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Welt

: Prasidentschaftswahl in Frankreich, deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine, Karl Lauterbach //

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,

heute geht es um die erste Runde im franzosischen Prasidentschaftswahlkampf. Um das Ratseln der EU-Partner, weshalb Deutschland so wenig Rustungsguter zur Verfugung stellt. Und um Karl Lauterbach nach der Pleite mit der Impfpflicht.


Problemfall Deutschland

Wer die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht fragt, welche und wie viele Waffen Deutschland bereits an die Ukraine geliefert hat oder beabsichtigt zu liefern, der wird keine Antwort bekommen. Deshalb hat ein Team um meinen Kollegen Konstantin von Hammerstein den Stand der Dinge recherchiert.

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Kanzler Scholz, Ministerin Lambrecht


Foto: Kay Nietfeld / dpa

Bislang wurden unter anderem geliefert: 500 Stinger-Flugabwehrraketen, 2700 Strela-Boden-Luft-Raketen aus DDR-Bestanden, 3000 Panzerfauste, 100 Maschinengewehre MG 3, 16 Millionen Schuss Munition fur verschiedene Handwaffentypen, Hunderte Panzerabwehrrichtminen, 80 gepanzerte Gelandewagen, 50 Sanitats-Unimogs, 14 Paletten Sanitatsmaterial, eine halbe Million Einmannpackungen Verpflegung, vier Systeme zur Drohnenabwehr, dazu Nachtsichtgerate und Fernglaser.


Das ist nicht wenig. Fur deutsche Verhaltnisse ist es sogar viel. Vor wenigen Wochen namlich wollte die Bundesregierung ausser Helmen nicht viel liefern. Dann kam die Wende.

Aber im internationalen Vergleich geht es doch noch immer recht langsam voran bei den Deutschen. Und taglich kommen neue Nachrichten von russischen Graueltaten. Putins Schergen haben am Freitag einen Bahnhof in der Ostukraine bombardiert, an dem Hunderte Menschen darauf warteten, herauszukommen aus dem Kriegsgebiet. Es gab Dutzende Tote, darunter viele Kinder.

Die Kollegen um Konstantin berichten aus Estland, wo man sich fragt, wie es sein kann, dass die kleine Baltenrepublik der Ukraine mehr Rustungsguter zur Verfugung stellt als das grosse Deutschland. Beim jungsten Deutschland-Besuch habe man gelernt, so berichtet eine Staatssekretarin im estnischen Verteidigungsministerium, dass dort fur jede Freigabe 18 Zwischenschritte benotigt wurden. In Estland seien es zwei.

Und speziell jene Europaer, die einst schwer getroffen waren von der Eurokrise und Deutschlands harter Haltung darin, zeigen sich nun irritiert uber die deutsche Zuruckhaltung im Kampf gegen den Kriegsverbrecher aus dem Kreml.

Bruno Macaes, wahrend der Eurokrise in Portugals Regierung zustandig fur Verhandlungen mit den Deutschen, sagte dem SPIEGEL: >>Damals habe ich von meinen deutschen Kollegen ein Sprichwort gelernt. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Was ist daraus geworden?<>Bis dahin konnten Zehntausende oder Hunderttausende Ukrainer tot sein.<<

Mehr Nachrichten und Hintergrunde zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier:

  • Angriff auf Zivilisten im Donbass: Sie wollten fliehen – dann kam die Rakete: Hunderte Menschen standen am Bahnhof in Kramatorsk und warteten darauf, aus der Stadt zu kommen. Die Regierung hatte sie dazu aufgefordert. Ein russischer Angriff totete Dutzende Fluchtende, darunter viele Kinder.

  • Estlands Hilfe fur die Ukraine: Das 222-Millionen-Euro-Wunder: Im Ukrainekrieg helfen viele Lander mit Waffen, doch vor allem Estland sorgt seit Tagen fur Schlagzeilen. Das kleine Land liefert so viel wie kaum jemand – und zeigt den Deutschen, was mit Entschlossenheit moglich ist.

  • Rekonstruktion der Graueltaten: Das Fanal von Butscha: Russische Soldaten haben in der Kleinstadt Butscha Hunderte Zivilisten erschossen. Uberlebende erzahlen von unfassbaren Szenen. Die SPIEGEL-Titelstory.


Putinista versus Macron

Am Sonntag findet die erste Runde der franzosischen Prasidentschaftswahl statt und es ist davon auszugehen, dass neben Amtsinhaber Emmanuel Macron die Rechtsradikale Marine Le Pen vom Rassemblement National (RN) in die Stichwahl einziehen wird. Anders als beim letzten Mal, als Macron in den Umfragen deutlich vor Le Pen lag, liegt die Putin-Verehrerin diesmal nur wenige Punkte hinter Macron.

Kandidatin Le Pen bei Putin im Kreml, im Marz 2017


Foto by Mikhail Klimentyev/dpa

Le Pen im Elysee-Palast, >>das ware nicht nur eine Zasur fur Frankreich, sondern fur ganz Europa<<, schreibt mein Kollege Leo Klimm.

Tatsachlich ware das europaische Projekt dann nicht mehr nur von aussen bedroht, sondern von seinem innersten Kern aus. Denn ohne Frankreich ist die EU nichts. Fur Putin ware es ein Triumph, eine feindliche Ubernahme ohne Panzer und Raketen. Schon der Wahlsieg des Ungarn und Mini-Putin Viktor Orban am vergangenen Wochenende durfte im Kreml Freude ausgelost haben.

