Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,
heute geht es um die Friedensbemühungen des deutschen Altbundeskanzlers. Um die Panik des Tobias Hans im Saarland. Und um das erstaunliche Comeback des Felix Magath.
Gerhard Schröder und der Weltfrieden
Auch in dieser Woche werden sich wieder viele Menschen darum bemühen, Wladimir Putin von seinem immer grausameren Angriffskrieg gegen die Ukraine abzubringen. Die Millionen Demonstranten auf den Straßen, und die wenigen an den Staatsspitzen.
Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz am Wochenende gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erneut mit Putin telefoniert und einen sofortigen Waffenstillstand gefordert hatte, reist er heute in die Türkei, um Präsident Recep Tayyip Erdoğan zu treffen. Auch dabei wird es um Russlands Krieg geben. Die Türkei sieht sich in einer Art Vermittlerrolle, im türkischen Antalya führten am Donnerstag erstmals die Außenminister Russlands und der Ukraine ein Gespräch miteinander – wenn auch zunächst ohne konkrete Ergebnisse.
AdvertisementUnd dann ist da noch Gerhard Schröder, der weiter am Ball bleiben will. Es gab in den vergangenen Tagen viele böse Mutmaßungen darüber, warum der Ex-Kanzler mit seiner Frau vergangene Woche nach Moskau reiste und dort mit seinem Freund und Geldgeber Wladimir Putin gesprochen hat. Ich glaube ernsthaft, dass Schröder dadurch einen Beitrag zum Frieden leisten wollte und dies nach wie vor möchte. Alle anderen Unterstellungen sind üble Nachrede – so viel man an Schröder auch kritisieren muss.
Putin und Schröder 2018 in Moskau
Foto: Alexei Druzhinin / dpa
Dass seine Bemühungen tatsächlich etwas an Wladimir Putins Plänen ändern können, glaube ich indes nicht. Putin wird seinen Krieg niemals stoppen, weil Gerhard Schröder ihn überzeugt oder zum Nachdenken gebracht hat. Was ich mir hingegen vorstellen kann, ist das Folgende: Sollte Putin sich, aus welchen Gründen auch immer, demnächst entschließen, die Waffen schweigen zu lassen, könnte es sein, dass er seinen deutschen Freund Gerd in diesem Zusammenhang ins Spiel bringen wird. Dass Schröder trotz des Krieges bislang trotzig an all seinen Aufgaben für russische Energiefirmen festgehalten hat, wird Putin ihm vermutlich hoch anrechnen – und sich bei Gelegenheit erkenntlich zeigen.
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Reise zu Putin: Schröders geheime Moskau-Mission
Hans Wurst im Saarland
In weniger als zwei Wochen findet endlich wieder eine Landtagswahl in Deutschland statt, diesmal im Saarland. Landtagswahlen sind so terminiert, dass sie schön gleichmäßig über eine Legislaturperiode des Deutschen Bundestages verteilt sind, was zur Folge hat, dass irgendwo immer Wahlkampf ist und das Land aus einem Dauerwahlkampfmodus nie herausfindet. So kommen ständig Forderungen von wahlkämpfenden Ministerpräsidentinnen oder Ministerpräsidenten (oder solchen Politikern, die es werden wollen), die das Populismus- und Aktionismus-Level im Lande entscheidend erhöhen. Womit wir bei Tobias Hans wären.
Tobias Hans
Foto: IMAGO/Political-Moments
Vorige Woche postete der (noch) amtierende Ministerpräsident des Saarlandes ein Selfie-Video von sich vor der Preistafel einer Tankstelle und beklagte die sehr hohen Spritpreise. Seine Pose war erkennbar der Versuch, eine Mischung aus Wolodymyr Selenskyj und Julian Reichelt hinzubekommen. Hans verlangte eine Spritpreisbremse und machte einen interessanten Gegensatz auf: »Das trifft jetzt ned nur die Geringverdiener, sondern das trifft wirklich die vielen fleißigen Leute, die tanken müssen.«
Ich habe Tobias Hans als klugen, reflektierten Landeschef kennengelernt. Als ich ihn da mit wackliger Kamera vor der Tankstelle sah, hatte ich ein wenig Mitleid mit ihm. Ich sah einen Mann, den die Panik trieb. Die meisten Umfragen im Saarland sehen die SPD und ihre Spitzenkandidatin Anke Rehlinger vorn.
