An einem Donnerstag Ende Februar uberfiel Russland auf Geheiss von Kremlchef Wladimir Putin die Ukraine, drei Tage spater sprach Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag von einer >>Zeitenwende<<. Die Nato musse schlagkraftiger werden, Deutschland sich mehr einbringen – zudem kundigte Scholz ein Sondervermogen von 100 Milliarden Euro fur die Bundeswehr an, das im Grundgesetz verankert werden solle.
Nun haben gut 600 Prominente aus Politik, Kirche, Wissenschaft und Kultur einen Appell gegen die Rustungsplane veroffentlicht. Das Schreiben, das dem SPIEGEL vorliegt, stellt sich klar gegen die russische Aggression. Der Krieg Putins sei >>durch nichts zu rechtfertigen<>Lugen und Propaganda<< aufgebaut.
Dennoch sei eine Aufrustung als Abschreckung der falsche Weg. >>Eine massive Hochrustung der Bundeswehr hilft den Menschen in der Ukraine nicht<>Die Anschaffung von konventionellen Waffen wie Kampfflugzeugen und bewaffnungsfahigen Drohnen als Abschreckung unter atomaren Militarblocken ist sinnlos.<< Die gemeinsamen Rustungsausgaben der Nato-Staaten wurden die russischen Rustungsausgaben schon jetzt um das fast Zwanzigfache ubertreffen.
Die Unterzeichnenden furchten, dass die Ausgaben fur die Bundeswehr zu Kurzungen an anderer Stelle fuhren, in der Forschung, im sozialen und kulturellen Bereich. Die Rustungsausgaben auch noch im Grundgesetz festzuschreiben, sei ein >>demokratiepolitischer Skandal<<. Die Entscheidung brauche eine breite demokratische Diskussion.
Initiiert wurde der Appell unter anderem von den SPD-Politikern Andrea Ypsilanti und Jan Dieren, von der Linkenpolitikerin Julia Schramm und dem Soziologen Klaus Dorre. Unterschrieben haben unter anderem der ehemalige Grunenabgeordnete Hans-Christian Strobele, die Grune-Jugend-Sprecherin Sarah-Lee Heinrich, die Theologin Margot Kassmann, der IG-Metall-Vorstand Hans-Jurgen Urban, die Schauspielerinnen Katja Riemann und Corinna Harfouch sowie die Sanger Bela B. und Sebastian Krumbiegel.