Frau in einem Café (in Stuttgart): Bund und Länder streben Abbau der Coronamaßnahmen an
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Bund und Länder möchten die Coronamaßnahmen in den kommenden Wochen deutlich zurückfahren. Das ist die zentrale Botschaft nach der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit der Bundesregierung. Zentrales Element ist ein dreistufiger Öffnungsplan, wonach ab dem 20. März viele der bislang gültigen Regeln entfallen sollen. Und schon vorher sollen die bestehenden Einschränkungen gelockert werden.
Worauf haben sich Bund und Länder geeinigt? Der Überblick.
Öffnungsschritte
Der Öffnungsplan von Bund und Ländern sieht drei Stufen vor:
AdvertisementIn der ersten Stufe sollen private Treffen wieder ohne Teilnehmerobergrenze erlaubt sein. Wenn allerdings Ungeimpfte teilnehmen, bleiben bis 19. März die bisherigen Einschränkungen bestehen: Dann ist bis dahin nur ein Treffen mit dem eigenen Haushalt und zwei Personen eines weiteren Haushaltes erlaubt, Kinder bis 14 Jahre sind davon ausgenommen.
Zudem sollen Zugangskontrollen im Einzelhandel wegfallen; dafür sollen in Innenräumen medizinische Masken getragen werden – empfohlen werden FFP2-Masken.
Unter Berücksichtigung der Lage in den Krankenhäusern soll in der zweiten Stufe ab dem 4. März für Gastronomie und Übernachtungen die 3G-Regel gelten – damit sind diese Angebote mit einem tagesaktuellen negativen Test für alle Personen verfügbar. Klubs und Diskotheken können öffnen, allerdings nur für Genesene und Geimpfte mit negativem tagesaktuellem Test oder mit dritter Impfung (2G plus).
Auch bei überregionalen Großveranstaltungen, etwa Konzerten oder Fußballspielen, können Genesene und Geimpfte als Zuschauer teilnehmen. In Innenräumen ist eine Auslastung bis zu 60 Prozent der Höchstkapazität – maximal 6000 Personen – zulässig, im Freien eine Auslastung von bis zu 75 Prozent (maximal 25.000 Personen). Auch hier sollen flankierend FFP2-Masken getragen werden.
Ab dem 20. März sollen in der dritten Stufe alle »tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen« entfallen, sofern die Lage in den Krankenhäusern dies erlaubt. Dann sollen auch die nach dem Infektionsschutzgesetz verpflichtenden Homeoffice-Regeln entfallen.
Bleibende Schutzmaßnahmen
Auch nach dem 19. März sollen niedrigschwellige Basisschutzmaßnahmen bestehen bleiben. Dazu zählt etwa die Maskenpflicht in geschlossenen öffentlichen Räumen sowie Bussen und Bahnen, Abstandsgebot, etwaige Tests in sensiblen Bereichen oder die Pflicht, den Impf-, Genesenen- oder Teststatus nachzuweisen. Diese Möglichkeit brauche man auch für Schulen und Kitas.
In Einrichtungen mit besonders gefährdeten Personen, etwa Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, sollen auch weitere Schutzmaßnahmen möglich sein. Ein entsprechendes Gesetz soll nach dem Willen der Länder vor dem 20. März im Bundestag zum Abschluss kommen. Sollte sich nach dem Tag das Infektionsgeschehen deutlich verschlechtern, wird die Bundesregierung dem Beschluss zufolge entsprechende Gesetzgebungsverfahren einleiten, um zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ermöglichen.
Impfen, Impfregister und Impfpflicht
Der Appell an Bürgerinnen und Bürger, Impfangebote zu nutzen, wird erneuert. Bund und Länder betonen, dass eine hohe Impfquote Grundvoraussetzung dafür sei, dauerhaft auf Maßnahmen zum Infektionsschutz verzichten und einen saisonalen Anstieg der Infektionsfälle hinnehmen zu können.
Vor diesem Hintergrund bekräftigen Bund und Länder in ihrem Beschluss die Notwendigkeit, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen. Allerdings fehlt in dem Beschluss der Satz, dass dafür ein Impfregister erforderlich ist. Über diesen Punkt hatte es zuvor Streit gegeben.
Arbeit im Gesundheits- und Pflegebereich
Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegebereichs sowie Personen, die in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung arbeiten, sind gesetzlich verpflichtet nachzuweisen, dass sie geimpft oder genesen sind – oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können. Um eine flächendeckende Versorgung in den Einrichtungen sicherzustellen, stimmen sich die Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Ländern eng ab. Bei der Umsetzung der Vorgaben sollen die Gesundheitsämter einen Ermessensspielraum haben. Betretungsverbote sollen das letzte Mittel sein. »Daher wird es nicht sofort flächendeckend automatisch zu derartigen Betretungsverboten kommen«, heißt es in dem Beschluss.
Monitoring
Die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister in Bund und Ländern sollen daran arbeiten, dass wichtige Indikatoren für die Krankheitslast – etwa 7-Tage-Inzidenz, Inzidenz der Hospitalisierungen, Belegung der Intensivstationen – erfasst und digital übermittelt werden können. Dafür sehen Bund und Länder eine systematische Datenerfassung als erforderlich an.
Teststrategie
Die Länder bitten die Bundesregierung, über Ende März hinaus eine Teststrategie zu entwickeln und die Testverordnung zu verlängern.
Hochrisikogebiete
Die Einstufung von Regionen oder Ländern als Hochrisikogebiet soll überprüft und angepasst werden. Hintergrund sind die durch die Omikron-Variante sehr hohen Inzidenzen. Damit soll vor auch das Reisen für Familien erleichtert werden, da Kinder unter 12 Jahren oft nicht geimpft sind und der Quarantäne nicht entgehen können. Dies soll bei der Überprüfung der Regeln berücksichtigt werden.
Appell zur Zurückhaltung
Bund und Länder bitten die Bevölkerung, bei privaten Treffen angemessene Hygienemaßnahmen zu treffen und sich eigenverantwortlich zu testen.
Infektionsschutzgesetz
Die Sachverständigenkommission, die das Infektionsschutzgesetz evaluiert, soll ihre Arbeit so zeitig abschließen, damit ihre Erkenntnisse in die Überarbeitung des Gesetzes einfließen können – und das noch vor dem Herbst. Denn dann, so heißt es in der Beschlussvorlage, könnten laut dem Expertenrat der Bundesregierung weitere Infektionswellen drohen.
Geimpften- und Genesenenstatus
Festlegungen zum Geimpften- und Genesenenstatus werden nicht mehr an das Paul-Ehrlich-Institut und das Robert Koch-Institut delegiert. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte dies schon angekündigt.
Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen
Die Überbrückungshilfe IV wird bis zum 30. Juni verlängert. Die Länder begrüßen dem Beschluss zufolge zudem den Beschluss der Bundesregierung, Bezugsdauer und Sonderregeln des Kurzarbeitergeldes zu verlängern.
Nächstes Treffen
Am 17. März wollen Bund und Länder erneut über die Coronasituation beraten. Sofern es die Lage erforderlich macht, soll das Treffen früher stattfinden. Über den Termin war in der Runde länger debattiert worden.
Sechs Bundesländer – Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein – gaben zu dem Beschluss Protokollerklärungen ab. Darin äußerten sie teilweise deutliche Kritik an der Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und mahnten an, die konkrete Umsetzung in den Kommunen weise noch viele offene Fragen auf. Zudem gab es von einzelnen Ländern Forderungen nach der Einrichtung eines Impfregisters.