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Angst vor der Ampel: Diese CDU-Ministerpräsidenten müssen um ihren Job fürchten
Wird Lauterbach zu lasch?
Ab dem 20. März, dem kommenden Sonntag also, sollen in Deutschland die meisten Corona-Schutzmaßnahmen wegfallen. Darauf hatte innerhalb der Ampelkoalition vor allem die FDP und ihr Justizminister Marco Buschmann mit größtem Eifer gedrängt.
Gesundheitsminister Lauterbach (rechts), Justizminister Buschmann (links)
Foto: Thomas Trutschel / photothek / IMAGO
Zu diesem weitreichenden Schritt scheinen erstens die wieder stark steigenden Infektions- und Todeszahlen nicht ganz zu passen; und zweitens die jüngsten Äußerungen des Bundesgesundheitsministers, der zum Beispiel gestern in größter Sorge twitterte: »Deutschland hat jetzt höchste Corona Inzidenz in Europa. Tendenz steigt, viele Tote. Ungeimpfte sollten sich dringend impfen lassen.«
Vor allem Karl Lauterbachs bisherige Unterstützer fragen sich nun, wie dieser einerseits den Ernst der Lage beschwören und gleichzeitig den Wegfall vieler Maßnahmen verantworten könne. Insbesondere die Grünen wollen Verbesserungen bei der neuen Rechtsgrundlage für Corona-Schutzmaßnahmen ab der kommenden Woche. Heute wird es zu dieser Frage eine Expertenanhörung im Bundestag geben.
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Ende vieler Maßnahmen trotz hoher Inzidenzen: »Es hat sich die Einstellung ausgebreitet: Das läuft jetzt sowieso durch«
Gewinner des Wochenendes…
Helfende am Berliner Hauptbahnhof
Foto: Jochen Eckel / imago images/Jochen Eckel
… sind wieder mal die unzähligen freiwilligen Helferinnen und Helfer im Lande, die in diesen Tagen ihre Zeit, ihre Kraft und oft auch ihre Wohnungen den Geflüchteten aus der Ukraine widmen. Das ist in diesem Ausmaß nicht selbstverständlich und zeigt, dass das Gros unserer Gesellschaft empathisch ist.
Als im Herbst 2015 viele Menschen aus Syrien kamen, gab es eine ähnliche Welle der Hilfsbereitschaft. Später wurden jene empathischen Menschen, die an deutschen Bahnhöfen ihre Hilfe anboten oder einfach nur ihre Sympathie zeigen wollten, von den rechten Menschenfeinden im Lande als »Bahnhofsklatscher« verhöhnt. Hoffen wir einfach, dass sich die Geschichte in dieser Hinsicht nicht wiederholt.
Verlierer des Wochenendes…
Fußballtrainer Magath
Foto: Frank Scheuring / imago images/foto2press
… ist Hertha BSC Berlin. Erst verlor der Klub am Samstag bei Borussia Mönchengladbach und rutschte auf Platz 17 der Fußball-Bundesliga, einen direkten Abstiegsplatz – und das, obwohl ihr Investor, Helmut Kohls Vorzeigeunternehmer Lars Windhorst, seit 2019 offenbar 375 Millionen Euro investiert hat. Und dann verpflichtete er gestern auch noch Felix Magath als neuen Trainer. Das ist in etwa so, als würde die CDU jetzt auf Helmut Kohls Vorzeigeinnenminister Manfred Kanther setzen.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
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Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf 1543: Kurz vor dem Auslaufen vieler Coronabeschränkungen in Deutschland ist ein merklicher Anstieg bei den wichtigsten Kennzahlen zu beobachten. Laut RKI wurden aktuell binnen 24 Stunden 92.378 Neuinfektionen gemeldet
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Robert Habeck kündigt weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger an: Die Preisanstiege im gesamten Energiebereich seien für viele Menschen erdrückend, sagt der Wirtschaftsminister – und verspricht neue Erleichterungen. Finanzminister Lindner plant offenbar einen staatlichen Tankzuschuss
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Tom Brady verkündet sein Comeback: Eigentlich hatte der erfolgreichste Profi der NFL-Geschichte gerade erst seinen Rücktritt zelebriert. Nun allerdings erklärt Tom Brady: Sein Platz sei nicht auf der Tribüne, sondern noch immer auf dem Feld.
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Einen trotzdem heiteren Montag wünscht Ihnen
Ihr Markus Feldenkirchen