Guten Abend, die drei Fragezeichen heute:
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Neuer Planet entdeckt – Ist Leben im All möglich?
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Inflation – Wen trifft sie besonders hart, was hilft?
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RKI-Chef Wieler – Muss Lauterbach ihn feuern?
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1. Fremde Welten, unbekannte Lebensformen?
Mich erreichen gelegentlich Zuschriften, in denen Leserinnen und Leser darauf hinweisen, ich würde es mit den »Star Trek«-Anspielungen übertreiben im unteren Teil dieses Newsletters. Deshalb heute im oberen: Offenbar haben Astronomen einen Planeten der Klasse M entdeckt, also einen lebensfreundlichen. In der »bewohnbaren Zone« sei es weder zu heiß, noch zu kalt für Wasser, schreibt die britische Royal Astronomical Society in einer Mitteilung. Der Planet umkreist demnach einen sogenannten Weißen Zwerg – einen eher kleinen, alten Stern. Genauer: Weiße Zwerge sind Überreste großer Sterne, denen der Treibstoff für das nukleare Feuer in ihrem Innern ausgegangen ist.
Die Beobachtung des Planeten sei für die Forscher völlig neu, sagte der Studienleiter vom University College London der BBC: »Es war ein Schock für das Team.« Sollte sich die Annahme bestätigen, sei es das erste Mal, dass ein womöglich lebensfreundlicher Planet in der Umlaufbahn eines Weißen Zwergs entdeckt wurde.
Leider ist der Planet 117 Lichtjahre von der Erde entfernt. Zu weit, um ein Außenteam hinzuschicken. Noch. Denn schließlich dauert es nur noch 41 Jahre, bis zur Erfindung des Warp-Antriebs – und zum ersten Kontakt mit den Vulkaniern.
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Lesen Sie hier mehr: Astronomen entdecken womöglich lebensfreundlichen Planeten
2. Werteverfall
Wir stecken schon wieder mittendrin in der Normalität, jedenfalls wenn man einigen Umfragen glaubt: Denen zufolge haben die Deutschen wieder mehr Angst vor der Inflation als vor Corona. »So wankelmütig ist die Gunst des Volkes!«, wusste schon der berühmteste Entenhausener Donald Duck. Und es dürfte ja unter aufgeklärten Menschen wie Enten unstrittig sein, dass einen nichts besser auf die Wirren der Welt vorbereitet als eine solide donaldistische Bildung (»Leichtfertig ist die Jugend mit dem Wort und bar jeden Sinnes für geschäftliche Dinge!«).
Vielleicht mit einer Ausnahme: die Lektüre der Schriften Goscinnys und Uderzos. Darauf machen heute – hier bitte ein gönnerhaftes Hamburger Nicken in Richtung der Konkurrenz einblenden – die Kollegen der »FAZ« aufmerksam: Um die doch sehr hartnäckige Inflation zu verstehen, empfehlen sie Band 23 »Obelix GmbH und Co. KG«, das »hinreißendste ökonomische Statement« der Asterix-Erfinder. Es enthalte »ein kleines ökonomisches Weltmodell einer offenen Volkswirtschaft mit Arbeitsteilung, Spezialisierung und Teuerung«. Dort seien Ideen von Adam Smith, John Maynard Keynes und Milton Friedman zu finden. Der »Hinkelstein-Start-Up-Unternehmer Obelix« erklärt seinem Wildschwein-Lieferanten: »Morgen zahl’ ich dir zwei Handvoll, weil die Preise mit dem Markt fliegen, und ich liefere die Nachfrage… ach, das ist alles fürchterlich kompliziert.«
Der neue SPIEGEL ist da, hier digital, ab Samstag am Kiosk
Aber natürlich müssen Sie sich nicht nur mit Obelix und der »FAZ« begnügen, um zu verstehen, wie Preisschocks und Knappheiten gerade weltweit die Inflation schüren. »Das zehrt an der Kaufkraft und den Ersparnissen der Bürger und verunsichert die Wirtschaft«, schreibt ein Team um meinen Kollegen Michael Sauga in der neuen SPIEGEL-Titelstory. »Anders als zunächst erwartet ist die Teuerungswelle kein vorübergehendes Phänomen. Sie birgt ganz neue Konflikte um Vermögen und Wohlstand.« Wenn es die Sesterze betrifft, ist es unterhaltsam. Wenn es um Dollar und Euro geht, tut es bei jedem Einkauf weh.
