Die SPD triumphiert bei der Landtagswahl im Saarland, die CDU ist abgesturzt. Das deutliche Ergebnis der Sozialdemokraten mit einem Plus an Wahlerstimmen von rund 14 Prozentpunkten und das Debakel der CDU – ein Minus von rund zwolf Punkten – hangen direkt miteinander zusammen.
Die Landtagswahl ist gepragt von grossen Verschiebungen: Zehntausende Wahlerinnen und Wahler, die vor funf Jahren noch fur die CDU oder die Linke stimmten, entschieden sich diesmal fur die SPD von Landeschefin Anke Rehlinger. Das geht aus der Analyse zur Wahlerwanderung von Infratest dimap hervor.
Das Wahlforschungsinstitut berechnet sie auf Grundlage eigener Befragungen, des vorlaufigen Endergebnisses sowie weiterer amtlicher Statistiken. Die Werte sind eine grobe Schatzung dafur, wie viele Wahlerinnen und Wahler eine Partei im Vergleich zur vorherigen Wahl halten konnte und wie viele zu und von anderen Parteien ab- oder zugewandert sind.
Die SPD profitierte demnach vor allem von Wahlerinnen und Wahlern, die sich von der CDU und Ministerprasident Tobias Hans abwendeten. 38.000 von ihnen stimmten fur die SPD, nur 6000 Wahler wechselten in die umgekehrte Richtung. Die zweite grosse Wanderbewegung sind 18.000 Personen, die einst fur die Linke gestimmt hatten und nun zu den Sozialdemokraten wechselten. Eine nennenswerte Abwanderung von den Sozialdemokraten SPD zu anderen Parteien gab es nicht. Deshalb kommt die SPD auf 43,5 Prozent und hat damit die absolute Mehrheit an Sitzen im Saarbrucker Landtag.
Die CDU verlor nicht nur im grossen Stil an die SPD. Auch die gesunkene Wahlbeteiligung machte sich bei den Christdemokraten besonders stark bemerkbar: 25.000 ihrer ehemaligen Wahlerinnen und Wahler blieben diesmal zu Hause. Hinzu kommen kleinere Abwanderungen zu den ubrigen Parteien. 12,2 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2017 bedeuteten ein historisch schwaches Ergebnis von 28,5 Prozent.
Auch die Linke verlor sowohl an die SPD (18.000) als auch an das Lager der Nichtwahler (13.000). Zudem fallen die 9000 Personen ins Auge, die sich diesmal fur eine der Kleinstparteien statt fur die Linke entschieden. In der Summe fiel die Linke um mehr als zehn Punkte auf 2,6 Prozent und fliegt damit aus dem Landtag – in dem Bundesland, in dem sie einst deutlich zweistellige Ergebnisse erzielte.
Auch die AfD verlor laut Infratest dimap spurbar an die Gruppe der Nichtwahler. Nach leichten Verlusten bleibt sie mit 5,7 Prozent im Landtag vertreten.
Die Grunen verbesserten sich gegenuber 2017 um knapp einen Prozentpunkt, scheiterten laut vorlaufigem Ergebnis aber ausserst knapp an der Funfprozenthurde. Es gelang der Partei nicht, Abwanderungen in verschiedene Richtungen ausreichend auszugleichen.
Die FDP konnte ein paar fruhere CDU-Wahler uberzeugen, legte 1,5 Punkte zu, verfehlte mit 4,8 Prozent aber den Einzug in den Landtag.
Besonders gross sind die Verschiebungen zwischen SPD und CDU bei den alteren Wahlerinnen und Wahlern. Zu diesem Ergebnis kommt die Nachwahlbefragung von Infratest dimap.
Die SPD gewann demnach bei den uber 60-Jahrigen am meisten Wahlerinnen und Wahler dazu, am wenigsten in der jungsten Wahlergruppe von 18 bis 24 Jahren. Die CDU verlor besonders viele Wahler bei den uber 45-Jahrigen, prozentual am meisten bei Personen uber 70 Jahren. In dieser Gruppe wahlten 16 Prozentpunkte weniger die CDU als bei der vergangenen Landtagswahl.
Grune und FDP stark bei den Erstwahlern
Insgesamt liegen die Ergebnisse der beiden grossen Parteien bei den alteren Wahlern deutlich uber ihren jeweiligen Ergebnissen in der Gesamtbevolkerung: Bei den uber 70-Jahrigen kam die SPD auf 49 Prozent, die CDU auf 38 Prozent. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jahrigen lag das Ergebnis der SPD bei 32 Prozent, das der CDU bei 19 Prozent.
Hatten nur die Erstwahlerinnen und Erstwahler uber die Zusammensetzung des Landtags entschieden, waren Grune und FDP deutlich eingezogen. Beide Parteien erreichten in dieser Gruppe mit elf Prozent uberproportional viele Stimmen.
Aufgeteilt nach Geschlechtern schnitt die SPD bei Frauen etwas besser ab als bei den Mannern, 45 Prozent versus 42 Prozent. Das gilt auch fur die CDU, die bei Frauen einen Stimmenanteil von 30 Prozent und bei Mannern von 27 Prozent erreichte. FDP und AfD bekamen mehr Stimmen von Mannern als von Frauen.
Grune, FDP und Linke, die allesamt den Einzug in den Landtag verpassten, schnitten besser bei Wahlerinnen und Wahlern mit hoher Bildung ab. Die SPD hingegen erreichte in der Gruppe der Menschen mit einfacher Bildung deutlich mehr Zustimmung als in der mit hoher Bildung. Bei der CDU ist der Stimmenanteil in beiden Gruppen etwa gleich. Die AfD wurde starker von Wahlerinnen und Wahlern mit einfacher Bildung gewahlt.
In der Gruppe der Wahlerinnen und Wahler, die in schlechter wirtschaftlicher Situation leben, erreichte die SPD einen Stimmenanteil von 35 Prozent, die CDU 23 Prozent. Auffallig ist hier das Ergebnis der AfD, die in dieser Gruppe laut Infratest dimap auf 16 Prozent kommt – fast dreimal so viel wie ihr Stimmenanteil insgesamt von 5,7 Prozent.