Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren. »Wir müssen unsere Vorsorge für den nächsten Winter verbessern«, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen Funke-Mediengruppe und der französischen Zeitung »Ouest-France«. Die geopolitische Lage zwinge Deutschland, »andere Importmöglichkeiten zu schaffen und die Versorgung zu diversifizieren, inklusive der infrastrukturellen Fragen«. Das sei Sicherheitspolitik. »Wir müssen hier handeln und uns besser absichern. Tun wir das nicht, werden wir zum Spielball.«
AdvertisementHabeck kritisierte weiterhin, der Gasmarkt sei komplett dereguliert. »Bislang haben wir keine staatlichen Einflussmöglichkeiten. Dabei kann es nicht bleiben«, sagte er.
Zugleich warnte Habeck vor den Folgen einer Inbetriebnahme der Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. »Geopolitisch verschärft Nord Stream 2 nicht nur die Abhängigkeit von russischem Gas, sondern auch die Konzentration auf einen Lieferweg, der verletzlich ist«, sagte er. Nord Stream 2 erhöhe die Notwendigkeit, die Gasversorgung zu diversifizieren. »Die letzten Wochen und der Konflikt in der Ostukraine haben unsere Sorge, dass Russland seine Gaslieferungen auch gegen deutsche Interessen einsetzt, wachsen lassen.«
Sollte Russland die Ukraine angreifen, sei »jede Sanktion denkbar, die geeignet ist, Russland zum Rückzug zu zwingen«, sagte Habeck. Die Lage sei aktuell brenzlig, Ziel muss Deeskalation sein. »Zugleich ist es richtig, dass die USA und die Europäische Union in großer Gemeinsamkeit sagen: Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert, wird es einen hohen ökonomischen Preis dafür zahlen.«
Russland hat nach westlichen Angaben mehr als 100.000 Soldaten samt schwerem Gerät an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. Der Westen befürchtet deshalb einen russischen Angriff auf das Nachbarland. Russland weist die Vorwürfe zurück und gibt zugleich an, sich von der Nato bedroht zu fühlen. Der Kreml fordert ein Ende der Nato-Osterweiterung, durch die er sich bedroht sieht. Insbesondere will Russland eine Aufnahme der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis verhindern.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Rolf Mützenich, will deshalb das Thema eines möglichen Nato-Beitritts der Ukraine im Konflikt mit Russland vorerst auszuklammern. »Der Auftritt von Russlands Präsident Wladimir Putin bei den Olympischen Winterspielen in China unterstreicht, welche mächtigen Verbündeten Moskau in seiner Kritik an der Erweiterung der Nato an seiner Seite hat«, sagte Mützenich der »Rheinischen Post«.
Kiesewetter für »selektive Waffenlieferungen« an Ukraine
Derweil hat sich der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter für deutsche Waffenlieferungen an Kiew ausgesprochen. »Selektive Waffenlieferungen an die Ukraine würden helfen, die Abschreckungswirkung zu erhöhen, um das Kalkül Putins und Russlands Eskalationsdominanz zu verändern«, sagte Kiesewetter der »Rheinischen Post« und dem Bonner »General-Anzeiger«. Es brauche eine »glaubwürdige Reaktion Deutschlands auf die Bedrohung der Ukraine durch Russland«. Konkret nannte der CDU-Politiker Lieferungen zur Fernmeldeaufklärung, Störsender gegen russische Kommunikation, Nachtsichtgeräte, Panzerabwehrtechnologie oder Flugabwehrraketen, »also eher defensiv angelegte Waffen«.
Die Bundesregierung hat Waffenlieferungen an die Ukraine bisher ausgeschlossen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erteilte einer solchen Maßnahme erst am Mittwochabend im ZDF-«heute journal« eine deutliche Absage. Von der Ukraine und östlichen Nato-Bündnispartnern wurde diese Haltung zuletzt deutlich kritisiert.
»Bundeskanzler Scholz muss gegenüber Putin ein klares Bekenntnis für die europäische Sicherheitsordnung, das Einstehen für die Ukraine und die Position der Nato einnehmen«, sagte Kiesewetter mit Blick auf die geplanten Reisen des Kanzlers. »Dazu gehört die klare Ansage gegenüber Präsident Putin, dass Deutschland bereit ist, keine Sanktionen auszuschließen und auch bereit ist, Nachteile und Kosten in Kauf zu nehmen.» Deshalb dürften weder die Gaspipeline Nord Stream 2 noch ein Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem Swift als Sanktionen ausgeschlossen werden. Scholz will sich am 15. Februar mit Putin treffen.