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Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Was hilft gegen das große Geldfressen?
3. Omikron is in the Air
Inflationär ist auch der Einsatz von Herz-Emojis, wie ein Blick in den Spamordner offenbart. Blumenhändler, Versanddienste, Essenslieferanten drängen ungefragt und in zunehmender Frequenz darauf, ihre Leistungen in Anspruch zu nehmen. Schließlich naht der Valentinstag am 14. Februar. Der eigentliche Grund zum Feiern ist aber: Mitte Februar sollte der Höhepunkt der Omikron-Welle endlich überschritten sein. Und ja, ein Blick in die Corona-Daten offenbart: Die Zeichen dafür verdichten sich, wie der Physiker und Corona-Modellierer Dirk Brockmann im Deutschlandfunk sagt: »Der Verlauf dieser Omikron-Welle scheitelt jetzt und wir rechnen damit, dass dann die nächsten Tage das Maximum erreicht ist.«
Im politischen Berlin stellt sich die Frage, was schneller schwindet – die Fallzahlen oder die Rückendeckung für RKI-Chef Lothar Wieler? Ein Team um meinen Kollegen Markus Feldenkirchen hat recherchiert, wie sehr der Behördenchef unter Druck geraten ist, seit seine Leute den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate verkürzten – und damit auch den Gesundheitsminister Karl Lauterbach überraschten.
Zwar versuchten Wieler und Lauterbach bei ihrem gemeinsamen Corona-Briefing diese Woche, möglichst harmonisch zu wirken: »ein wenig wie ein händchenhaltendes Hollywoodpaar«, schreiben die Kolleginnen und Kollegen. »Doch der Auftritt der beiden Hauptverantwortlichen für die Pandemiebekämpfung kann kaum darüber hinwegtäuschen, dass es Störungen zwischen dem Minister und seinem derzeit wichtigsten Behördenchef gibt. Und diese haben Folgen, weil sie zur Verwirrung und Verunsicherung der Bevölkerung beitragen.« In den vergangenen Tagen riefen demnach Koalitionspolitiker bei Lauterbach an und rieten ihm, mit Wieler Schluss zu machen. Lauterbach aber sagte, er stehe zu Wieler, der mache gute Arbeit. Bis zum Valentinstag halten sie es bestimmt noch miteinander aus.
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Lesen Sie hier mehr: Muss Lauterbach RKI-Chef Wieler bald feuern?
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Was heute sonst noch wichtig ist
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Kurzfristiges Telefonat zwischen Scholz, Biden und weiteren Staatschefs anberaumt: Es soll um »Diplomatie und Abschreckung« gehen: Das Weiße Haus hat führende Vertreter mehrerer westlicher Staaten und der EU zu einer Ukraine-Schalte gebeten.
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Familienministerium muss Studie zu Trennungskindern herausgeben: Elternverbände, Politiker und Expertinnen warten seit Jahren auf die Ergebnisse einer Studie zu Trennungskindern. Doch das Familienministerium gab sie nicht heraus. Eine Klage hatte Erfolg.
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Christopher Grotheer fährt zu historischem Skeleton-Gold, Axel Jungk holt Silber: Doppelter Triumph im Skeleton bei den Winterspielen – es sind die ersten Olympiamedaillen in dieser Disziplin für deutsche Männer.
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Stress durch Straßenlärm schadet Pflanzen massiv: Nicht nur Menschen und Tiere leiden unter Lärmverschmutzung. Autoverkehr setzt auch der Botanik zu, zeigen neue Forschungsergebnisse.
Mein Lieblingsinterview heute: »Ich wollte die Frauen nicht im Stich lassen«
Ärztin Kristina Hänel in ihrer Gießener Praxis
Foto: lemrich / DER SPIEGEL
Die Ampelkoalition will das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche kippen. Die Gießener Ärztin Kristina Hänel kämpft seit langem dafür. Jetzt haben meine Kolleginnen Anke Dürr und Nike Laurenz aus dem Leben-Ressort Hänel in ihrer Praxis getroffen, um mit ihr darüber zu sprechen.
