erungsbildung in Schleswig-Holstein: Der Glanz von Jamaika ist trugerisch //
Elf Tage nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein zeichnet sich ab, dass die bisherige Jamaika-Regierung aus CDU, FDP und Grunen tatsachlich weitermachen konnte. Das ist erstaunlich, weil drei Koalitionspartner gar nicht gebraucht werden. Ministerprasident Daniel Gunther, der strahlende Wahlsieger, ist knapp an der absoluten Mehrheit vorbeigeschrammt. Er konnte entweder mit den Grunen regieren, die so stark sind im Land wie noch nie. Oder mit der FDP, auch wenn sie deutlich verloren hat. Beide haben ihre Vorliebe fur ein Zweierbundnis mit Gunthers Union vielfach betont.
Doch der Ministerprasident will davon nichts wissen. Am Donnerstag sondieren erstmals alle drei Parteien gemeinsam, schon in der nachsten Woche konnten Koalitionsverhandlungen beginnen. Jamaika habe einen >>neuen Stil<>auf Augenhohe<>Okonomie und Okologie<>mit dem Rechenschieber<< sei da eine Denkweise aus der Vergangenheit.
Clever oder nicht?
Aus Sicht von Gunther ist das ein cleveres Vorgehen. Umarmen, ausgleichen, moderieren – so hat er Jamaika funf Jahre lang erfolgreich gefuhrt. Am Ende erklarten drei Viertel der Wahlerinnen und Wahler, sie seien mit dieser Landesregierung zufrieden. Und kein Ministerprasident war beim Volk so beliebt wie der smarte CDU-Mann von der Forde. Warum also ein Erfolgsmodell aufgeben?
Aus Sicht des Publikums kann Jamaika 2 nicht die beste Option sein. Demokratie ist nicht nur Kompromiss und Konsens, sondern auch Streit und Wettbewerb. Eine Regierung mit einer ubergrossen Mehrheit schnurt eine Opposition ab.
Im Kieler Landtag haben CDU, FDP und Grune 53 Sitze. Fur die SPD und die Minderheitenpartei SSW bleiben 16 Sitze. Allein um eine Landesregierung vor das Parlament zu zitieren, braucht es 18 Stimmen. Einen Untersuchungsausschuss mussen mindestens 17 Abgeordnete beantragen. SPD und SSW waren eine Opposition von Jamaikas Gnaden.
Wer eine ausreichende Mehrheit hat, muss regieren konnen und regieren wollen. Schwarz-Gelb oder Schwarz-Grun waren jeweils eine Richtungsentscheidung, uber deren Erfolg spatestens bei der nachsten Wahl abgestimmt wurde. Eine ubergrosse Mehrheit birgt die Gefahr von Stillstand, weil man ohne Not stets auf einen Partner Rucksicht nahme, wenn man sich nicht einig ist.
Klarer Wille: Gunther soll regieren
Das Argument, Jamaika sei der Wille der Wahlerinnen und Wahler, fuhrt in die Irre. Aus dem Ergebnis ablesbar ist allein der Wunsch, dass Daniel Gunther regiert. Vor allem seinetwegen bekam die CDU 43,4 Prozent (plus 11,4 Prozentpunkte). Und wahrend die Grunen ebenfalls kraftig zulegten, zeigt das schwache Abschneiden der FDP, dass es gerade kein einhelliges Votum fur Jamaika gab.
So sehr Gunther hehre Motive vorgibt, ist sein Kalkul wohl zu einem betrachtlichen Teil machttaktisch gepragt. Er musste bei einem Zweierbundnis, zumal mit der FDP, um sein Image als Bruckenbauer furchten. Ein Image, das ihn durch den Wahlsieg auch bundespolitisch nach oben gebracht hat. Und mit dem er dereinst sogar die Schwelle des Kanzleramts uberschreiten konnte.
Tarnen konnte Gunther mit dem Jamaika-Kniff die Schwachen der CDU. Programmatisch hat die Landespartei nicht viel zu bieten. In den vergangenen Jahren fiel Gunther vor allem mit einem durchaus gelungenen Corona-Krisenmanagement auf. In der Union erzahlt mancher von der Erleichterung am Wahlabend, als klar war, dass eine Stimme zur Alleinregierung fehlte. Bloss nicht ohne Partner.
Entlasst Gunther FDP oder Grune in die Opposition, ist Storfeuer programmiert. Die Grunen konnten sich dort wieder der SPD annahern, mit der sie bis 2017 im Land regierten. Die FDP wiederum wurde wahrscheinlich CDU-Anhanger abspenstig machen, denen Schwarz-Grun zu weit links erschiene. All das verhiesse von Gunthers Warte aus nichts Gutes fur die nachste Wahl.
In den nachsten Tagen durfte es darauf ankommen, wie sich Grune und FDP entscheiden. Ihr Murren uber Jamaika 2 ist nicht zu uberhoren. Zugleich erscheint beiden ein Platz im Kabinett verlockender als die Opposition, mit weniger Posten und weniger Geld. Das sprache dafur, Jamaika 2 zumindest zu probieren. Stiften gehen kann man im Zweifel immer noch.