Oskar Lafontaine beendet seine politische Karriere: Der Mitgrunder und einstige Vorsitzende der Linkspartei ist aus der Partei ausgetreten. Dies teilte der 78-Jahrige in Saarbrucken mit. >>Ich wollte, dass es im politischen Spektrum eine linke Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit gibt, deshalb habe ich die Partei Die Linke mitgegrundet. Die heutige Linke hat diesen Anspruch aufgegeben<<, heisst es in einer Erklarung Lafontaines.
In der Erklarung, die dem SPIEGEL, vorliegt, wirft er seiner Partei vor, heute ahnliche Ziele zu verfolgen und sich um dasselbe Wahlermilieu zu bemuhen >>wie die Grunen<<. Unter dem Eindruck des Ukrainekrieges wurden nun auch noch die friedenspolitischen Grundsatze abgeraumt. Die Kritik ahnelt der seiner Frau Sahra Wagenknecht, die bereits seit Langerem ihre Partei als Hort der >>Lifestyle-Linken<< bezeichnet.
Lafontaine hatte im Marz 1999 im Streit mit Bundeskanzler Gerhard Schroder den Vorsitz der SPD niedergelegt und 2005 nach dem Verlassen der SPD die westdeutsche Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) mit der ostdeutschen PDS zur Linkspartei vereint. Durch seinen Parteiaustritt hat sich ein gegen Lafontaine bei der Linkspartei laufendes Parteiausschlussverfahren erledigt.
Austritt vor Ausschluss
Neben dem Rucktritt hat der Saarlander auch seine politische Karriere beendet. Mit der Landtagswahl im Saarland am 27. Marz kehrt er nach mehr als 50 Jahren der aktiven Politik den Rucken. Zuletzt hatte er seit 2009 die Linksfraktion im saarlandischen Landtag gefuhrt. Am Mittwoch war er in seiner letzten Landtagssitzung mit reichlich Dankesworten verabschiedet worden.
Mit dem Austritt konnte er nun einem Parteiausschluss zuvorgekommen sein, das gegen ihn angestrebt wird. Im Saarland fuhrte der Linken-Mitbegrunder seit Jahren einen erbitterten Kleinkrieg mit dem saarlandischen Landesvorsitzenden Thomas Lutze. Er wirft diesem vor, ein Betrugssystem aufgebaut zu haben und sich mit bezahlten Mitgliedern fur den Bundestag aufgestellt zu haben. Lutze bestreitet die Vorwurfe. Der Landesverband ist derart zerstritten, dass es derzeit offiziell zwei Linkenfraktionen im Parlament in Saarbrucken gibt.
Lafontaine hatte im Streit seit Langerem seine vorgeschriebenen Mandatsabgaben nicht an die Partei uberwiesen. Er verwies auf >>Unregelmassigkeiten bei Mitgliederfuhrung und Finanzwesen<<, die auch schon der Bundesvorstand der Partei bemangelt habe. In der Vergangenheit haben solche ausbleibenden Zahlungen bereits zu einem Parteiausschluss gefuhrt – auch im Falle Lafontaines hatte es zum Ausschluss fuhren konnen.
>>Oskar<<, wie er im Saarland heisst, war fast alles, was man in einem politischen Leben in Deutschland werden kann: Oberburgermeister von Saarbrucken, SPD-Landesvorsitzender, Ministerprasident des Saarlandes (1985-1998), SPD-Kanzlerkandidat (1990), SPD-Bundesvorsitzender, Bundesfinanzminister, Mitgrunder der Linkspartei und deren Partei- und Fraktionsvorsitzender im Bundestag.