ine-Krieg: SPIEGEL-Fotograf berichtet uber den Alltag in Kiew //
Es sind Szenen der Verwustung, die der ukrainische SPIEGEL-Fotograf Maxim Dondyuk in diesen Tagen in seiner Heimat dokumentiert.
Fruher waren seine Motive oft Portraits von Menschen, heute sind es vor allem Zeugnisse des Kriegs. Dafur riskiert Dondyuk sein eigenes Leben.
So wie vergangenen Sonntag in Irpin, einem Vorort von Kiew. Hier gibt es seit Tagen heftige Kampfe zwischen ukrainischen und russischen Truppen. Dondyuk war vor Ort. Er dokumentierte gerade die Evakuierung ukrainischer Zivilisten, als plotzlich russische Artilleriegeschosse einschlugen.
O-Ton Maxim Dondyuk
Als die Morsergranaten auf uns einschlugen, dachte ich: das war’s jetzt. Die ganze Zeit wurden wir beschossen. Ich war dort ohne Schutz, man kann sich nur schutzend auf den Boden werfen und versuchen, keine Granate abzubekommen.
Dondyuk hatte Gluck. Er wurde er von Granatsplittern getroffen, aber nur am Arm. Wegen der Verletzung aufzuhoren, ist fur ihn keine Option. Als geburtiger Ukrainer ist seine Arbeit fur ihn im Moment auch ein Kampf fur die Freiheit seiner Landsleute.
O-Ton Maxim Dondyuk
Meine Waffe ist die Kamera. Ich versuche diesen historischen Moment zu dokumentieren, ich kann mit meiner Kamera nicht das Land beschutzen, aber ich kann all das festhalten fur die nachfolgende Generation, damit sie sehen, wie es war. Ich kampfe mit meiner Kamera und ich werde das bis zum Schluss tun. Entweder bis es mein Land nicht mehr gibt oder bis zur letzten Schlacht fur die Freiheit.
Aktuell ist Maxim Dondyuk in Kiew. Noch immer muss er seine Verletzung jeden Tag im Krankenhaus behandeln lassen. Die Hauptstadt hat sich in Erwartung des russischen Angriffs in eine Festung verwandelt.
O-Ton Maxim Dondyuk
Selbst wenn sie die ganze Stadt einnehmen sollten, verstehe ich all das nicht, Putin kann das ganze Land besetzen, aber die Menschen werden Widerstand leisten. Ja, ich habe Hoffnung. Das ukrainische Volk, nicht nur Manner, sondern auch Frauen, leisten Widerstand. Es sieht danach aus, als wollen die Leute lieber bis zum letzten Atemzug kampfen als aufzugeben.
Doch nicht alle konnen oder wollen kampfen. Laut Schatzungen des UN-Fluchtlingskommissariats sind bereits mehr als zwei Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen – vor allem Frauen und Kinder. Unter den Gefluchteten sind auch Familienmitglieder von Dondyuk.
O-Ton Maxim Dondyuk
Es ist sehr hart fur mich, meine Mutter ist gerade erst nach Polen geflohen, weil es fur sie hier nicht mehr sicher war. Dondyuk ist dankbar fur die Solidaritat in Deutschland gegenuber den ukrainischen Gefluchteten. Er befurchtet aber, dass die Stimmung mit der Zeit kippen konnte. Sein Appell an alle Deutschen:
O-Ton Maxim Dondyuk
Bitte versucht zu verstehen, zwei Millionen ukrainische Fluchtlinge gehen nicht nach Deutschland, weil sie es wollen, sondern weil sie es mussen. Bitte seid freundlich zu ihnen. Sie haben alles verloren. Manche haben ihre Familien verloren, andere ihre Hauser, ihre Autos, Hunde, einfach alles. Ich bin mir sicher, dass sie davon traumen, in die Ukraine zuruckzukehren. Sie gehen nicht nach Deutschland, um hier zu bleiben, vielleicht manche, aber die meisten wollen einfach zuruckkehren in eine friedliche Ukraine. Aber so viele Stadte sind vollig zerstort.