Michael Roth, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, hält angesichts der Drohungen von Wladimir Putin die Möglichkeit eines Angriffs von Russland auf Nato-Länder für möglich. »Wir können derzeit nichts ausschließen«, sagte der SPD-Politiker im SPIEGEL-Spitzengespräch mit Markus Feldenkirchen.
Der Kremlchef hatte für jegliche Einmischung von außen in die russische Invasion mit »Vergeltung« gedroht. Roth sagte dazu: »Auch hier setze ich auf die Stärke der Nato. Eine solche Auseinandersetzung würde Putin nicht gewinnen.« Angesichts von zehntausenden bewaffneten Russen in Belarus drängte Roth auch auf eine größere militärische Präsenz in den osteuropäischen Mitgliedsländern der Allianz. Auch Agnieszka Brugger, Sicherheitsexpertin der Grünen, sprach von einer »furchtbaren Drohung« Putins an den Westen.
Roth drängt angesichts der russischen Invasion auf rasche Lieferungen von Defensivwaffen an die Ukraine. »Wir müssen jetzt helfen«, sagte er. Der SPD-Politiker meine damit keine letalen Waffen, aber zum Beispiel Nachtsichtgeräte. »Aber das muss jetzt schnell gehen.« Ihm dauerten die bisherigen Diskussionen »schon zu lange«, sagte Roth. »Lange Diskussionen helfen den Ukrainern nicht.«
AdvertisementBrugger sprach sich dagegen für Solidarität mit der Ukraine »durch humanitäre und medizinische Versorgung angesichts der zu erwartenden Fluchtbewegung« aus. Eine Lieferung von Defensivwaffen sei »unter diesen Bedingungen nicht einfach möglich« (lesen Sie hier einen Kommentar zum Thema Waffenlieferungen).
Brugger und Roth rechnen angesichts der russischen Invasion mit einem endgültigen Aus für die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2. »Wir müssen schnell vom russischen Gas unabhängig werden«, forderte Brugger. Auch bei Kohle und Öl aus Russland müsse »der Hahn zugedreht werden«. Diese Importe seien »in nicht unwesentlichem Maße Argumente für eine Energiewende«.
Ähnlich äußerte sich Roth: »Nord Stream 2 ist auf Eis gelegt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es noch einmal aufgetaut wird.« Dafür müsse sich Putin »komplett wandeln«. Roth sagte, er hoffe bei der Energieversorgung, dass »wir uns so schnell wie möglich aus der russischen Umklammerung lösen können«.
Beide Politiker forderten außerdem Ex-Kanzler Gerhard Schröder auf, als Aufsichtsratsvorsitzender beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft zurückzutreten und beim Energieriesen Gazprom auf seinen geplanten Sitz im Aufsichtsrat zu verzichten. »Man muss diesen Schritt von Schröder erwarten«, sagte Brugger. Schröder habe »der Glaubwürdigkeit der deutschen Außenpolitik einen großen Schaden zugefügt«.