Die Zahl antisemitischer Straftaten ist in Berlin im vergangenen Jahr weiter angestiegen. Die Strafverfolgungsbehorden der Hauptstadt leiteten 661 Verfahren mit antisemitischem Hintergrund gegen unbekannte und namentlich bekannte Tater ein, wie aus dem Bericht der Antisemitismusbeauftragten der Berliner Generalstaatsanwaltschaft, Claudia Vanoni, hervorgeht. Im Jahr 2020 waren es demnach noch 417 Verfahren, ein Jahr zuvor 386 gewesen.
In 297 und damit 45 Prozent der 2021 eingeleiteten Verfahren wurden die Taten im Internet begangen. Allein 131 der im Berichtsjahr eingeleiteten Verfahren hatten zudem Strafanzeigen gegen den als Verschworungstheoretiker aufgetretenen Vegankoch Attila Hildmann zum Gegenstand.
Auch das Aufflammen des Nahostkonflikts im vergangenen Jahr hatte die Situation verscharft, die Berliner Polizei intensivierte die Patrouillen vor judischen Einrichtungen. In Berlin leben viele Araber, Deutsche mit arabischem Hintergrund, sowie Menschen mit Verbindungen nach Palastina. Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Berichte uber Angriffe.
242 Verfahren eingestellt
Aufsehen erregte ein Fall von 2018, der auch mit der Kamera gefilmt wurde: Zwei Kippa tragende Manner waren von einer dreikopfigen Gruppe angegriffen und dabei auf Arabisch antisemitisch beleidigt worden. Einer der Angreifer schlug zudem mit einem Gurtel zu. Die antisemitische Al-Quds-Demonstration von palastinensischen Gruppen war hingegen im vergangenen Jahr abgesagt worden.
Der Oberstaatsanwaltin zufolge missbrauchen Menschen die Coronapandemie oder den Nahostkonflikt, um ihren antisemitischen Vorurteilen und ihrem Judenhass freien Lauf zu lassen. >>Es ist unsere Aufgabe als Gesellschaft und als Berliner Strafverfolgungsbehorden, diesen unertraglichen Entwicklungen weiter entschieden entgegenzutreten.<<
Wie der neue Bericht nun aufzeigt, wurden 242 Verfahren, insgesamt 37 Prozent, eingestellt – unter anderem, weil die Tater nicht ermittelt werden konnten oder die Ermittlungen keinen hinreichenden Tatverdacht ergaben. Bei 154 Verfahren dauerten die Ermittlungen noch an.
>>Auch im vierten Jahr meiner Tatigkeit als Antisemitismusbeauftragte muss ich leider feststellen, dass die Fallzahlen zu antisemitischen Straftaten weiter ansteigen<<, teilte Vanoni mit. Hass und Hetze gegen Judinnen und Juden nahmen sowohl im Internet als auch auf offener Strasse zu.