Putin hat in den vergangenen Jahren in seinem Kampf gegen die Demokratien des Westens gezielt Kontakt zu Rechtsaussen-Parteien in ganz Europa gesucht: in Osterreich zur FPO, in Italien zur Lega Nord, in Deutschland zur AfD und in Frankreich eben zum RN, der fruher Front National hiess.

Eine der entscheidenden Fragen an den franzosischen Wahlsonntagen werde sein, wie das in den vergangenen Jahrzehnten vernachlassigte, demoskopisch aber eben nicht vernachlassigbare Frankreich abstimmen wird, schreibt Leo.

>>Dieses Frankreich der Abgehangten, das sich in der ablaufenden Legislatur nur einmal, aber dafur laut zu Wort gemeldet hat, als im Winter 2018/19 in gelben Warnwesten gekleidete Menschen die Kreisverkehre besetzten, um ihrer Wut auf Prasident Emmanuel Macron freien Lauf zu lassen.<< Der Kollege ist der Sache auf den Grund gegangen, lesen Sie hier seine Reportage aus dem Nordosten Frankreichs.

Verlierer/Gewinner des Tages…

SPD-Politiker Lauterbach


Foto: Carsten Koall / dpa

… ist Karl Lauterbach. Nach der Pleite mit der Impfpflicht und dem Wirrwarr um die Corona-Isolationspflicht kann der Gesundheitsminister heute Party feiern. Oder sagen wir besser so: Lauterbach ist der Stargast auf dem >>Gesundheitsfest<< der SPD Mulheim an der Ruhr.

In der Ankundigung heisst es: >>Neben den zahlreichen Herausforderungen wollen wir gemeinsam mit Karl auch mal unsere Gesundheit >feiern<.<>interaktiven Gesundheitsfest<>rund um Ernahrung, Bewegung, Hygiene und seelische Gesundheit<< prasentiert. Ach, klingt das gut. Allerdings sind Proteste von Impfgegnern angekundigt.


Die SPIEGEL+-Empfehlungen fur heute

  • >>Betonstaub legte sich uber uns wie Mehl<< Am 16. Marz traf eine Bombe das Theater von Mariupol, in dem Hunderte Menschen Zuflucht vor russischen Truppen gesucht hatten, darunter Frauen und Kinder. Dutzende Menschen kamen um. Uberlebende berichten.

  • Wie russisch ist die deutsche Ol- und Gasindustrie? In letzter Sekunde hat die Bundesregierung die deutsche Tochter von Gazprom unter ihre Kontrolle gebracht – und Chaos am Gasmarkt verhindert. Nun befurchtet Berlin, dass Putin die Energiekrise vollends eskalieren lasst.

  • >>Schwester, da lauft jemand aus!<< Personalmangel, Zeitdruck, Vernachlassigung von Patienten: Was Beschaftigte grosser Kliniken aus ihrem Arbeitsleben berichten, ist schwer zu ertragen. Das sind ihre Protokolle aus Kreisssalen, Kinderstationen und Notaufnahmen.

  • 23.000 offene Stellen, fur die sich niemand findet: Der seit Jahren wachsende Personalnotstand in den Krankenhausern gefahrdet Leib und Leben der Patienten. Jetzt setzen sich Pfleger und Pflegerinnen organisiert zur Wehr. Ihre starkste Waffe: Protokolle ihres Arbeitsalltags.

  • Die unterschatzte Herzinfarkt-Gefahr nach einer Coronainfektion: Wer an Covid-19 erkrankt, hat noch Monate nach der Infektion ein erhohtes Risiko fur Infarkte und andere schwere Herz-Kreislauf-Krankheiten – selbst bei milden Coronaverlaufen. Hilft die Impfung?

  • Die Nazi-Vergangenheit einer Verfassungsrichterin: Wiltraut Rupp-von Brunneck, Richterin am Bundesverfassungsgericht, galt als Lichtgestalt der deutschen Rechtsgeschichte. Doch nun hat ein Historiker dunkle Kapitel in ihrem Leben aufgedeckt.

Die jungsten Meldungen aus der Nacht

  • Tausende zusatzliche russische Soldaten nahe Charkiw zusammengezogen: Der Kreml legt wie angekundigt den Fokus auf die Ostfront: Rund um Charkiw wurden die Kremltruppen verstarkt, berichtet das US-Verteidigungsministerium. Die Zahl der taktischen Bataillone sei von 30 auf inzwischen 40 angestiegen.

  • Lambrecht halt Waffenlieferungen aus Bundeswehrbestand kaum noch fur moglich: Kunftige Waffenlieferungen an die Ukraine mussen laut Verteidigungsministerin zunehmend direkt uber die Rustungsindustrie erfolgen. Andernfalls konne die Verteidigungsfahigkeit der Bundeswehr beeintrachtigt sein.

  • Selenskyj fordert >>starke weltweite Antwort<< auf Angriff in Kramatorsk: Die Bombardierung von Fluchtlingen auf dem Bahnhof von Kramatorsk sorgt weltweit fur Entsetzen. Der ukrainische Prasident fordert den Westen nun zu einem vollstandigen Embargo auf russisches Ol und Erdgas auf.

Ich wunsche Ihnen einen guten Start in den Tag.


Ihr Sebastian Fischer

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