Jüdische Geflohene aus der Ukraine sollen in Deutschland den Status von Kontingentflüchtlingen erhalten. Wie der Zentralrat der Juden in Deutschland mitteilte, ermögliche die vereinfachte Zuwanderungsregelung ihnen sofort ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. Demnach hat der Zentralrat die Vereinbarung gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) verhandelt. Zuerst hatte die »Welt« darüber berichtet.
Demnach können Jüdinnen und Juden aus der Ukraine ihre Anträge auf Zuwanderung jetzt auch in Deutschland stellen. Bisher musste dies im Herkunftsland bei der Deutschen Botschaft geschehen. Nun dürfen Menschen jüdischer Abstammung aus der Ukraine einen Antrag auf jüdische Zuwanderung direkt in Deutschland bei der örtlichen Jüdischen Gemeinde stellen. Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für die jüdische Zuwanderung erfüllt sind, trifft dann das Bamf.
Zwei Nachweise sind laut Zentralrat relevant: Die Antragsstellenden müssen einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine sowie ihre jüdische Abstammung mit Originaldokumenten belegen können. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung müssen die Antragsteller weder eine positive Integrationsprognose vorweisen noch Deutschkenntnisse haben.
Advertisement»Vielleicht eine neue Heimat«
»Für viele Juden aus der Ukraine ist Deutschland jetzt ein sicherer Zufluchtsort und vielleicht eine neue Heimat«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. Angesichts der deutschen Geschichte sei das keine Selbstverständlichkeit. Er sei dankbar, dass Deutschland seiner historischen Verantwortung nachkomme und seine Türen für jüdische Vertriebene öffne.
Der Status der Kontingentflüchtlinge entstand 1991. Seit 1989 waren viele Juden und Jüdinnen aus der ehemaligen Sowjetunion ohne Rechtsgrundlage nach Deutschland eingereist. Die Ministerpräsidenten-Konferenz im Januar 1991 beschloss daraufhin, sie als »jüdische Zuwanderer« zu bezeichnen – sie erhielten damit ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht.
Jüdinnen und Juden aus der Ukraine mussten besonders unter der Kriegsgräuel der Deutschen leiden. In der Schlucht von Babyn Jar verübten im Zweiten Weltkrieg deutsche Besatzungstruppen und ihre ukrainischen Helfer ein Massaker an der jüdischen Bevölkerung – mehr als 33.000 Menschen wurden ermordet. Russland hatte laut ukrainischen Angaben zuletzt einen Fernsehturm nahe dem Holocaustmahnmal angegriffen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, selbst Jude, hatte den Beschuss scharf verurteilt.