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Spanische Leopard-Panzer mutmaßlich für die Ukraine: Panzer durch die Hintertür

Leopard-Panzer bei einer Übung in Polen


Foto: Sean Gallup / Getty Images

Margarita Robles wand sich. Die spanische Verteidigungsministerin sollte am Montag einem Fernsehsender erklären, ob es stimme, was die Tageszeitung »El País« am Wochenende berichtet hatte: Die spanische Regierung wolle alte Leopard-Panzer aus deutscher Herstellung nach Kiew schicken.

Leopard-Panzer in die Ukraine? Nun also doch?

Robles, das wurde schnell klar, wollte das auf keinen Fall bestätigen. In Madrid hatte man längst begriffen, wie brisant der Bericht war. Schließlich hat die deutsche Regierung die Lieferung ausgeschlossen – ausgerechnet mit der Begründung, dass kein weiterer Nato-Partner solche Panzer liefere. Zumindest bisher.

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Im Rahmen der eigenen Kapazitäten, sagte die spanische Verteidigungsministerin schließlich, werde Spanien die Ukrainer weiter unterstützen – natürlich immer in Abstimmung mit ihren Partnern. Ansonsten müsse man leider »maximale Diskretion« wahren, schließlich drohe Wladimir Putin mit Vergeltung.

Ein Dementi kam Robles nicht über die Lippen. Am liebsten, so scheint es, würde die Regierung den Bericht von Spaniens größter Zeitung totschweigen.

In Berlin sorgten die Meldungen aus Madrid schon am Wochenende für einige hektische Telefonate. Da die Bundesregierung eine Lieferung von »Leopard«-Panzern aus deutscher Produktion in jedem Fall genehmigen müsste, hätte der Vorgang eine gewaltige politische Dimension. Auch für Kanzler Olaf Scholz, der sich seit Monaten weigert, der Ukraine die angefragten Leopard-Panzer zu liefern, könnte das spanische Angebot noch ziemlich unangenehm werden.

Hektische Telefonate

Zunächst wurde deswegen das Verteidigungsministerium aktiv. Im Haus von Christine Lambrecht (SPD) versucht seit Wochen ein kleines Lagezentrum, geführt von einem General, die deutsche Waffenhilfe zu koordinieren. Gleichzeitig bemühen sich die Militärs, die diversen Lieferankündigungen anderer Staaten im Blick zu behalten. Mittlerweile ist das gar nicht mehr so einfach.

Aus Spanien aber bekamen die Deutschen nun, nach den Meldungen des Wochenendes, eher zurückhaltende Signale. Über seine militärischen Kontakte erfuhr das Wehrressort, dass in Madrid noch keinerlei Entscheidung über die Panzerlieferung gefallen sei. Stattdessen ächzten die spanischen Kollegen, die Veröffentlichung der vagen Pläne in »El País« komme zur Unzeit. Bisher sei der Vorgang noch nicht mal regierungsintern abgestimmt.

Unidas Podemos, der linksalternative Koalitionspartner von Sozialist Pedro Sánchez, ist generell gegen Waffenlieferungen an die Ukraine, wird von den Sozialisten aber geflissentlich ignoriert. Intern, so bestätigten es die Gesprächspartner der Deutschen, gebe es tatsächlich Pläne, 10 bis 15 Leopard-Panzer an die Ukraine abzugeben.

Für Sánchez ergibt die Lieferung vor allem innenpolitisch Sinn. Zuletzt hatte der ukrainische Botschafter der spanischen Regierung vorgeworfen, zu wenig Waffen zu liefern. Die Munition, die Madrid geschickt habe, sagte er, reiche gerade einmal für zwei Stunden. Die Ukraine brauche dringend Leopard-Kampfpanzer und F18-Kampfjets – und Spanien könne sie liefern. Die konservative Presse griff die Kritik aus Kiew auf und berichtete zudem, dass Sánchez im April zwar großspurig eine Lieferung von 200 Tonnen Kriegsmaterial angekündigt hatte – doch als die Ukrainer die Container öffneten, sollen sie unter anderem eine Menge Winterstiefel vorgefunden haben.

Für Sánchez sind die verbalen Angriffe der Ukraine besonders unangenehm. Im Juni treffen sich die Nato-Staaten in Madrid, um über den Ukrainekrieg zu diskutieren. Sánchez will sich auf dem Gipfel profilieren und seinen Landsleuten zur Wiederwahl empfehlen. Störgeräusche aus Kiew kämen da ungelegen. Nun steht er – zumindest für einige Zeit – nicht mehr als Bremser da. Offenbar will er ukrainische Soldaten sogar in Spanien schulen lassen.


