Ende 2021 hatten die EU-Innenministerinnen- und minister das Vorhaben einstimmig befürwortet.


Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

  • Polizist nach Tötung eines Schwarzen angeklagt: Videoaufnahmen zeigen, wie ein Polizist Patrick Lyoya erschießt. Nun wird er wegen eines Tötungsdelikts angeklagt. Der Anwalt der Familie des Getöteten spricht von einem »Schritt in die richtige Richtung«.

  • Trump fabuliert über »größte Bewegung« in der Geschichte der USA: Ein Untersuchungsausschuss stellt die ersten Ergebnisse zur Rolle Donald Trumps beim Sturm auf das Kapitol vor. Kurz zuvor hatte sich der Ex-US-Präsident zu Wort gemeldet – und vielfach widerlegte Vorwürfe wiederholt.

  • Frankfurter Stadtparlament entzieht Oberbürgermeister Feldmann das Vertrauen: Die Stadtverordneten in Frankfurt haben einem Antrag zugestimmt, der den sofortigen Rücktritt von OB Peter Feldmann fordert. Am Ende könnten die Einwohner der Main-Stadt über die Zukunft des SPD-Politikers entscheiden.

Die SPIEGEL+-Empfehlungen für heute

  • »Die USA stehen kurz vor einem Krieg mit China und Russland«: Der amerikanische Hedgefonds-Manager und Multimilliardär Ray Dalio gilt als Experte für Krisen. Dem Westen sagt er düstere Zeiten voraus und verrät, wie Anleger ihr Vermögen dennoch schützen können. 

  • Worum geht es Robert Lewandowski wirklich?: Bayern München will Robert Lewandowski unbedingt in der Bundesliga halten. Doch der Pole beharrt auf einem Transfer zum FC Barcelona. Es ist nicht das erste Mal, dass er öffentlich mit seinem Arbeitgeber streitet. 

  • Und plötzlich brauchen sie dich nicht mehr: Kinder werden groß, klar. Und Eltern? Werden alt. Wenn all die Aufmerksamkeit, all das Kümmern plötzlich überflüssig wird, und die Frage aufkommt: Bin ich noch Vater oder kann ich weg? 

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihre Melanie Amann

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