Er gilt als Freund Wladimir Putins und nannte den russischen Präsidenten einst einen »lupenreinen Demokraten«. Nun hat sich Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) nach der Invasion der Ukraine erstmals kritisch zur russischen Invasion geäußert. »Der Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine muss schnellstmöglich beendet werden«, schrieb Schröder auf der Plattform LinkedIn. Das sei nun »die Verantwortung der russischen Regierung«.
AdvertisementZugleich relativiert Schröder die Invasion: »Es gab viele Fehler – auf beiden Seiten.« Viel sei in den vergangenen Jahren über Fehler und Versäumnisse im Verhältnis zwischen dem Westen und Russland gesprochen worden. Jedoch würden die Sicherheitsinteressen Russlands nicht den Einsatz militärischer Mittel rechtfertigen.
Russland hatte in der Nacht zum Donnerstag völkerrechtswidrig mit einer umfangreichen Invasion auf die Ukraine begonnen. Die Streitkräfte des Kreml haben dabei eigenen Angaben zufolge die Luftabwehr der Ukraine »komplett unschädlich« gemacht. Auch die prorussischen Separatisten der selbst ernannten Volksrepubliken haben sich dem Angriff angeschlossen. Die Ukraine meldete Dutzende Tote, russische Truppen sollen bereits kurz vor der Hauptstadt Kiew stehen.
»Hoffnung« auf Dialog
Schröder plädierte dafür, die Beziehungen zu Russland nicht komplett aufzugeben. »Mit Blick auf die Zukunft gilt, dass jetzt bei notwendigen Sanktionen darauf geachtet wird, die verbliebenen politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Verbindungen, die zwischen Europa und Russland bestehen, nicht gänzlich zu kappen.« Das sei Basis für die Hoffnung, dass ein Dialog über Frieden und Sicherheit wieder möglich sei.
Noch vor wenigen Tagen klang Schröder anders. So hatte der Altkanzler etwa die Forderungen der Ukraine nach Waffenlieferungen als »Säbelrasseln« kritisiert.
Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft. Außerdem hat der Sozialdemokrat Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und dem aktuell ausgesetzten Nord Stream 2 – beide Gasleitungen unter der Ostsee verbinden Russland und Deutschland. Der russische Energieriese Gazprom hatte zudem jüngst mitgeteilt, Schröder sei für den Aufsichtsrat des Staatskonzerns nominiert worden.
In der Ampel sorgte das Russlandverständnis Schröders zuletzt für Unmut. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellte klar, dass Schröder nicht für die Bundesregierung spreche. Der grüne Europa-Abgeordnete Reinhard Bütikofer brachte zudem Sanktionen auch gegen Schröder ins Spiel. »Es sollte geprüft werden, ob gegen ehemalige führende Politiker in der EU, die derzeit als Lobbyisten für Putins aggressive Politik agieren, persönliche Sanktionen verhängt werden können«, sagte der frühere Grünenvorsitzende dem SPIEGEL.