Olaf Scholz und Pedro Sánchez beim Antrittsbesuch des Kanzlers im Januar

Olaf Scholz und Pedro Sánchez beim Antrittsbesuch des Kanzlers im Januar


Foto:

Michael Kappeler / dpa


Werden die Ideen tatsächlich konkreter, dürfte Berlin unter Zugzwang geraten. Wie bei allen Waffenexporten, auch an Nato-Partner, sind die Leoparden aus deutscher Fertigung mit einer sogenannten Endverbleibserklärung belegt. Spanien muss also erst aus Deutschland grünes Licht bekommen, wenn es die Panzer an die Ukraine abgeben will. Dem Vernehmen nach geht es um 10 bis 15 Leopard-2A4-Panzer, die als Teil einer größeren Lieferung an Spanien verkauft worden waren.

Das spanische Militär nutzt die Panzer derzeit nicht. Sie stehen laut »El País« seit zehn Jahren in einer Militärbasis im Norden Spaniens. Im trockenen Klima von Zaragoza, am Fuße der Pyrenäen, lassen sie sich besonders gut lagern. Empfindliche Materialien wie Öl und Batterien hat man entfernt. Die Panzer wieder instand zu setzen, würde wohl dennoch einige Zeit dauern.

Ähnliche Situationen kennt die Bundesregierung inzwischen gut. Schon vor Kriegsbeginn geriet die Regierung unter Druck, weil Estland alte DDR-Waffensysteme, die es vor Jahren von der Bundeswehr übernommen hatte, in die Ukraine liefern wollte. In diesem Fall zögerte Berlin ziemlich lange und erntete dafür deutliche Kritik aus dem Ausland. Später dann stellten auch die Niederlande ähnliche Anträge, dieses Mal ging es um Panzerfäuste aus deutscher Produktion. Die Anfrage, gestellt zwei Tage nach Kriegsbeginn, löste in Berlin einer Art Kettenreaktion aus. Kurz darauf entschied man sich, auch selbst Waffen zu liefern.

Bisher kein Exportantrag aus Spanien

Könnte eine mögliche Anfrage aus Spanien einen ähnlichen Effekt auslösen? Im zuständigen Bundeswirtschaftsministerium ist bislang zwar kein offizielles Exportgesuch aus Spanien eingegangen, doch aus dem Ministerium von Robert Habeck (Grüne) heißt es vielsagend, man habe bislang keinen Exportantrag in die Ukraine negativ entschieden. Auch bei einer möglichen Anfrage zu den Leopard-Systemen aus Spanien würde es wohl bei dieser Linie bleiben. Allein entscheiden allerdings kann Habeck die Sache nicht, das müsste im Bundessicherheitsrat geschehen. Im Konsens.

Die wichtigste Frage ist also, wie sich Olaf Scholz verhält. Bisher hatte der Kanzler die Lieferung von modernen Kampfpanzern stets abgelehnt und sich darauf berufen, dass kein Partnerstaat bislang neue Panzer an die Ukraine abgebe. Stattdessen wird das Prinzip des Ringtauschs praktiziert: Osteuropäische Staaten liefern ihre Panzer, die noch in Russland hergestellt wurden, in die Ukraine und erhalten dafür von Deutschland und anderen Partnern modernen Ersatz. Mit Tschechien etwa gab es einen solchen Deal.


Mehr zum Thema

Die Idee aus Spanien könnte nun für Bewegung in der Bundesregierung sorgen. Aus der Ampelkoalition kommen bereits erste Stimmen, man solle grünes Licht für die Leopard-Panzer aus Spanien geben. »Ich hoffe sehr, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck umgehend die Genehmigung für den Export erteilt«, sagte die einflussreiche FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem SPIEGEL. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses sagte, sie rechne mit einer schnellen Entscheidung. »Wir haben keine Zeit für Debatten. Angesichts der schweren russischen Artillerieangriffe auf ukrainische Ziele ist Eile geboten.«

Das Thema könnte spätestens kommende Woche auf der großen Bühne der Politik spielen. Am Rande des Nato-Verteidigungsministertreffens in Brüssel haben die USA die Runde der Ukraine-Unterstützer zu einer separaten Runde geladen. Bei dem diskreten Treffen sollte es eigentlich vor allem um die Forderung der USA gehen, die Ukraine sehr schnell mit Raketen auszustatten, mit denen die Armee von Präsident Selenskyj russische Schiffe attackieren kann. Nun aber dürften die Minister erneut vor der schwierigen Frage stehen, ob sie nicht auch bald moderne Kampfpanzer an die Ukraine liefern sollten.


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