Die EU will die militärische Hilfe für die Ukraine in ihrem Kampf gegen den Angriff Russlands ausweiten. Wie mehrere Diplomaten dem SPIEGEL bestätigten, haben sich Vertreter der EU-Staaten am Freitag politisch darauf geeinigt, weitere 500 Millionen Euro freizugeben, mit denen Waffen- und Ausrüstungslieferungen der Mitgliedsländer an die Ukraine bezahlt werden können.
AdvertisementDamit würde die Unterstützung im Rahmen der sogenannten Europäischen Friedensfazilität auf eine Milliarde Euro steigen. In einigen Ländern müssen nun noch die Parlamente formell zustimmen, darunter der Bundestag – was einen schnellen Beschluss aber nun zu verzögern droht.
Der Haushaltsausschuss des Bundestags werde nach bisherigen Planungen erst am kommenden Mittwoch entscheiden, wie ein ranghoher EU-Diplomat beklagte. Beim Treffen der EU-Außen- und Verteidigungsminister am Montag werde es deshalb »keine Entscheidung« über die neuen 500 Millionen Euro geben. Damit käme der formelle Beschluss auch nicht mehr rechtzeitig zum EU-Gipfel Ende kommender Woche, zu dem US-Präsident Joe Biden erwartet wird.
In Berliner Regierungskreisen hieß es zwar, Deutschland werde der Aufstockung des EU-Fonds beim Ministertreffen am Montag »politisch zustimmen«. Die Autorisierung durch den Haushaltsausschuss des Bundestags werde aber erst für den Mittwoch angepeilt. Ein EU-Diplomat bestätigte, dass am Montag in Brüssel lediglich eine politische Einigung vorgesehen sei. Ein formeller Beschluss sei aber erst in der Woche nach dem Gipfel möglich.
Irritationen über die Aufstockung der Militärhilfen hatte es schon vergangene Woche gegeben. Beim Gipfel im französischen Versailles hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell den Eindruck erweckt, die Freigabe weiterer 500 Millionen Euro sei bereits beschlossene Sache.
In einigen Hauptstädten, darunter in Berlin, sorgte das für Unmut – auch, weil die Ende Februar bewilligten ersten 500 Millionen noch gar nicht ausgegeben sind. In Brüsseler Diplomatenkreisen heißt es, dass noch mehr als die Hälfte des Geldes ungenutzt sei. 450 Millionen davon sind für Waffen, 50 Millionen für Schutzausrüstung, Treibstoff und andere Hilfsmittel vorgesehen.
Ein EU-Diplomat erklärte jedoch, dass die Vergabe der Hilfe »in vollem Gange« sei. Der Gesamtwert der Anforderungen aus den Mitgliedsländern übersteige bereits 500 Millionen Euro. Deshalb werde die komplette Summe »sehr bald« aufgebraucht sein, was eine schnelle Freigabe weiterer Mittel erforderlich mache.
Die Europäische Friedensfazilität, aus der das Geld für die militärische Unterstützung kommt, ist ein neues Finanzierungsinstrument der EU. Es kann unter anderem dafür genutzt werden, die militärischen Fähigkeiten in Partnerländern zu stärken. Für den Zeitraum von 2021 bis 2027 ist das Instrument mit rund fünf Milliarden Euro ausgestattet.