»Man hätte erwarten können, dass Hänel triumphiert, jetzt, wo es wohl nur noch eine Frage der Zeit ist, bis der §219 a abgeschafft wird«, sagt Anke. »Aber sie wirkte sehr ruhig, fast routiniert. Vielleicht, weil es ihr wirklich um die Sache geht und nicht um ihr Ego.« Wenn über die Abschaffung des sogenannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche im Bundestag abgestimmt wird, will Hänel aber dabei sein und mit ihren Unterstützerinnen feiern, erzählte sie den Kolleginnen.
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Lesen Sie hier das ganze Gespräch: »Viele meiner Kollegen haben Frauen sterben sehen«
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
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Nebel des Krieges: Mit einer aggressiven Kampagne wollen die USA einen russischen Angriff auf die Ukraine erschweren, Putin soll nicht mehr so dreist lügen können wie in der Krimkrise. Aber in Europa fürchten sich viele vor einer Eskalation.
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Jagen um jeden Preis: Zwei Polizisten starben auf der Landstraße bei Kusel – weil Andreas S. nicht als Wilderer erwischt werden wollte? Jahrelang hatte er mit den Behörden um seine Jagderlaubnis gestritten. Und schon einmal einen Menschen schwer verletzt.
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Den Liebesbriefen auf der Spur: Donald Trump brüstete sich gern mit seiner besonderen Beziehung zu Kim Jong Un. Einer »New York Times«-Reporterin sagte er nun, er halte weiter Kontakt zu Nordkoreas Diktator. Wie macht er das?
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Sie ist ein Vorbild – auch ohne Medaille: Mikaela Shiffrin war bisher die tragische Figur dieser Spiele. Nach ihrem neunten Platz im Super-G sprach sie offen über ihre emotionale Müdigkeit – und warum dieses Rennen so wichtig für sie war.
Was heute weniger wichtig ist
Gebisschen Glück: Der Brite Paul Bishop, 63, hat seine dritten Zähne zurückbekommen – elf Jahre, nachdem er sie im spanischen Benidorm verlor. Der Nachrichtenagentur PA sagte er, er habe sie damals bei einer Sauftour mit Kumpels versehentlich und zunächst unbemerkt in einen Mülleimer gespuckt, als er sich nach zu vielen Drinks übergeben musste. Nun sei ein merkwürdiges Päckchen bei ihm in Stalybridge bei Manchester angekommen, darin das Teilgebiss. In einem beigefügten Brief hieß es, er sei anhand eines Treffers in einer DNA-Datenbank identifiziert worden. Die Zähne seien »eindeutig gereinigt worden. Sie sind in perfektem Zustand.«
Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: Klima-Plaket in der Konstanzer Innenstadt
Cartoon des Tages: Ukraine
Und am Wochenende?
Könnten Sie anfangen, die Bücher von Richard Osman zu lesen. Sein »Der Mann, der zweimal starb«, die Fortsetzung seines Erfolgsbuches »Der Donnerstagsmordclub«, ist in Großbritannien einer der am schnellsten verkauften Romane – und gerade auf Deutsch erschienen.
Vier Rentner, hoch in ihren Siebzigern, Einwohner einer recht luxuriösen Seniorenresidenz in der englischen Provinz, lösen Mordfälle – das klingt nach Cosy Crime: So nennt man die Art Kriminalromane, die meist auf dem Land spielen und weniger Thrill als Gemütlichkeit – in manchen Fällen auch: Gähnen – verbreiten. »Richard Osmans Kunst besteht darin, Spannung und Humor mit einer dritten Zutat zu vermischen: Er wolle Menschen ein gutes Gefühl beim Lesen geben, aber eben nicht, indem er die Realität ausblendet«, schreibt mein Kollege Marcus Müntefering, der den Autor interviewt hat.
Vor allem aber seien es Osmans Figuren, die den Reiz dieser Romane ausmachen. »Jenseits des Klischees von liebenswerter Schrulligkeit besitzen sie große Eigenständigkeit, und auch wenn sie aufgrund ihres hohen Alters mit einem Bein im Grab stehen mögen: mit dem anderen stehen sie noch verdammt fest im Leben.« (Mehr lesen Sie hier.)
Rente gut, alles gut.
Kommende Woche lesen Sie hier meine Kollegin Anna Clauß. Ihnen schöne Tage, herzlich
Ihr Oliver Trenkamp
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