Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,
heute geht es um die Vermeidung eines dritten Weltkriegs. Um die absurden Winterspiele von Peking. Und um die orientierungslose Oppositionspartei CDU.
Ein guter Tag, um Krieg zu verhindern
Wenn es um die angespannte Situation in der Ost-Ukraine geht, benutzen Politiker wie Journalisten dieser Tage gern extrem routinierte und abgebrühte Formulierungen. Da ist von »geostrategischen Ambitionen« die Rede, von »Einflusssphären«, die entweder »ausgeweitet« oder »eingedämmt« werden müssen. Oder davon, dass man dem russischen Präsidenten Wladimir Putin mal die »Grenzen aufzeigen« und ihn mit seinen Provokationen »nicht davonkommen« lassen dürfe.
Ukrainische Soldaten bei einer Militär-Übung nahe der ost-ukrainischen Stadt Kharkiv
Foto: SERGEY KOZLOV / EPA
Ja, um all das mag es auch gehen. Aber letztlich geht es um die Frage, ob es Krieg geben wird: zwischen Russland und der Ukraine in der kleineren Variante, zwischen Russland und der Nato in der größeren. Letzteres wäre nicht weniger als ein dritter Weltkrieg.
Man muss das klar so benennen, statt die Lage mit all den routinierten außenpolitischen Verschleierungsklauseln zu verschleiern. Wenn jetzt, in dieser Situation, hektisch Waffen an die Ukraine geliefert oder Nato-Soldaten in die westlichen Nachbarländer der Ukraine verlegt werden oder beidem das Wort geredet wird, dann macht das einen Krieg natürlich wahrscheinlicher.
Heute trifft Kanzler Olaf Scholz US-Präsident Joe Biden in Washington. Außenministerin Annalena Baerbock wird in Kiew den ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba treffen. Am Abend will sie in die Konfliktregion in der Ost-Ukraine weiterreisen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron trifft derweil in Moskau mit Russlands Präsident Wladimir Putin zusammen.
Heute ist also wieder ein guter Tag, um einen Krieg zu verhindern. Mit Verhandlungen. Nicht mit kurzfristigen Lieferungen von Waffen und Verlegungen von Soldaten.
Die absurden Spiele von Peking
Am Wochenende hat das deutsche Team bei den Olympischen Winterspielen in Peking die ersten Medaillen gewonnen. Ein herzlicher Glückwunsch an alle Athletinnen und Athleten, die unter diesen perversen Bedingungen Hochleistungen abrufen können und sich die Freude am Sport nicht haben nehmen lassen. Denn alles an diesen Spielen ist falsch.
Schneemaschine in der Nähe der olympischen Langlauf-Anlagen
Foto: Clive Rose / Getty Images
Man muss nur einen Blick auf die Umgebung der jeweiligen Sportstätten werfen. Alles braun! Jeglicher Schnee ist künstlich. Natürlich gibt es Temperatur- und Wetterschwankungen. Aber »Winterspiele« an eine Region zu vergeben, in der Schnee ein Fremdkörper ist, ist schon ziemlich krank. Warum hat man die Winterspiele nicht gleich an Katar vergeben? Weil die dortige Diktatur mit der Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft gerade zu beschäftigt ist?
Das menschenfeindliche Corona-Regime der chinesischen Führung macht die Angelegenheit nicht besser. Die systematische Überwachung von Sportlern, Betreuern und Journalisten ebenso wenig. Und dass die Diktatur die Ausrichtung der Spiele zur gnadenlosen Propaganda in eigener Sache nutzt (was zumindest im eigenen Land auch zu funktionieren scheint), schon gar nicht.
Zwei Leeren sollten aus dieser absurden Veranstaltung gezogen werden: Dass Olympische Spiele nicht mehr an Diktaturen vergeben werden. Und dass das viel zu profitorientierte Internationale Olympische Komitee endlich die Auflagen für deren Ausrichtung anpasst, damit es auch für Demokratien wieder attraktiv ist, sich als Gastgeber zu bewerben.
Schlechter Witz der Union
In der Debatte über eine allgemeine Impfpflicht in Deutschland sind bislang drei verschiedene Initiativen aus der Mitte des Deutschen Bundestags bekannt. In einem Antrag soll die Einführung einer Impfpflicht abgelehnt werden. Zwei weitere sehen eine Impfpflicht vor, wenn auch unter Auflagen: in einem Fall für Menschen ab 50 Jahren, im anderen ab 18 Jahren. Für jede dieser Positionen gibt es gute Argumente.
CDU Chef Merz
Foto: Stefanie Loos / AFP
So richtig seltsam erscheint dieser Tage indes die Position der Union. Es gibt sie nämlich nicht, das hat der neue CDU-Vorsitzende Friedrich Merz gerade erst eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Kollegen der »BILD am Sonntag« haben Merz nun gefragt, ob es einen eigenen Antrag aus der Unionsfraktion zur allgemeinen Impfpflicht geben werde. Man denke über »Eckpunkte eines Impfvorsorgegesetzes nach«, lautete Merz’ Antwort. Darin könnten die wichtigsten Voraussetzungen für eine Impfpflicht quasi auf Vorrat beschlossen werden. Wenn die nächste Welle dann komme, könne eine Impfpflicht gegebenenfalls schnell beschlossen werden. Ob seine Partei eine Impfpflicht für sinnvoll hält oder, und wenn ja, in welcher Form, bleibt also weiter konsequent offen.
Man kann Bundeskanzler Scholz zu Recht vorwerfen, bei diesem Thema Orientierung und Führung zu verweigern. Was CDU und CSU bislang zur Impfpflicht im Angebot haben, ist allerdings ein schlechter Witz.
Gewinner des Tages…
… sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fahrbereitschaft des Deutschen Bundestags. Sie sollen in Zukunft keine ungeimpften AfD-Abgeordneten mehr durch die Hauptstadt kutschieren müssen, das verlangen jedenfalls die Geschäftsführung und Betriebsrat des Fahrdienstes. Anders als öffentliche Verkehrsmittel konnten Abgeordnete die Fahrbereitschaft bislang auch dann nutzen, wenn sie weder geimpft, genesen oder getestet waren. Es geht also um jene Herren (und ein paar wenige Damen), die die Sitzungen des Deutschen Bundestags seit Längerem nur noch von einer Besuchertribüne im Oberrang des Plenums verfolgen dürfen.
Fahrzeuge der Fahrbereitschaft des Deutschen Bundestags
Foto: Michael Kappeler / picture alliance / Michael Kappeler/dpa
Das Anliegen der Chauffeure ist mehr als berechtigt: Wenn es Bundestags-Abgeordneten nicht zuzumuten ist, in der Nähe der parlamentarischen Querdenker zu sitzen – warum sollten die Fahrerinnen und Fahrer dann auf engstem Raum mit ihnen zusammenhocken müssen, um ihren schlecht bezahlten Job ausüben zu können?
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Einen heiteren Montag wünscht Ihnen
Ihr Markus Feldenkirchen