Die FDP macht Druck beim Zeitplan der bisher immer wieder gescheiterten Wahlrechtsreform im Bundestag. Am Mittwochabend will das Parlament erneut eine Kommission einsetzen, die sich mit dem Thema beschaftigt.
>>Die Kommission sollte unverzuglich mit der Arbeit beginnen. Damit das Thema nicht wieder an das Ende der Wahlperiode verschoben wird, muss bis zum Ende der Sommerpause dieses Jahres ein Vorschlag fur eine Wahlrechtsreform auf dem Tisch liegen<<, sagte FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle dem SPIEGEL.
Mit der Wahl im vergangenen September ist der Bundestag auf eine Rekordgrosse von 736 Abgeordneten angewachsen. Die regulare Sitzzahl liegt bei 598. Union und SPD konnten sich in der vergangenen Wahlperiode lediglich auf eine Minireform mit sehr begrenzter Wirkung einigen.
Sie beschlossen mit ihrer Mehrheit im Bundestag auch die Einsetzung einer Reformkommission, die aber kaum tagte und deren Mandat mit dem Ende der Wahlperiode auslief. Die neue Kommission soll nun wieder Vorschlage fur eine Reform erarbeiten.
Dabei hatten alle Fraktionen bereits in der vergangenen Legislaturperiode Vorschlage vorgelegt. Kuhle sagte, bei der Wahlrechtsreform musse auch die neue Ausgangslage berucksichtigt werden. >>Schon jetzt ist eine Reduzierung der Wahlkreise von 299 auf 280 im Bundeswahlgesetz fur die nachste Bundestagswahl vorgesehen. Gleichzeitig haben sich die Ampelparteien im Koalitionsvertrag auf die Abschaffung der drei unausgeglichenen Uberhangmandate verstandigt. Diese stellen eine Verzerrung des Wahlergebnisses dar, haben aber bei der Bundestagswahl 2021 zu einer Einsparung an Mandaten gefuhrt.<<
Die Kommission musse daher auch daruber sprechen, inwiefern die Zahl der Wahlkreise noch weiter reduziert werden konne, sagte der FDP-Politiker. Bisher hatte sich vor allem die CSU dagegen gewehrt, umfangreich Wahlkreise zu reduzieren.
Uberhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr per Zweitstimme zustehen. Dann erhalten die anderen Parteien sogenannte Ausgleichsmandate, damit die Proportionen wieder stimmen – was aber zu einem grosseren Parlament fuhrt.
Um diesen Effekt abzuschwachen, hatte die Grosse Koalition in der vergangenen Legislaturperiode in der Minireform unter anderem beschlossen, drei Uberhangmandate nicht mehr auszugleichen. FDP, Grune und Linke kritisierten, damit werde das Zweitstimmenergebnis verzerrt. Im Ampelkoalitionsvertrag wurde festgehalten, dass es wieder ab dem ersten Uberhangmandat auch Ausgleichsmandate geben soll.