Die Ehe und die traditionelle Familie waren der CSU seit je heilig. Kaum jemand setzte sich so konsequent und so leidenschaftlich für sie ein. Wer etwas anderes behauptet, ist ein hinterfotziges Schandmaul.
Gut, nicht allen Christsozialen war die Ehe jederzeit heilig. Aber das sind unbedeutende Einzelfälle. Der frühere bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß soll eine Affäre mit einer 17-Jährigen gepflegt haben und wurde Anfang der Siebzigerjahre im Rotlichtmilieu gesichtet – ganz ohne Ehefrau Marianne. Aber auch das war gewiss nur ein Ausrutscherl.
Ein gefährlich kaputtes Land
Wladimir Putins Armee blamiert sich in der Ukraine, Russland steht in der Welt fast ohne Freunde da, die Wirtschaft ist anfällig, und die gebildete Jugend flieht in Scharen. Ist nicht nur Russlands Militär wie ein Potemkinsches Dorf, sondern auch sein Machtsystem? Und macht das die Atommacht bedrohlicher?
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Auch dass der heutige Ministerpräsident Markus Söder vor seiner heutigen Ehe ein uneheliches Kind mit einer Affäre zeugte, die er einst in einem Nürnberger Sonnenstudio kennenlernte, sollte man nicht überbewerten. Ein Einzelfall war natürlich auch das uneheliche Kind von Horst Seehofer, der sich nach langem öffentlichen Hin-und-hergerissen-Sein schließlich doch für seine Ehefrau entschied – zum wiederholten Male gewissermaßen. Die Liste ließe sich fortsetzen. Auch das Doppelleben von Ex-CSU-Chef Theo Waigel mit Ehefrau Karin einerseits und der Ex-Skirennläuferin Irene Epple andererseits gilt bis heute als klarer Einzelfall.
Und trotzdem hat man den dumpfen Verdacht, als würde in der CSU, um eine berühmte »Fürstin« aus Bayern zu zitieren, ganz einfach furchtbar gern geschnackselt. Zumindest außerehelich.
Der allerjüngste Einzelfall ist der bisherige Generalsekretär der CSU, Stephan Mayer. Als die »Bunte«, das Fachmagazin für uneheliche Kinder aller Art, über ein angeblich uneheliches Kind berichtete, soll Mayer dem Reporter am Telefon nicht nur freundliche Sachen gesagt haben: »Ich werde Sie vernichten«, zum Beispiel. Oder: »Ich werde Sie ausfindig machen, ich verfolge Sie bis ans Ende Ihres Lebens.« 200.000 Euro Schmerzensgeld wollte Mayer angeblich auch noch überwiesen bekommen.
Zur Vermeidung künftiger Einzelfälle wäre nun ein Strategiewechsel angebracht. Um sich all die Schmerzen, Ausraster und Unannehmlichkeiten in Zukunft zu ersparen, sollte die CSU eventuell umdenken und mit der Zeit gehen. Einfach aus der Not eine Tugend machen, in die Offensive kommen. Schluss mit der heimlichen Fremdschnackselei, stattdessen freie Liebe im Freistaat.
Die Blaupause ist längst vorhanden. Sie stammt von einer Frau, die ebenfalls mal CSU-Vorsitzende werden wollte. Die ehemalige Fürther Regionalpolitikerin Gabriele Pauli (der Boulevard nannte sie »Latex-Landrätin«) kandidierte damals mit dem damals verstörenden Vorschlag einer Ehe auf Probe. Nach sieben Jahren wäre automatisch Schluss. Es sei denn, die Ehepartner würden sich über eine Verlängerung einig, dann folgten weitere sieben Jahre.
Es könnte eine Win-win-Situation sein. Die Partei könnte endlich auch in urbanen, polyamourösen Milieus attraktiver werden – und dem eigenen Personal manche Peinlichkeit ersparen.