rechtsreform: Ampel-Abgeordnete wollen Zahl der Parlamentarier auf 598 deckeln //
In der Analyse sind sich die Parteien einig: Der Bundestag hat zu viele Mitglieder – seit der Wahl im vergangenen September 736. Uneinigkeit herrscht allerdings bei der Frage, wie sich die Zahl der Parlamentarier reduzieren lasst, um zumindest in die Nahe der Regelgrosse von 598 Sitzen zu gelangen.
Nun haben drei Abgeordnete der Ampelparteien – Sebastian Hartmann (SPD), Till Steffen (Grune) und Konstantin Kuhle (FDP) – dazu Reformplane vorgestellt. Hartmann bezeichnete den Entwurf als >>personlichen Vorschlag<< der drei Abgeordneten, der am Donnerstag zur Diskussion in die Wahlrechtskommission des Bundestags eingebracht werden solle. Die Initiatoren hoffen darauf, dass das Gesetzgebungsverfahren nach der Sommerpause startet und dass die Reform bereits bei der kommenden Bundestagswahl angewendet wird.
Sollten die Plane umgesetzt werden, wurde das Wahlrecht in Deutschland grundlegend verandert. Ziel ist, dass der Bundestag ab der nachsten Wahl nur noch die Regelgrosse von 598 Abgeordneten umfassen soll. Uberhangs- und Ausgleichsmandate sollen entfallen.
Nach der Reform wurde nicht mehr jeder Kandidat, der in seinem Wahlkreis nach Erststimmen siegt, sicher in den Bundestag einziehen. Eine weitere Neuerung in dem Vorschlag ist, eine Ersatzstimme einzufuhren. Mit ihr sollen Wahlerinnen und Wahler ihre Zweitpraferenz fur einen Direktkandidaten ausdrucken. Das soll verhindern, dass es Wahlkreise gibt, die uber keinen Abgeordneten im Bundestag verfugen.
Sitzverteilung soll weiter dem Zweitstimmenergebnis entsprechen
Dem Vorschlag der drei Abgeordnete zufolge sollen die wichtigsten Prinzipien bei der Mandatserteilung erhalten bleiben, etwa der Grundsatz des Verhaltniswahlrechts: Der Sitzanteil im Bundestag soll dem Zweitstimmenergebnis einer Partei entsprechen, die Abgeordneten gelangen dann uber Listenplatze ins Parlament. Zudem soll die personengebundene Komponente gewahrt bleiben: Die Wahlerinnen und Wahler sollen wie bisher uber eine Erststimme bestimmte Kandidatinnen und Kandidaten wahlen konnen.
Um diese Prinzipien bei einem gleichzeitigen Wegfall der Uberhangs- und Ausgleichsmandate zu wahren, sieht der Vorschlag einen neuen Mechanismus vor: Dieser soll dann uber die neu einzufuhrende Ersatzstimme greifen, wenn das Mandat nicht mehr an den nach Erststimmen erstplatzierten Wahlkreiskandidaten fallen kann.
Ein Beispiel:
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Einer Partei stehen in einem Bundesland nach Zweitstimmenanteil funf Mandate zu. Allerdings liegen sechs Kandidaten in ihren Wahlkreisen nach Erststimmen vorn. In diesem Fall wurde derjenige der sechs Erstplatzierten, der in seinem Wahlkreise den geringsten Stimmenanteil bekommen hat, das Mandat nicht einnehmen durfen.
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In einem solchen Fall soll aber ein anderer Kandidat aus dem gleichen Wahlkreis in den Bundestag entsandt werden. Um diesen zu bestimmen, sollen der neue Ersatzstimmen-Mechanismus zum Zuge kommen.
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Mit der Ersatzstimme sollen die Wahlerinnen und Wahler bei der Wahl des Wahlkreiskandidaten eine zweite Praferenz angeben konnen. Diese Ersatzstimmen sollen nur dann eine Rolle spielen, wenn der erstplatzierte Kandidat in einem Wahlkreis wegen Abschaffung der Uberhangmandate nicht zum Zuge kommt.
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Dann wird an dessen Stelle derjenige der ubrigen Kandidaten in den Bundestag gesandt, der – in absoluten Zahlen – die meisten Erststimmen zuzuglich der Ersatzstimmen in einem Wahlkreis erhalten hat. Erststimmen und Ersatzstimmen werden in diesem Fall einfach addiert, der Kandidat mit der hochsten Zahl erhalt das Mandat.
Einfacher wurde das Wahlrecht durch die Reformen also nicht. Und es ist fraglich, ob der Vorschlag der drei Abgeordneten mehrheitsfahig ist. Aus der Unionsfraktion – bislang wegen vieler Ausgleichs- und Uberhangmandate oftmals Profiteurin des aktuellen Wahlrechts – kommt schon deutlicher Widerspruch.
Die Koalition plane eine Entwertung des Wahlkreis-Gedankens und schure Politikverdrossenheit, sagte der Parlamentarische Geschaftsfuhrer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der >>Frankfurter Allgemeinen Zeitung<>ganz schlechter Stil<< der Ampel, den Beratungen der Wahlrechtskommission vorzugreifen.