Die Ukraine drängt seit der Invasion russischer Truppen in ihr Staatsgebiet auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU). Diese begegnet dem Anliegen zwar äußerst verhalten, aber ein erster, zumindest symbolischer Schritt ist nun von beiden Seiten gemacht: Die Ukraine hat den von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen überreichten Fragebogen für den Antrag auf EU-Mitgliedschaft vollständig ausgefüllt.
Die Europäische Kommission müsse nun klären, ob die Ukraine die notwendigen Beitrittskriterien erfülle, sagte der stellvertretende Leiter des Büros von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Ihor Zhovkva, in einem Interview des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens. »Wir erwarten, dass die Empfehlung positiv ausfallen wird und dann liegt der Ball bei den EU-Mitgliedstaaten«, so Zhovkva.
Demnach geht die Ukraine davon aus, während der geplanten Sitzung des Europäischen Rates am 23. und 24. Juni den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu erhalten.
Beitritts-Antrag: »legitim«, aber nur »symbolisch«
Die Ukraine hatte kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges die Mitgliedschaft in der EU beantragt. Der Beitritt ist ein langer und komplizierter Prozess. Selbst wenn die Kommission den Antrag positiv bewerten sollte, könnte allein der Start der Aufnahmeverhandlungen noch lange auf sich warten lassen, da alle EU-Staaten dem zustimmen müssen.
Der Präsident hatte versprochen, das Dokument binnen einer Woche bearbeiten zu wollen. EU-Ratspräsident Charles Michel, der alle 27-EU-Staaten vertritt, hatte die Hoffnungen auf einen schnellen Beitritt bereits gebremst. Der Beitritts-Antrag der Ukraine sei zwar »legitim«, aber auch nur »symbolisch«, sagte der Belgier. Unter den EU-Staaten gebe es nicht die nötige Einstimmigkeit für die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen.
Von der Leyen: Keine Frage von Jahren, sondern von Wochen
Immerhin soll eine Entscheidung nicht lange auf sich warten lassen. EU-Kommissionschefin von der Leyen hatte Selenskyj bei ihrem Besuch in Kiew am 8. April eine beschleunigte Entscheidung über die Aufnahme des Landes in die Staatengemeinschaft versprochen. Sie überreichte Selenskyj den Fragenkatalog zum angestrebten EU-Beitritt.
Kinder in Butscha am Stadtrand von Kiew: Die Ukraine sieht ihre Zukunft in der EU
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Rodrigo Abd / dpa
»Die Entscheidungsfindung wird nicht wie üblich eine Frage von Jahren sein, sondern eine Frage von Wochen, denke ich«, sagt von der Leyen bei dem Treffen in Kiew. Während Russland wirtschaftlichem, finanziellem und technologischem Verfall entgegengehe, bewege sich die Ukraine in Richtung einer europäischen Zukunft. Ihr Besuch sende die »sehr starke Botschaft, dass die EU an Ihrer Seite ist«, versicherte sie Selenksyj.