Die Europäische Union wirft dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen einzufliegen, um sie dann in die EU zu schleusen. Nun legt der polnische Grenzschutz Zahlen vor. Im vergangenen Jahr wurden demnach 39.714 Versuche einer illegalen Überquerung registriert. Ein drastischer Anstieg: Im gesamten Vorjahr waren es nur 122.
Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes ist entsprechend auch die Zahl der Asylanträge deutlich angestiegen. Waren es im Jahr 2020 noch 2600, so stellten im vergangenen Jahr in Polen fast 8000 Menschen einen Antrag.
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Die Schutzsuchenden sind an der EU-Außengrenze zum Spielball geworden. Seit Wochen versuchen Tausende Menschen von Belarus aus über die EU-Grenzen nach Polen oder in die baltischen Staaten zu gelangen. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt harren Männer, Frauen und Kinder in den Waldgebieten entlang der Grenze aus – in der Hoffnung auf Aufnahme in der Europäischen Union.
Lukaschenko steht im Westen in der Kritik, die Flüchtenden zu benutzen, um die Lage in Europa zu destabilisieren. Die EU setzt ihn mit Sanktionen unter Druck.
Sanktion und Gegensanktion
Zum Jahreswechsel traten zugleich belarussische Gegensanktionen als Reaktion auf EU-Sanktionen in Kraft. Mit dem 1. Januar ist die Einfuhr eines Großteils an Waren aus dem Westen verboten. Das Lebensmittel-Kaufembargo betrifft unter anderem Fleisch und Milchprodukte. Es handelt sich nach Regierungsangaben in Minsk um eine Reaktion auf die »diskriminierende Politik und die erfolgten unfreundlichen Handlungen im Verhältnis zu unserem Land«.
Mit dem Embargo werden vor allem Lebensmittelproduzenten in der EU getroffen. Ihnen drohen Einnahmeverluste. Im vergangenen Jahr verdienten nach belarussischen Regierungsangaben Hersteller in den westlichen Staaten, die Sanktionen gegen Minsk erlassen hatten, umgerechnet rund eine halbe Milliarde Euro. Belarus baut nun seine wirtschaftlichen Beziehungen zum Nachbarland Russland weiter aus.