Die Bereitschaftspolizei von Zypern hat Warnschüsse abgefeuert, um eine Gruppe von rund 200 Migrantinnen und Migranten in der Ferienstadt Paphos auseinanderzutreiben. Fast zeitgleich kam es am späten Dienstagabend nach Polizeiangaben in einem Aufnahmelager nahe der Hauptstadt Nikosia zu Ausschreitungen. In beiden Fällen wurden die Polizistinnen und Polizisten demnach mit Steinen beworfen. Mehrere Menschen wurden in Polizeigewahrsam genommen, sagte der Sprecher der Polizei, Christos Andreou, im staatlichen Rundfunk (RIK). Die Ursachen der Unruhen seien unklar, hieß es.
Die Einwohner des Stadtteils Chloraka monieren, dort habe sich eine Art Getto gebildet, in dem Hunderte Migrantinnen und Migranten lebten und die Polizei die Kontrolle verloren habe, berichteten zyprische Medien übereinstimmend.
AdvertisementDie EU-Inselrepublik Zypern bittet immer wieder die anderen EU-Mitgliedstaaten darum, auf der Insel angekommene Schutzsuchende aufzunehmen. Allein im vergangenen Oktober und November sind auf Zypern nach Angaben des Innenministers Nikos Nouris 4000 Migrantinnen und Migranten angekommen. Im gesamten Jahr 2021 seien 12.000 Menschen hauptsächlich aus dem von türkischen Truppen besetzten Norden der Mittelmeerinsel in den Süden gelangt.
Meiste Asylanträge der EU im Jahr 2020
Im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße gingen laut EU-Statistik 2020 die meisten Asylanträge in der Europäischen Union in Zypern ein. Der kleine Inselstaat gerät dabei immer mehr unter Druck. Fast täglich kommen in Booten aus der Türkei und dem Nahen Osten Menschen auf Zypern an. Der Inselstaat hat eine elf Kilometer lange Absperrung entlang der Trennungslinie zwischen Süd- und Nordzypern gebaut. Der Stacheldrahtzaun steht im Westen der geteilten Hauptstadt Nikosia.
Organisierte Schleuserbanden kassieren nach Angaben des Innenministers 300 Euro bis 500 Euro, um die Schutzsuchenden aus dem türkisch-zyprischen Norden über die Trennungslinie in Gebiete zu bringen, die von der Republik Zypern kontrolliert werden.
Zypern ist seit einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention 1974 in einen größeren griechisch-zyprischen Teil im Süden und einen kleineren türkisch-zyprischen Teil im Norden geteilt. Nordzypern wird als Staat nur von der Türkei anerkannt. Die EU nahm ganz Zypern 2004 als Mitglied auf.